Wie vom Schützenbund bekannt gegeben, von Südtirol News schon vor zwei Wochen wiedergegeben und letztlich heute auf Welschtirol.eu der „Sache“ dienlich fast wortgetreu und nachgepfeffert ins Italienische übersetzt, begrüßen die Gemeindeschilder der beiden Buchensteiner Gemeinden Fodom und Col jetzt auch auf Deutsch. Eine schöne Geste an deutschsprachige Reisende (wie mich) und mit Sicherheit auch als kleine Erinnerung daran, dass Fodom, Col und Anpezo Teil des historischen Tirols waren, dass der ladinische Sprachraum gefährdet ist. Politischer formuliert ist es wohl auch eine unübersehbare Anklage, dass die Forderung nach Anschluss an Südtirol der drei ladinischen Gemeinden in Belluno aber auch hierzulande recht wenig Gehör findet. Seit den Referenden 2007 sind diese Forderungen demokratisch legitimiert, aber was zählt schon der Wille dreier Gemeinden, wenn Letta die Provinzen reformieren will , Durnwalder auf dem Fondo Odi sitzt, Belluno Autonomie werden will, ja gar Venezien eigenständig fliegen lernen will. Ein Nebenschauplatz der Geschichte eben und so dient die Schützenkompanie Buchenstein „Katharina Lanz“ einer guten Sache, denke ich.
Von Süden kommend liest sich dieses „Willkommen in Buchenstein“ wohl nicht ganz unabsichtlich so ein bissel wie „Willkommen in Tirol“. Während mir ein „Willkommen Buchenstein in Südtirol“ eigentlich von Herzen leicht über die Lippen kommt, trifft mich die Vorstellung einer Landesgrenze zwischen Col und Selva di Cadore komplett unvorbereitet und irritiert. Seht dieses Bild, wie das Kirchlein von Col vor dem Pelmo steht. Eine Einheit von Kultur und Natur, eine Komposition wie reif für das nächste Merian-Titelblatt, die uns Südtirolern es warm ums Herz werden und ein „mei schian isch insre Hoamet“ aus der Seele springen lässt.
Und doch es ist Schein und der Schein trügt. Das Kirchlein ist nämlich hüben, der Berg aber drüben. Hüben, wo man Tiroler war bzw. sein möchte, wo Kellnerinnen schneidig mit dem Dirndl bedienen, wo „Brennend Liab“, also tiefrote Geranien auf gebeizten Holzbalkonen und sonnensüchtigen Erkern eben den für uns so typischen Kontrast zu den dunkelgrünen Gebirgswäldern und bleichen Felsenwänden ausmachen. Drüben, wo die Kellnerinnen ebenfalls im Dirndl bedienen, die selben Geranien vor genau den gleichen Balkonen und Erkern hervorstechen und Jahrhunderte unterschiedlicher Geschichte weder Gebirgswälder noch Felsenwände derart verändern konnten, als dass ich heute nachvollziehen sollte, dass hier irgendwo eine „Grenze“ hingehöre. Drüben darf man von Autonomie höchstens träumen. Hüben argumentiert man mit alpinen Besonderheiten um des Staates Gunst, wirbt mit SMG-Geldern um die Aufmerksamkeit der nördlichen Touristen, damit sie ja nicht von der Schönheit des Cadore oder der Zoldaner Talschaft, dem Zauber der Dolomiten rund um Civetta, Pelmo und Antelao, oder von der Gastfreundschaft bellunesischer Dolomitenbewohner angelockt werden.
Das malerische Örtchen Col wird bei unserer herbstlichen Landtagswahl keine Rolle spielen und bleibt vergessen hinter sieben bleichen Bergen. Ob unsere Gelder des Fondo Odi auch noch hinter dem achten Berg gut angelegt wären, interessiert unseren medialen Alltag nicht. Nachbarschaftliche Beziehungen werden es kaum ins Wahlprogramm irgendeiner Partei schaffen, aber in einem Punkt sind sich alle (deutschsprachigen) Parteien einig: dass die Brennend Liab auf unseren gebeizten Holzbalkonen uns eine ganz besondere Identität geben und jegliche Abgrenzung rechtfertigen. Mindestens.