Kultur | Salto Afternoon

Die Sexlüge

"Es war immer schon so!" heißt es im neuen Buch von Miriam Pobitzer. Heute wird es in Bozen vorgestellt. Salto bringt einen Textbeitrag der Autorin.
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Foto: Foto: Edition Raetia

Es war immer schon so!

Es kommt nicht von ungefähr, dass wir in einer sexuell erkrankten Gesellschaft leben. Ich bin bei meinen Recherchen zum Thema Sexualität auf den Instituten für Ur­ und Frühgeschichte, in den Universitätsbibliotheken für Kunstgeschichte und in archäologischen Veröffentlichungen auf Zeugnisse der Geschichte gestoßen, die die Vermutung unterstützen, dass Menschen einst die Sexualität anders gelebt haben, als wir es heute tun. Gegenstände, die 30.000 Jahre alt sind, zeigen das Verschmelzen des weiblichen Körpers mit dem männlich erigierten Penis – einmal ist es eine runde Frau mit einem Kopf in Penisform, dann eine sitzende Frau, die aus einer anderen Perspektive dem Penis ähnelt, oder schließlich stehende Steinsäulen in runden Höhlen.

Doch unsere Geschichtsschreibung ist von machthungrigen Patriarchen geprägt, interpretiert und manipuliert.

Immer wieder – so scheint es – haben Menschen vor dem Beginn unserer Zivilisationsgeschichte das Leben und die damit so direkt verbundene Sexualität gefeiert, das ekstatische Verschmelzen von Frau und Mann, die Fruchtbarkeit und die Liebe. In Tempeln haben sich tanzende Paare eingefunden und wurden in Stein gemeißelt, mit Gold und Lapislazuli geschmückte weibliche und männliche Genitalien wurden in religiösen Kultstätten gefunden. Funde, die zwischen 30.000 und 5.000 Jahre alt sind. Wir kennen eine Venus von Willendorf, eine sogenannte Rote von Mauern – bei der ich mir nicht sicher bin, ob es sich nicht um einen Penis mit Hoden handelt – oder eine griechische Venus, die in der Muschel steht. Auch in der Bibel findet sich ein Hohelied der Liebe. Doch unsere Geschichtsschreibung ist von machthungrigen Patriarchen geprägt, interpretiert und manipuliert. Überlieferte Traditionen und heute verbindliche Normen bilden ein Korsett, das unsere freie Entfaltung einengt. Was ist nur passiert, dass wir im Sex so engstirnig und prüde geworden sind? Wo ist dieses Feiern geblieben und dieser heilige und heilende Aspekt? Wir wissen nur mehr, dass viele Schriften und Bilder verbrannt wurden, dass einige auch heute noch im geheimen Kabinett des Vatikans versteckt sind, und vieles können wir nicht einmal erahnen. Doch es gibt noch andere Quellen dieses ursprünglichen Wissens, die zum Teil bis heute überlebt haben. Wir können uns nämlich auch von jenen Kulturen inspirieren lassen, die unsere Zivilisationsentwicklung nicht mitgemacht haben und die Sexualität als zwischenmenschliche Kommunikationsform heute noch pflegen.

Dass es so sein muss, wie es ist, ist eine Lüge.

Sie wissen, dass Sex als Kommunikation weit mehr bewirken kann als einen genitalen Orgasmus oder das reduzierte zelluläre Zeugen von Nachwuchs. Meine Quellen berichten von Ureinwohnern in Amerika, die versteckt in den Wäldern leben, und von asiatischen Lehren, die im menschlichen Körper die Quelle allen Seins finden. Es gilt daher, andere als unsere eigenen Traditionen zu entdecken, um zu verstehen, dass die uns umgebenden Normen uns aufgezwängt wurden. Dass es so sein muss, wie es ist, ist eine Lüge. Wir haben in jedem Moment unseres Lebens die Wahl, frei zu entscheiden: zu jubeln, zu verzweifeln, zu lieben, uns zu freuen. Wir müssen nicht gemäß überkommenen historisch entstandenen Regeln handeln. Wir haben die Möglichkeit, frei zu lieben. Die Sexualität ist neben Nahrungsaufnahme, Ausscheidung, Bewegung, Schlaf und Kommunikation eine der wichtigsten Urkräfte des menschlichen Lebens. So wie viele andere mechanische und lebendige Vorgänge passiert die Sexualität zwischen und gleichzeitig mit zwei unterschiedlichen Einheiten. Es mag vielleicht banal klingen, doch immer, wenn etwas Neues entsteht, ergibt eins und eins nicht zwei, sondern drei: Das Papier, der Stift und die Bewegung des Stifts auf dem Papier ergeben zusammen die Schrift. Das Klavier, der Pianist und die Berührung der Hände auf den Tasten erzeugen Musik.

Und so ist es auch beim Sex: Wenn zwei Menschen sich verbinden, entsteht etwas Besonderes. Immer findet eine sehr komplexe Art von Austausch statt, der Neues möglich macht. Zwischen Menschen passiert das ständig. Früher haben wir noch miteinander gesungen, gejodelt und getanzt, heute sind die Kommunikationsmöglichkeiten enger vorgefertigter. Die Möglichkeiten der Zwischenmenschlichkeit sind in abstrakte Sphären gerückt, die von elektronischen Geräten und digitalisierten Programmen abhängig sind. Sex ist parallel dazu die Reduktion der Kreativität auf die Genitalien. Auch diese Art von Austausch ist vorgefertigt und sehr limitiert. Das ist das Ergebnis einer Entwicklung, die für unsere westliche Kultur vor etwa 3.000 Jahren begonnen hat, als in den griechisch-mesopotamischen Hochkulturen Strukturen geschaffen wurden, die das menschliche Zusammenleben regelten: Politik, Geld, Theologie, Philosophie, Jurisprudenz und viele weitere Abstraktionen führten dahin, dass wir heute von unzähligen institutionalisierten Systemen abhängige Wesen sind. Dies gilt auch für den Sex. Wird das zwischenmenschliche Liebespotenzial beim einzelnen Menschen zum Beispiel durch ein visuelles Bild im Kopf ersetzt, kann das Gefühl im Körper, zwischen und mit den beiden Menschen nicht mehr frei gelebt werden. Sex ist heute zu einer passiven Aktivität geworden, die unterhält.

Heute

Buchpräsentation mit Miriam Pobitzer und Johannes Lunger. Moderation: Nadja Walluschnig / Bozen Gärtnerei Schullian, Meraner Straße 75/A, 20 Uhr

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gorgias Sa., 08.12.2018 - 17:30

Die Nachgeborenen sind nicht für den Holocaust verantwortlich, sondern dass man aus dem Lehren zieht und sowas nicht mehr passiert.

Sa., 08.12.2018 - 17:30 Permalink
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Klaus Hartmann Sa., 08.12.2018 - 19:38

Basso Meno 17.42 So banal ist das nicht. Seien :Sie ruhig ein bisschen stolz auf sich. Es mischt sich nicht jeder ein.
Auch das Private ist politisch.

Sa., 08.12.2018 - 19:38 Permalink
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F. T. Mo., 10.12.2018 - 11:53

Ersparen sie uns doch in Zukunft ihr penetrantes Selbstlob. Wen interessiert denn welchen Titel Sie ergattert haben ?

Mo., 10.12.2018 - 11:53 Permalink
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Jens Hueber Mo., 10.12.2018 - 17:01

Sie checken nichts! der Herr hat nirgendwo geschrieben, dass es ihn stören würde, dass Sie nachfragen, sondern es stört ihn - und auch mich, das muss ich durchaus zugeben - dass Sie ständig überall ihr Selbstlob raushängen lassen müssen. Das ist in einem normalen Dialog nämlich nicht üblich, aber das checken Leute wie Sie halt nicht, da kann man nichts gegen machen.

Mo., 10.12.2018 - 17:01 Permalink
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F. T. Di., 11.12.2018 - 07:44

Wie üblich beim selbstverliebten Herrn H. Zuerst grosse Worte , und dann den Schwanz einziehen.

Di., 11.12.2018 - 07:44 Permalink
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Benno Kusstatscher Di., 11.12.2018 - 09:40

Auf Salto von einem gewissen Hopfgartner nachzulesen, es sei ja nicht schlimm, wenn die Griechen aus dem Euro fliegen und, wenn denn die Griechen wirklich dermaßen unter den gestutzten Sozialmaßnahmen leiden, warum sie dann nicht einfach auswandern. Da ist man immer wieder dankbar auf den Hinweis, wer hier Nationalstaaten rückbauen will und wer von uns ein gebildeter Bürger akademischen Titels ist ( Boah! ) , der Aristoteles tief im Herzen seiner europäischen Identität trägt.

Di., 11.12.2018 - 09:40 Permalink
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Klaus Hartmann Di., 11.12.2018 - 15:35

Fragen können dem Verständnis oder der Informationsgewinnung dienen.
Manchmal, das muss der Gerechtigkeit halber gesagt werden, stellt auch Oliver H. Fragen dieser Art.
Meist dienen Oliver H.’s Fragen aber nicht der Informationsgewinnung. Wieso denn auch?
Oliver H.’s Fragen dienen der Lenkung des Gesprächsablaufes. Sie dienen der Manipulation.

Dass die griechische Antike wesentlicher Bestandteil unserer europäischen Kultur ist bräuchte Oliver H. nicht zu fragen. Das weiß man und das hat keiner seiner Diskussionspartner bestritten. Diese Frage stand nie zur Debatte.
Auch die Frage nach dem Unterschied der Kulturen und Kulturkreise stand hier nie wirklich zur Debatte.
Mit dem Einwand "Es ging um Kulturen und inwieweit man Kulturen vergleichen soll oder gar kann.", kommt Oliver H. der Sache schon ein wenig näher, wenn auch nicht ganz.

Was zur Debatte stand, war der von Herrn Karcher vom Zaun gebrochene, konstruierte, moralische und kulturelle Überlegenheitsanspruch unseres Kulturkreises und Karcher‘s durch nichts zu rechtfertigenden rassistischen Ejakulationen.

Aber hierzu schweigt Oliver H. beharrlich. Wieso denn wohl?

Di., 11.12.2018 - 15:35 Permalink
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Profil für Benutzer Klaus Hartmann
Klaus Hartmann Di., 11.12.2018 - 16:29

Also gut, dann frage ich:
Was sagen Sie zu den von Herrn Karcher vertretenem moralischen und kulturellen Überlegenheitsanspruch unseres Kulturkreises?
Erkennen Sie die rassistischen Statements des Herrn Karcher?
Wenn ja: was sagen Sie dazu?

Di., 11.12.2018 - 16:29 Permalink