Politik | Landesdienst

Schwindelige Wiederaufnahme

Rund um die Ernennung von Florian Zerzer haben die Landesregierung und die Personalabteilung des Landes ein skandalöses Manöver umgesetzt.
Palais Widmann
Foto: Hannes Prousch
Am 2. Oktober 2018 ernannte die Landesregierung Florian Zerzer offiziell zum Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Der langjährige Ressortdirektor von Landesrat Richard Theiner wird am kommenden Montag seinen Dienst in der Direktion in der Bozner Sparkassenstraße antreten.
Die Ernennung Zerzers war tagelang eines der Hauptthemen in den Medien. Was dabei aber unbeleuchtet blieb, ist das, was in den Tagen zuvor still und leise zwischen Florian Zerzer, der Personalabteilung des Landes und der Landesregierung passiert ist.
Denn zwischen dem 28. September und dem 2. Oktober gab es eine Abfolge von Maßnahmen, in deren Mittelpunkt Florian Zerzer steht, die absurd und völlig unverständlich erscheinen, in Wirklichkeit aber Bestandteile eines skandalösen Manövers sind, das es selbst in der wechselhaften Geschichte der Südtiroler Landesverwaltung bisher so noch nicht gegeben hat.
 

Der Rücktritt

 
Am 26. September 2018 teilt Florian Zerzer schriftlich der Personalabteilung des Landes und seinem Dienstherrn Landesrat Richard Theiner seinen Rücktritt als Direktor des Ressorts „Raumentwicklung, Umwelt und Energie“ mit Wirkung 1. Oktober 2018 mit.
Der zuständige Landesrat Richard Theiner zeigt sich mit der Annahme des Rücktrittes vom Führungsauftrag einverstanden. Die vertraglich vorgesehene dreimonatige Kündigungsfrist für Führungskräfte wird im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben.
Der Rücktritt als Ressortdirektor macht zu diesem Zeitpunkt durchaus Sinn. Denn seit Wochen ist klar, dass die Landesregierung Florian Zerzer Anfang Oktober zum neuen Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes ernennen wird. Demnach muss Zerzer - will er den neuen Job annehmen - die Leitung des Theiner-Ressorts zurücklegen.
Zwei Tage später, am 28. September nimmt Landeshauptmann Arno Kompatscher per Dekret Zerzers Rücktritt mit Wirkung 1. Oktober an.
In Wirklichkeit aber wird dieser Rücktritt nur auf dem Papier wirksam.
 

Die Ernennung

 
Auch Richard Theiner schreibt am 26. September 2018 einen Brief. Der Landesrat, der sich am selben Tag mit dem Rücktritt Florian Zerzers einverstanden erklärt hatte, schlägt in dem offiziellen Schreiben an den Landeshauptmann die Ernennung eines neuen Ressortdirektors vor. Bis zu diesem Punkt ein völlig normaler Vorgang. Doch nur bis hierher.
Denn Richard Theiner schlägt als neuen Ressortdirektor ausgerechnet jenen Mann vor, der am selben Tag von genau dieser Funktion zurückgetreten ist: Florian Zerzer. Im Theiners Schreiben heißt es wörtlich, dass „Herr Zerzer aufgrund jahrelanger Tätigkeit als Ressortdirektor über die notwendige einschlägige Erfahrung verfüge.
 
Nochmals zum Verständnis die Eckdaten: Am Freitag, dem 28. September erlässt der Landeshauptmann ein Dekret (Nr. 18686) mit dem Titel „Florian Zerzer: Widerruf der Beauftragung als Direktor des Ressorts Raumentwicklung, Umwelt und Energie“. Es ist die Annahme von Zerzers Rücktritt.
Drei Tage später - am Montag, dem 1. Oktober 2018 - erlässt Arno Kompatscher dann ein weiteres Dekret (Nr. 19008) mit dem Titel „Florian Zerzer Ernennung zum Direktor des Ressorts Raumentwicklung, Umwelt und Energie". Es die Wiederernennung Zerzers zu Theiners Ressortdirektor mit Wirkung 1. Oktober 2018. Im Dekret wird dabei keineswegs auf Zerzers angenommenen Rücktritt drei Tage zuvor eingegangen.
Weil zu diesem Zeitpunkt längst klar ist, dass die Landesregierung Florian Zerzer einen Tag später - am 2. Oktober - zum Schael-Nachfolger ernennen wird, scheint die gesamte Aktion noch absurder.
Warum aber brauchte es den Rücktritt und die Ernennung zum Ressortdirektor für einen Tag?
 

Die Wiederaufnahme

 
Die Antwort auf die Frage findet sich in einem weiteren Schachzug Zerzers, zu dem es kein öffentliches Dekret gibt.
Florian Zerzer war zwischen von 1993 bis 1996 Angestellter der Landesabteilung Informatik gewesen. Als er zum persönlichen Referentenen von Landesrat Werner Frick aufsteigt, verlässt der Verwaltungsinformatiker den beamteten Landesdienst. Als Abteilungs- und Ressortdirektor wird Zerzer danach 18 Jahre lang mehrmals von außen berufen.
Florian Zerzer macht zwar zwischenzeitlich einen Wettbewerb für eine Amtsdirektion. Er tritt sein Amt als Amtsdirektor aber nie an und ist damit auch kein pragmatisierter Landesbeamter. Mit dem Ausscheiden Richard Theiners aus der Politik hätte demnach am Ende der laufenden Legislatur auch Florian Zerzer seinen Hut nehmen müssen.
 
Nach den geltenden Bestimmungen kann das ausgeschiedene Landespersonal aber um die Wiederaufnahme in den Landesdienst ansuchen. Genau das tut Florian Zerzer auch.
Ich habe mich bereits im Frühjahr über eine mögliche Wiederaufnahme in den Landesdienst informiert“, sagt Florian Zerzer zu salto.bz. Sowohl als ehemaliger Mitarbeiter der Informatikabteilung als auch als Amtsdirektor auf dem Papier kann er das. Die ganze Prozedur habe sich dann aber hingezogen.
 

Perfektes Timing

 
Dass Florian Zerzers Wiederaufnahme in den Landesdienst in Wirklichkeit aber generalstabsmäßig geplant und getimt ist, wird aus der Abfolge der Ereignisse sichtbar. Am 26. September reicht der Ressortdirektor seinen Rücktritt ein. Zu diesem Zeitpunkt ist er kein Beamter. 
 
Einen Tag später nimmt die Personalabteilung dann aber den Wiedereintritt Zerzers in den Landesdienst an. Als Arno Kompatscher am 1. Oktober Zerzer per Beschluss wieder als Theiners Ressortdirektor einsetzt, hat sich Zerzers arbeitsrechtliche Situation damit grundlegend verändert. Im Ernennungsdekret des Landeshauptmannes heißt es: „Herr Zerzer ist Landesbediensteter mit unbefristetem Arbeitsverhältnis, mit Eintragung in den Abschnitt B des Verzeichnisses der Führungskräfte und Führungskräfteanwärter/Führungskräfteanwärterinnen“.
Es ist ein kleiner, aber feiner Unterschied, der dem scheidenden Ressortdirektor beträchtliche finanzielle und arbeitsrechtliche Vorteile einbringt. Vor allem in seinem neuen Job als Sanitätsmanager.
 

Der Wartestand

 
Florian Zerzer ist nach seiner Wiederaufnahme in den Landesdienst formal Landesbeamter. Das heißt: Nach der Ernennung zum Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes geht der Ex-Ressortdirektor als Landesbediensteter in den Wartestand.
Genau das ist dann auch der eigentliche Grund des gesamten absurden Spiels. Denn im Landesgesetz Nr. 3 vom April 2017, das die Organisationsstruktur des Sanitätsbetriebes regelt, heißt es:
 
Falls die Ernannten öffentliche Bedienstete sind, werden sie in den unbezahlten Wartestand mit Recht auf Beibehaltung des Arbeitsplatzes gemäß den geltenden Bestimmungen versetzt. Der Wartestand wird binnen 60 Tagen nach Einreichung des Gesuches gewährt. Der Wartestand wird für das Ruhegehalt und die Abfertigung berechnet. Der jeweilige Dienstherr zahlt die Renten- und Fürsorgebeiträge ein, und zwar einschließlich der Beiträge zu Lasten der Bediensteten, welche aufgrund der Vergütung für den erteilten Auftrag im Rahmen der Höchstgrenze gemäß Artikel 3 Absatz 7 des gesetzesvertretenden Dekretes vom 24. April 1997, Nr. 181, berechnet werden; er beantragt die Rückerstattung aller von ihm getragenen Ausgaben beim Sanitätsbetrieb, der seinerseits von den Betroffenen die von diesen zu zahlenden Anteile eintreibt.“
 
Im Klartext: Die Wiedereinstellung als Landesbeamter sichert Florian Zerzer die Rente ab. Für den Sanitätsmanager laufen sowohl die Rentenjahre wie auch die Jahre für die Abfertigung als Amtsdirektor im Landesdienst weiter, während er rund 250.000 Euro als Generaldirektor verdient. Ein durchaus vorteilhaftes Arrangement.
Fraglich ist, ob diese Regelung zudem auch bei den Fürsorgebeiträgen dem Generaldirektor finanzielle Vorteile bringt. Kritiker sagen ja.
 
Die Wiederaufnahme in den Landesdienst ist gleichzeitig aber auch ein Fallschirm für den neuen Generaldirektor. Weil es Zweifel an der Ernennungsprozedur gibt und sich Rekurse gegen seine Ernennung abzeichnen, minimiert Florian Zerzer damit sein persönliches Risiko. Sollte Zerzer als Generaldirektor abgesetzt werden, kann er direkt als Amtsdirektor in den Landesdienst zurückkehren.
Die Landesregierung hat hier in kürzester Zeit eine höchst anrüchige Rochade aufgeführt“, ärgert sich der Landtagsabgeordnete Paul Köllensperger, „mit dem einzigen Ziel, dass die öffentliche Hand nun die vollen Beiträge für den neuen Generaldirektor zahlen muss.
Köllensperger will den Fall spätestens nach den Landtagswahlen detailliert aufrollen.
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One Echnaton Do., 11.10.2018 - 05:50

Wie immer beim schulwart und beim restlichen fußvolk sparen und schikanieren und bei den großen alle vorteile ausnutzen. Die Personalpolitik ist zum klotzen...

Do., 11.10.2018 - 05:50 Permalink
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alfred frei Do., 11.10.2018 - 07:53

Könnte man diese raffinierten Vorgehensweisen nicht in den Vertragsverhandlungen mit SAD-Chef DDr. Gatterer Ingemar zur Anwendung bringen, das geistige Niveau seiner Busfahrer würde das noch ertragen.

Do., 11.10.2018 - 07:53 Permalink
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Salto User
Andreas Berger Do., 11.10.2018 - 07:57

Wo ist hier der Skandal? Ich kann nichts Anrüchiges erkennen.... Ich würde fragen, wer bereit wäre, einen solchen Schleudersitz ohne eine Absicherung anzutreten? Der Job ist zwar gut bezahlt, aber nicht besser als der eines leitenden Angestellten in der Privatwirtschaft, aber dafür mit andauernder medialer Exposition, und garantiertem täglichen Gemecker von allen Seiten.

Do., 11.10.2018 - 07:57 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Do., 11.10.2018 - 13:56

Antwort auf von Andreas Berger

"Wo ist hier der Skandal? Ich kann nichts Anrüchiges erkennen.... " Es könnte sein, dass Sie ein Betroffener sind und wissen, dass das kein Einzelfall ist. Deshalb erkennen Sie keinen Skandal - weil es Normalität in der Landes-Verwaltung oder -Politik ist.
Der Skandal ist, dass solche krummen Operationen nur für Auserwählte möglich sind! Aber nicht für die einfachen Angestellten und Beamten, sonst hätte z. B. Peter Gasser längst die ihm zustehende Position.

Do., 11.10.2018 - 13:56 Permalink
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Peter Gasser Do., 11.10.2018 - 08:45

Auch in der Ex-Landesfischzucht wurde nun, entgegen allen bisherigen Beteuerungen, denen man gerne & naiv glaubt, die Stelle eines Akademikers ausgeschrieben, obwohl ich damals in der Laimburg „zurückgelassen“ worden bin, da man im neuen Non-Profit-Arbeitsbetrieb keinen Akademiker mehr brauchen würde. Trotz Kontakt mit der Struktur, hat man kein Wort darüber verlauten lassen. Die Ausschreibung wurde - ungesetzlich - so engmaschig formuliert, dass europaweit 1 - 2 Personen (!) berechtigt gewesen wären, teilzunehmen, und war offensichtlich auf einen internen Bewerber abgestimmt.
Ein Rekurs meinerseits, dass ich einen Schaden hätte, da man mir und allen anderen Interessierten die Teilnahme am Wettbewerb dadaurch verweigert (ich habe auf der Uni Fischereiwirtschaft und Fischzucht studiert und 20 Jahre einen Fischzuchtbetrieb geleitet, und habe keinen Zugang zu diesem Wettbewerb!), wurde abgelehnt, mit der Begründung, dass ich keinen Schaden erlitten hätte, da ich ja nicht vom Wettbewerb ausgeschlossen worden bin.
Ich verstehe allerdings - nach der allgemein gültigen Logik nach Euklid - nicht, wie ich hätte ausgeschlossen werden können, wenn ich mich VORHER ja gar nicht bewerben durfte. Bei Nachfrage nach diesem Paradoxon hiess es lapidar: gehen Sie halt vor Gericht.
Zusatz: die eine interne Person, welche dann den Wettbewerb absolviert und „gewonnen“ hat, erfüllt die Zugangsvoraussetzungen gar nicht, was der Struktur ebenfalls bekannt war.
Ist halt so. Macht vor Recht.
Ich wollte nur die MÖGLICHKEIT haben, am Wettbewerb teilzunehmen.
Ich bin mit Liebe - wenn auch im Hindernisparcour - bei meiner neuen Arbeit.
Die Politik und die Angst der Politik vor einer objektiven Verwaltung haben mir den Zugang zum Wettbewerb verwehrt.

„Trump befürchtet, dass die Notenbank den US-Wirtschaftsboom abwürgen könnte. Fed-Chef Jerome Powell betonte aber jüngst die Unabhängigkeit der Notenbanker: "Wir berücksichtigen keine politischen Faktoren." (Spiegel online).
Gelten bei uns bald nur noch „politische Faktoren“... ?

Do., 11.10.2018 - 08:45 Permalink
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Frei Erfunden Do., 11.10.2018 - 10:51

ich bin zuversichtlich , dass ein teil der südtiroler Bevölkerung beim Urnengang solches (ständiges) freunderlwirtschaften in ihre wahlüberlegung einbeziehen wird.

Do., 11.10.2018 - 10:51 Permalink