Heute muss ich mich outen, jawohl. Ich kann mit meiner Bewunderung für einen Südtiroler Unternehmer und Kunstmäzen, ja, ich würde ihn geradezu einen Renaissance-Mann nennen, nicht länger hinter dem Berg halten: Perfektion, dein Name sei Ingemar. Oder Ingomar. Weiß der Guggu, nennen wir ihn einfach Ing*mar. Ja, ich weiß, ich stehe (noch!) mit meiner Verehrung weitgehend da wie ein Pendler an einer verwaisten Bushaltestelle, aber ich wette, wenn Sie diesen Text zu Ende gelesen habe, sind Sie ebenso ein Fan des Pusterer SAD-„SIO“ und Multitalents. Ich meine, wie kann man ihn nicht bewundern?
Wir Südtiroler sind doch, wenn wir ehrlich sind, ein Volk von Golden Retrievern. Immer lieb, immer lustig, fressen jedem aus der Hand und wälzen uns für ein bisschen Heitschi unterwürfig auf dem Boden. Nicht so Ing*mar. Ing*mar ist der kleine Kläffer, der uns ans Bein pinkelt und nach uns schnappt, wenn wir ihn halbherzig zwischen den Ohren kraulen wollen. Das ist nicht despektierlich gemeint. In einem Volk von Retrievern dieser kleine Kläffer zu sein, dazu gehört schon eine gehörige Portion Mut zur Unbeliebtheit, oder eben ein beachtliches Ego. Mit Mut und diesem Ego sind wir nicht serienmäßig ausgestattet. Ing*mar hingegen verfügt über beides in geradezu erstaunlichem Ausmaße.
Ich wette, wenn Sie diesen Text zu Ende gelesen habe, sind Sie ebenso ein Fan des Pusterer SAD-„SIO“ und Multitalents. Ich meine, wie kann man ihn nicht bewundern?
Während andere Unternehmer Sozialpartnerschaften eingehen, Flüchtlinge beschäftigen und anderen anthroposophischen Firlefanz aufführen, hat Ing*mar nur eines im Sinn: BIG BUSINESS. Kann man’s ihm vorwerfen? Endlich einer, der für eine ordentliche Arbeitsmoral eintritt und der generellen Laschheit entgegentritt. Busfahrer, was braucht ihr Geld, macht doch mehr Stunden, dann habt ihr keine Zeit, Geld auszugeben! Sollen sie doch Kuchen essen! Wer ihm beim businessen in die Quere kommt, wird verklagt, vorzugsweise das Land (
mit bislang zweifelhaftem Erfolg , aber auch Privatpersonen wie
Liedermacher „Doggi“ Dorfmann, der den tüchtigen Doppeldoktor Ing*mar, man kann nur annehmen in totaler Verkennung seines Genies, einen „Schlatterer“ nannte. Tatbestand der Majestätsbeleidigung, sonnenklar.
Würden Sie es nicht genauso machen, wenn Sie die Knete hätten? Klagen, klagen, klagen, mit Vollgas? Aber nein, uns Normalsterbliche hindert neben dem fehlenden Kleingeld auch eine seltsame Zurückhaltung und Demut, die Ing*mar, zu unserem Glück, gänzlich abzugehen scheint. Ing*mar liebt die Kollision, den Frontal-Crash. Er ist unser Denver-Biest, unsere
Alexis Carrington: Wie langweilig wäre es ohne ihn! Seine auserwählte Nemesis, den Landeshauptmann nennt er „Loser Arno“, lässt in der „Dolomiten“
Kindergarten-Kritzeleien schalten, die die Landesregierung bloßstellen oder lädt zu Pressekonferenzen, in denen er mit raumgreifenden Gesten und gleichermaßen an Kinski und
Louis Quatorze gemahnender Attitüde
die vertrottelten Landesbeamten an den Pranger stellt. Würden Sie doch auch alles machen, wenn Sie bloß die Kronjuwelen dazu hätten, oder? „Ich gebe nie nach!“, so sein Schlachtruf auch jetzt wieder: Sollen die Schlappis von LIBUS doch klein beigeben, Ing*mar klagt munter weiter um die PPP. Wenn das kein Fanal gegen die allgemeine Verweichlichung unserer Gesellschaft ist, dann weiß ich auch nicht.
Aber Ing*mar hellt nicht nur mit seiner kläfferhaften Streitlust unseren drögen, von einem geradezu naiven Harmoniebedürfnis geprägten Alltag auf, er bringt auch etwas, zu dem uns Bauernvolk gänzlich die Begabung fehlt, in die muffige Stube: den Glamour der weiten Welt.
Und natürlich sind wir neidisch! Haben Sie etwa ein Schloss?
Während unser Durchschnittspromi mit dem Rucksack in Popelhausen urlaubt (man denke an die alljährliche „Wo machen Sie heuer Urlaub?“-Umfrage der Tageszeitungen), jettet Ing*mar mir nichts dir nichts um die halbe Welt. Trinkt Schampus in St- Moritz, macht Party in Kitz, dinniert „with my MAMMI“ in den feinsten Restaurants, während am Nebentisch Sly Stallone gelangweilt in die Runde blickt. All das wird nicht etwa verschämt verschwiegen, wie’s die gute Tiroler Tradition gebieten würde, sondern freimütig a
uf Facebook zur Schau gestellt, garniert mit weltmännischem Englisch. Right so! So darf auch seine geduldige Belegschaft erfahren, dass „my next car will be a Rolls Royce“ oder „big friends from Russia“ zu Gast in seinem Schloss waren.
Ja, ich vergaß, ein Schloss hat er auch. Wer seine Schnappschüsse aus der Welt der Reichen und Schönen hämisch kommentiert, dem unterstellt er prompt, neidisch zu sein. Und natürlich sind wir neidisch! Haben Sie etwa ein Schloss? Nein, ich habe auch keins. NEID. Der ins Unermessliche wächst, sobald Sie sein Facebook-Profilbild sehen: Ein in Öl verewigter Ing*mar in Macherpose, natürlich im schweren Goldrahmen. Da weicht der Neid erleichterter Resignation: Er spielt einfach in jeder Hinsicht in einer anderen Liga. Da können wir gar nicht mithalten.
Gott möge ihn uns noch lange erhalten.