Gesellschaft | Petition

Unterschriften gegen die Lega

Vor Beginn der Verhandlungsgespräche zur Regierungsbildung richtet sich eine Online-Petition an die SVP: “Für eine europäische Zukunft ohne Lega-Beteiligung!”
Matteo Salvini
Foto: Facebook/Lega – Salvini Premier

“Will die SVP wirklich mit einer Partei koalieren, deren Vertreter der Todesstrafe nicht abgeneigt sind und sich besorgt über die Zukunft der ‘weißen Rasse’ erklären?”
“Will die SVP wirklich mit einer Partei koalieren, deren Vertreter vorschlagen, die Marine sollte das Feuer auf Flüchtlingsboote eröffnen?”
“Will die SVP wirklich mit einer Partei koalieren, deren Vertreter der Meinung sind, Einwanderer und Homosexuelle sollten sich ‘zu den Kamelen in der Wüste’ aufmachen oder im Dschungel ‘mit den Affen tanzen’?”

Es ist eine ganze Reihe unbequemer Fragen, die Landeshauptmann Arno Kompatscher, Parteiobmann Philipp Achammer, die SVP-Landtagsmandatare und die Vertreter der Parteigremien erreichen. Sie alle werden in den kommenden Wochen darüber befinden, mit wem die SVP in den nächsten fünf Jahren Südtirol regieren wird. Am heutigen Samstag finden erste Sondierungsgespräche statt. Zwischen 14 und 18 Uhr empfangen Kompatscher und Achammer Vertreter aller in den Landtag gewählten Parteien. Anwesend wird auch SVP-Landessekretär Gerhard Duregger sein.

Parteichef Matteo Salvini soll zwar nicht wie ursprünglich kolportiert, die Gespräche für die Lega führen. Dafür wird Roberto Calderoli in Bozen erwartet. Jener Calderoli, der als Minister 2010 meinte: “Gli immigrati tornino nel deserto a parlare con i cammelli o nella giungla con le scimmie.”

Olivia Kieser ist beunruhigt. Sie hat wenige Tage vor Beginn der Verhandlungsgespräche eine Online-Petition gestartet: “Für eine Südtiroler Landesregierung ohne Lega-Beteiligung!”

Die Petition wendet sich direkt an die politischen Entscheidungsträger der SVP. “Sie führen in den kommenden Wochen die Verhandlungen, um für Südtirol eine neue Landesregierung zu bilden. Sie treffen dabei eine grundlegende Entscheidung: Es liegt in Ihrer Hand, eine Koalition mit der europafeindlichen Lega einzugehen, mit einer Bewegung, in der wichtige Vertreter humanistische Werte mit Füßen treten und Italien mehr und mehr isolieren. Sie können abwägen, ob Sie eine solche Allianz schließen wollen oder ob Sie sich dazu durchringen, mit progressiven Kräften einen Neustart zu wagen. Daher unsere eindringliche Bitte: Entscheiden Sie sich gegen eine SVP-Lega-Koalition. Machen Sie sich stark für jegliche andere Regierungsbildung ihrer Wahl – im Sinne der Bürgerinnen und Bürger Südtirols, im Interesse dieses Landes und seiner europäischen Zukunft”, heißt es im Petitionstext.

“Die Regierungsbeteiligung der Lega hat dieser Partei auf nationaler Ebene einen massiven Aufschwung gegeben. Diesen Effekt wollen wir in Südtirol rechtzeitig unterbinden.”
(aus der Online-Petition)

Olivia Kieser ist Aktivistin, Mitglied der Young Greens und hat am 21. Oktober auf der Liste der Grünen für den Landtag kandidiert. “Die Petition habe ich als Privatperson gestartet”, will Kieser festhalten. Also kein versteckter Aufruf für eine Regierungsbeteiligung der Grünen? “Es ist kein Aufruf für eine Koalition mit den Grünen, ich möchte explizit nur gegen eine Koalition mit der Lega aufrufen – die SVP soll selbst entscheiden, wie das löst”, sagt Kieser zu salto.bz. Der Appell “für ein humanes, europafreundliches Südtirol der Grund- und Menschenrechte” soll, so Kieser “eine parteiübergreifende Sache sein”.

Knapp 1.000 Unterschriften sind bislang (Stand Samstag, 3. November, 12 Uhr) eingegangen. Interessant: Neben Personen des öffentlichen Lebens wie zum Beispiel die Schriftstellerin Sabine Gruber oder der Mitgründer des Arbeitnehmerflügels der SVP Hubert Frasnelli – er hatte sich bereits auf salto.bz offen gegen eine Koalition mit der Lega ausgesprochen –, haben auch die scheidend SVP-Landtagsabgeordnete Veronika Stirner und Christa Ladurner die Petition unterschrieben. Die Sozialpädagogin im Forum Prävention und Vizebürgermeisterin von Tscherms war eine der 35 SVP-KandidatInnen für die heurigen Landtagswahlen.