Politik | Verlängerung

Flughafen als Stolperstein

An der Flughafendebatte könnten sich die Grünen in der heißen Phase der Koalitionsfindung die Finger verbrennen. Doch das Entsetzen greift parteiübergreifend um sich.
Aeroporto BZ
Foto: Provincia Autonoma di Bolzano

Brigitte Foppa stinkt es gewaltig. Sie bewahrt aber Contenance. “Es ist schon krass, dass die Sache genau jetzt passiert.” Weniger diplomatisch ist Oswald Schiefer. “Wir hätten den Versprechen vor der Wahl nie glauben sollen.” Von einem “Betrug an den Wählern” spricht Stefan Zelger. Und Christian Bianchi ruft offen dazu auf, auf die Straße zu gehen.

Ideologisch trennt die Grüne Foppa, den SVPler Schiefer, Zelger von der Süd-Tiroler Freiheit und den italienischen Mitte-Rechts-Exponenten Bianchi Welten. Doch jetzt eint die vier der gemeinsame Kampf gegen den Ausbau des Flughafens. Und für eine von ihnen steht gar ihre politische Glaubwürdigkeit auf dem Spiel.

 

(K)Ein Nein

Die Verlängerung der Start- und Landebahn ist noch nicht vom Tisch. Anders als die Aussagen von Landeshauptmann Arno Kompatscher im Sommer 2016 vermuten ließen. Nach dem Nein der Bevölkerung zur weiteren öffentliche Finanzierung des Bozner Flughafens verkündete Kompatscher: “Diesen Willen nehmen wir an.” Das Nein bedeute zunächst, dass das Flughafengesetz, über das bei der Volksbefragung am 12. Juni 2016 abgestimmt wurde, im Landtag nicht behandelt “und die Start- und Landebahn nicht verlängert wird”.
Die Botschaft, die den Durchschnitts-Zuhörer erreichte: Die Flughafenpiste wird nicht von 1.294 auf 1.432 Meter verlängert. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Das Land werde die Pistenverlängerung nicht umsetzen, sagte Kompatscher am 13. Juni 2016. Aber einem Privaten, der nach dem Ausstieg des Landes den Flughafenbetrieb übernehmen könnte, stehen alle Türen offen. Spätestens seit dem gestrigen Dienstag ist das allen im Lande klar. Zusammen mit der Ankündigung, dass die landeseigene Flughafengesellschaft ABD für 3,8 Millionen Euro zum Verkauf ausgeschrieben wird, erklärte der Landeshauptmann gestern, dass der Käufer sich verpflichten müsse, den Masterplan von 2011 samt ENAC-Auflagen umzusetzen. Dazu gehört auch die Pistenverlängerung auf 1.432 Meter.

Die Pistenverlängerung als Muss? In Leifers, wo just am Dienstag die notwendigen Schritte gesetzt wurden, um die Verlängerung aus dem gemeindeeigenen Bauleitplan zu streichen, ist Feuer am Dach. “Wir werden alles dafür tun, um die Verlängerung zu verhindern”, sagt Vizebürgermeister Giovanni Seppi zu salto.bz. Bürgermeister Christian Bianchi schließt sich Seppi an – und ruft auf Facebook zum Protest auf: “Cari cittadini della Provincia di Bolzano, penso sia giunto il momento di preparare le bandiere no airport, quelle che speravamo di non dovere utilizzare più, in attesa di vedere cosa succede!!! La volontà popolare va rispettata, e noi ci batteremo sia come Comune, che come persone, contro questo rischio.”
Die Süd-Tiroler Freiheit wirft der Landesregierung vor, die Ausschreibung der ABD “bewusst bis nach den Landtagswahlen verschleppt” zu haben – und die die Wähler zu betrügen. Betrogen fühlt sich auch Oswald Schiefer. Der Flughafen sei in der Volkspartei vor den Landtagswahlen Thema gewesen – “von einer Pistenverlängerung war nie die Rede”, sagt der Unterlandler SVP-Bezirksobmann zur Dolomiten. “Nie gehört”, sagt auch Schiefers Leiferer Parteikollege Giovanni Seppi.
Vor den Wahlen abgehakt, wird der Flughafen jetzt zum parteiinternen Bumerang.

 

Flughafen als koalitionsentscheidend?

Das größte Ei aber hat die Landesregierung den Grünen ins Nest gelegt. Die Nachricht, dass die Flughafen-Landebahn verlängert werden muss platzt wie eine Bombe inmitten der heißen Phase der Konsultationen für die Koalitionsverhandlungen. Abgesehen davon, dass das Vorgehen der Landesregierung “respektlos allen Gegnern des Flughafens gegenüber” sei, “kann man das auch als Signal an die Grünen sehen”, meint Brigitte Foppa stirnrunzelnd.
Weil die Grünen die Kröte Flughafenausbau nicht schlucken werden – “die Verlängerung der Start- und Landebahn kommt für uns nicht in Frage”, schreibt die Landtagsfraktion –, könnte sich die Frage, ob sie künftig mit SVP und PD regieren werden, von allein erledigt haben. Was nicht wenigen in der SVP ungelegen käme.

Am Donnerstag Abend treffen sich die Grünen zu weiteren Gesprächen mit der SVP – “und es gehört nicht zur guten politischen und institutionellen Praxis, wenn man jetzt versucht, der Koalitionsbildung vorzugreifen während noch Verhandlungen am Laufen sind”, meint Brigitte Foppa. Sie habe “möglichst unbefangen” in die Gespräche gehen wollen, doch das Thema Flughafen wird am Donnerstag “sicher angesprochen” werden, kündigt Foppa an. Sie weiß: Der Knoten wird nicht einfach zu lösen sein, wenn die Grünen weiter als Koalitionspartner infrage kommen wollen.
Abzuwarten bleibt allerdings auch, inwieweit die nun auf den Tisch gelegte, unabwendbar scheinende Pistenverlängerung die Gespräche mit der Lega beeinflusst. Mit Giuliano Vettorato sitzt ein Leiferer in den Reihen der Fraktion, der sich als Stadtrat seit jeher gegen die Pistenverlängerung ausgesprochen – und noch im Wahlkampf Anfang Oktober sein Nein zum Flughafenausbau betont hat.