Fire
Foto: renate mumelter
Gesellschaft | #alsodann

Eine wahre Geschichte

Immer wenn ich Feuerstellen für Glühweintrinker antreffe, Heizstrahler für den Verdauungs-Cig oder offene Ladentüren, die wärmend locken, dann fällt mir H ein.

Sie ist klein, schmal, sehr jung, lebt in Bozen, kommt aus Afrika, und sie hat zu kalt. Sehr. Die Nacht verbringt sie gemeinsam mit sechs, sieben anderen Frauen in einer Kälte-Notunterkunft der Stadt, um 8 Uhr morgens muss sie auf die Straße hinaus bis zum Abend, egal, wieviel Minusgrade uns zum Zittern bringen.

Sie ist klein, schmal, sehr jung, lebt in Bozen, kommt aus Afrika, und sie hat zu kalt. Sehr.

Dort, wo ihre Schlafstelle ist, gibt es zwar beheizte Räume, Gänge, Wasweißich, und es wäre immer jemand im Haus, aber die Regel sagt, dass sie hinaus muss, jeden Tag wieder. Ihre Jacke ist zwar hübsch aber viel zu dünn. Wir haben ihr einen warmen Mantel besorgt. Manchmal versucht sie, sich in den weitläufigen Gängen der Uni aufzuwärmen. Eine junge Frau unter jungen Leuten. Wären da nicht ihre Hautfarbe und der Mann von der Security. Wenn der sie sieht, fliegt sie raus. Auch aus allen gut beheizten Geschäften fliegt sie raus. Von deren kuschlig warmem Eingangsbereich wird sie genauso vertrieben. An die wärmenden Feuerstellen der Glühweintrinker würde sie sich gar nicht wagen. 

Eine junge Frau unter jungen Leuten. Wären da nicht ihre Hautfarbe und der Mann von der Security. Wenn der sie sieht, fliegt sie raus. 

Zweimal am Tag (sonntags ein Mal) kann sie in die Mensa. Dort bekommt sie was zum Essen, wenn ihr das Schlucken gelingt.  Denn häufig bricht sie einfach nur in Tränen aus, viele Tränen. Wer weint, kann nicht essen. Wenn sie am Freitag in unsere Nähwerkstatt kommt, verschläft sie's im Stehen. Echt wahr. 

Das sind die Regeln, heißt es, wenn wir nachfragen. Regeln sind von Menschen gemacht, können enger oder weiter gelesen oder vorübergehend abgeschafft werden. Weil's lebensbedrohlich kalt ist zum Beispiel. Oder wegen dem Christkind.