Letta hält Wort
Nicht nur für Südtirols Landesregierung, auch für die Regierung Letta war der heutige Montag ein besonderer Tag. 100 Tage zählt das Bündnis zwischen PD, PDL und Montis Scelta Civica am 5. August – und just an diesem bedeutsamen Tag erschien der Regierungschef mit Regionenminister Graziano Delrio im Bozner Palais Widmann, um ein zweifaches Versprechen einzulösen: die Aufwertung der Südtiroler Autonomie. Ein Vorhaben, zu dem sich Rom bereits im Abkommen von Ex-Premier Bersani mit SVP und Patt und anschließend im aktuellen Regierungsprogramm verpflichtet habe. „Und nun haben wir innerhalb der erste 100 Tage die notwendigen Schritte gesetzt, um mit der konkreten Umsetzung zu beginnen“, erklärte Enrico Letta.
Ein schöneres Skript hätten sich auch die SVP-Strategen nicht ausdenken können, um das so genannte Bozner Abkommen Realität werden zu lassen. Zwar besteht das Memorandum, das heute von der Südtiroler Landesregierung und der Regierung in Rom unterzeichnet wurden, vor allem aus Erklärungen und Vorhaben – allen voran der ausdrücklichen Anerkennung der Sondersituation Südtirols als international anerkannte Autonomie sowie der Verpflichtung, die Vereinbarungen des Paketes zu einzuhalten.
Wie Letta betonte, ist damit aber ein „ottimo punto di partenza“ gesetzt, um nun schrittweise all die Vorhaben umzusetzen, die bereits im Pakt PD-SVP festgehalten wurden. Der Regierungschef gab sich auch überzeugt, dass „sich der Dialog zwischen Bozen und Rom nach dieser institutionellen Vereinbarung zwischen den beiden Regierungen auch auf andere politische Kräfte ausdehnen wird“. Offenbar sind auch ihm die Verstimmungen innerhalb der Opposition über den Alleingang der SVP nicht entgangen – genauso wenig wie der Vorwurf, dass die Reform nicht unter Einbeziehung des Trentino angegangen wird. Allerdings zeigte sich Letta angesichts solch „unerklärlicher Rivalitäten“ verwundert, da er erst vergangene Woche mit dem Trentiner Landeshauptmann Alberto Pacher ebenfalls in Autonomiefragen zusammengekommen sei.
Erste Erfolge bei Handel und Urbanistik
Was aber sind die konkreten Schritte, die im Memorandum festgelegt wurden? Kurz- bis mittelfristig sollen laut Landehauptmann Luis Durnwalder alle jene offenen Probleme geklärt werden, die „in letzer Zeit durch Missdeutungen oder Aushöhlungen der Südtiroler Kompetenzen entstanden sind". Als wichtigste Punkte nannte der Landeshauptmann die Einsetzung der Zwölfer– und der Sechser-Kommission, die nun umgehend ihre Tätigkeiten aufnehmen sollen sowie die umstrittene Kompetenzen im Bereich Urbanistik und Handel. In diesen beiden Bereichen, wo einerseits die Gebäudeabstände und andererseits die Beschränkung des Einzelhandels in Gewerbezonen über die Urbanistik von Rom beanstandet wurden, konnte bereits gestern im Senat im decreto del fare ein Durchbruch erzielt werden: Dieser muss laut SVP-Senator Karl Zeller nun nur noch vor der Sommerpauspause in der Abgeordnetenkammer verabschiedet werden.
Weitere Punkte des Abkommens betreffen laut Durnwalder die Immobiliensteuer IMU, die künftig ganz den Gemeinden zufallen soll und den Stilfser Nationalpark, wo Südtirol sein Gebiet selbst regeln nd eine Neuinterpretation der umstrittenen Finanzierung der Randgemeinden vorgenommen werden soll.
Verhandlungen zu Finanzen starten am 7. August
Während diese Arbeiten nun von der Sechser- und Zwölferkommission übernommen werden sollen, wird eine Kommission aus Technikern laut Letta und Durnwalder bereits am 7. August mit der Umsetzung des zumindest wertmäßig schwerstem Brocken des Memorandums beginnen: der Regelung der Finanzfragen. Basis dafür ist das Zugeständnis Südtirols, sich weiterhin an der Sanierung der Staatsfinanzen zu beteiligen. Im Gegenzug erklärt sich die Regierung in Rom bereit, die angestrebte Finanzautonomie Südtirols zu unterstützen.
Das heißt nicht nur, dass Südtirol künftig wieder selbst bestimmen soll, in welchen Bereichen die mit Rom vereinbarten Einsparungen vorzunehmen sind. Das noch größere Ziel lautet autonome Verwaltung der Steuereinnahmen. Sprich, statt 90 Prozent der in Südtirol eingehoben Steuern vom Staat zurückzubekommen, sollen die Steuern künftig in Südtirol selbst eigehoben werden und zehn Prozent an Rom überwiesen werden. Bis wann diese komplexen Verhandlungen beendet werden könnten, wollte Premier Letta nicht quantifizieren. „Wir sind am Beginn der Diksussion“, meinte er, „aber der Wille ist da“. Weit optimistischer zeigte sich diesbezüglich SVP-Senator Karl Zeller: Er hofft, die neuen Finanzregelungen bereits innerhalb November 2013 stehen zu haben – und dann mit einem paktierten Gesetz mit dem Haushalt zu verabschieden.
Autonomie-Tussen
Ob das Abkommen etwas wert ist, wird die Zeit zeigen, was wir aber jetzt wissen, ist, dass IMU, Handel, Urbanistik, Stilfser Nationalpark und co allesamt Südtirol-spezifische Themen sind. Der Pacher vom Patt würde sich fürs Trentino ganz bestimmt ganz etwas anderes wünschen.
Dieses unprofessionelle Gezicke zwischen den befreundeten autonomen Provinzen muss bei Letta einen tiefen Eindruck hinterlassen haben und ein siegessicheres Lächeln auf den Lippen.
Zu gut, um wahr zu sein?
Das klingt ja sehr gut oder habe ich den Haken an der Geschichte verpasst?
politisches wahlwerbendes Kalkül der SVP
nachdem das Mailänder Abkommen alles andere als eingehalten wurde, betrachte ich dieses politische Kalkül der SVP mit Skepsis, aber jedenfalls eindrucksvoll..ob der Inhalt der Versprechen reelle Folgen haben wird, steht in den Sternen der Zukunft.
Sondrio come Bolzano
da hatte sich Durnwalder noch bei Letta bedankt:
"confermando la sua attenzione verso le nostre piccole e particolari realtà"
da schallt es auch aus Sondrio:
"Vorrei fare presente a Letta e a Delrio che esistono in Italia almeno altre due piccole e particolari realtà molto, molto simili alla provincia di Bolzano e sono le uniche due province d’Italia interamente montane, si chiamano provincia di Sondrio e Belluno."
http://www.laprovinciadisondrio.it/stories/Cronaca/sondrio-come-bolzano…
und Sertori hatte dabei wohl nicht an 10m-Abstände zwischen den Häusern gedacht.