SAP: Mairl lässt nicht locker
Der Kampf um die Arbeitnehmer im Land entwickelt sich zu einem der wichtigsten Duellierplätze im laufenden Wahlkampf. Als aggressivster Angreifer positioniert sich derzeit der Gründer der neuen Südtiroler Arbeitnehmerpartei SAP Meinrad Mairl. Er will der SVP nicht nur das Edelweiß, sondern auch die Stammklientel des Arbeitnehmerflügels streitig machen. Dem Angriff, dass die Arbeitnehmer innerhalb der Südtiroler Volkspartei nichts mehr zu melden hätten, hatte ihr Chef Christoph Gufler in der vergangenen Woche eine Erfolgsbilanz der letzten Jahre entgegengestellt. Die Stichworte seiner Verteidungsrede? Einführung der Pflegesicherung, 2000 neue Stellen im Gesundheits- Sozial- und Bildungsbereich, eine Erhöhung der Sozialhilfe, neues Lehrlingsgesetz, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Steuererleichterungen bei IRPEP und IMU, und die Wiederauszahlung des Pendlergeldes, Familiengesetz oder Verbesserungen für Kleinsparer im neuen Wohnbaugesetz.
Doch Mairl lässt nicht locker und eröffnet nun mit folgendem offenen Brief an den Arbeitnehmerchef die nächste Runde.
Sehr geehrter Herr Gufler,
es muss verdammt hart für Sie gewesen sein, so aus heiterem Himmel und ganz ohne Vorwarnung einen Schuss vor den Bug erhalten haben. Ich versichere Ihnen, es liegt mir/uns fern, Sie in irgendeiner Weise zu diskreditieren oder persönlich anzugreifen. Ich halte Sie für eine integre Person, die mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln eine dahinsiechende und in Agonie liegende Arbeitnehmervertretung in der SVP noch einmal Leben einzuhauchen versucht. Nur unter diesem Aspekt können wir Ihre Presseausendung interpretieren, die sich liest wie ein Medaillenspiegel bei irgendeiner Weltmeisterschaft, bei der nur Goldene Medaillen vergeben werden. Das Ranking ihrer Erfolge sollten wir jenen überlassen, die persönlich betroffen sind und ihre vielgepriesenen Erfolge tagtäglich leben.
Seit Jahren hören wir Ihre Stimme „die ArbeitnehmerInnen fordern dies und das und sind gegen dies und jenes...“ und in der eigenen Partei schenkt Ihnen niemand Gehör, nicht einmal Ihr Oberarbeitnehmervertreter Richard Theiner. Bei wichtigen Entscheidungen in den verschiedenen SVP-Gremien werden Sie ja nicht einmal eingeladen oder angefragt. Ein gutes Beispiel dafür ist die Nichteinbindung Ihrer Person bei der Entscheidung und Vorstellung des SVP-Wahlkampf Koordinators.
Glauben Sie, ich habe die SAP einfach so als Freizeitbeschäftigung gegründet? Der Hauptgrund sind die wahren Probleme der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die keine Partei in diesem Land anspricht, diskutiert und behandelt. Glauben Sie mir, das war und ist Knochenarbeit, Einsatz und soziale Überzeugung. Hier nun ein Beispiel, welches wir ernst nehmen:
Der soziale Friede in Südtirol ist gefährdet!
Er ist gefährdet durch die Verteilungsfrage: Die zunehmende Konzentration von Einkommen und Reichtum in den Händen weniger. Nach einer Umfrage des Arbeitsförderungsinstitut AFI bei den Südtiroler Arbeitnehmer/Innen, erklärt jede/r vierte Beschäftigte (das sind immerhin 51.043 Arbeitnehmer/Innen) weniger als 1.200 € Netto im Monat zu verdienen; 30.500 Arbeitnehmer/Innen verdienen weniger als 1.400 € Netto im Monat. Über 60 Prozent der befragten Arbeitnehmer/Innen sind zudem − gemessen an den Lebenshaltungskosten im Hochpreisland Südtirol − mit ihrer Entlohnung unzufrieden. Hier braucht es sofort Zusatzabkommen von 300 bis 400 Euro pro Arbeitnehmer pro Monat und das Netto auf dem Lohnstreifen! Die SVP spricht das Thema Zusatzabkommen immer nur vor den Wahlen an, die SAP wird für dieses Abkommen kämpfen wie ein Löwe. Der Dichter und Philosoph Robert Gernhardt machte die verstörende Aussage: „Beklage dich nicht, wenn du im Leben zu kurz kommst. Dafür geht es den anderen besser.“
Im Juni 2013 stellte ein Gewerkschaftsbund das Themenpapier mit Vorschlägen für mehr soziale Gerechtigkeit auf. Beispiel EEVE: Die 100.000-Euro-Grenze beim nicht berücksichtigten Finanzvermögen ist für einen Teil der Leistungen abzuändern: „Betriebliche Immobilien müssen berücksichtigt werden. Dies, um die wirtschaftliche Lage der Bürger besser zu erheben und ihre Kostenbeteiligung an den öffentlichen Ausgaben für Gesundheit und Soziales gerechter zu gestalten“.
Bereits in einem Interview mit der FF im Jahre 2010 wurde diese Machenschaft ausgerechnet von der mutigen Millionärstochter Julia Unterberger angeprangert: „Ein Arbeitnehmer oder ein Sozialdemokrat kann das nicht akzeptieren.“ Wo waren die SVP ArbeitnehmerInnen-Abgeordneten bei der Abstimmung dieser ungerechten Sache! Wo?
Auch der Vinschgauer Prof. Gottfried Tappeiner, Leiter des Instituts für Volkswirtschaft an der Universität Innsbruck, äußerte im Sommer 2011 in einem Interview mit dem „Vinschger Wind“ seine Bedenken zur Steuerthematik am Beispiel Bauern und Nicht-Bauern: „Die Steuerthematik muss durchdiskutiert werden, sonst sei sie eine Gefahr für den sozialen Frieden.“ Auch zu diesen Themen wird die SAP alles unternehmen, um dieses ungerechte Gesetz der EEVE abzuändern und für eine Beteiligung an den Steuern der Groß-, Obst- und Weinbauern kämpfen.
Die Verteilungsfrage, der soziale Friede, die ungerechte EEVE, die Steuerthematik der Bauern werden Teile des Wahlprogramms der SAP sein, das wir bei der Kandidaten-Vorstellung Mitte September der Öffentlichkeit vorstellen werden. Oberflächlichkeit, schöne Worte in der Wahlwerbung, Friede, Freude, Eierkuchen überlassen wir weiterhin der SVP in diesem Wahlkampf, die SAP bringt die wahren Sorgen und Probleme sachlich zur Aussprache.
Herr Gufler, wie kann die einstige Krone (Arbeitnehmerinnen & Arbeitnehmer) unter dem Edelweiß, einer bereits zerbröckelnden, porösen und auf Eigennutz ausgerichteten Partei den Mantel der Unbeflecktheit umhängen und sich in einem selbstzerstörerischen Akt das eigene Grab schaufeln.
Lieber Christoph Gufler, die ArbeitnehmerInnen in der Südtiroler Volkspartei sind tot!
Mit den besten Grüßen
Meinrad Mairl
Vorsitzender der SAP
Zum offenen Brief von Meinhard Mairl
Herr Mairl, sie haben in der Sache im Prinzip recht, an der Form ihrer Kritik und an den Konsequenzen, die Sie daraus ziehen wollen habe ich aber einiges auszusetzen.
Die Bilanz der Arbeitnehmer in der SVP fällt tatsächlich äußerst dürftig aus. Die Glaubwürdigkeit dieser Bewegung hat ihren Tiefpunkt erreicht. Ihre Spitzenvertreter schauen primär auf die eigenen Pfründe, sie spielen bei Entscheidungen in der Partei nur eine sehr untergeordnete Runde und liefern der sogenannten Sammelpartei auch nóch ein soziales Alibi. Ein Alibi für einen deutlich neoliberalen Kurs, den der Großteil der Südtiroler Bürger in seiner Brieftasche spürt. Daran ändern auch einige Wahlzuckerlen, wie die Auszahlung des seit Jahren offenen Pendlergeldes nichts.
Dass man diese Tatsachen zum Anlass nimmt eine eigene Partei zu gründen kann ich nachvollziehen. Kritisieren muss ich aber, dass ihre Bewegung noch immer keine Gesichter hat und dass ihr Wahlprogramm scheinbar nur aus den, völlig richtigen, Forderungen nach Zusatzverträgen und Lohnerhöhungen in der Höhe von einigen hundert Euro besteht.
Wir Kandidaten der Grünen arbeiten schon seit drei Monaten an unserem Wirtschaftsprogramm. Dabei war von Anfang an klar, dass bei uns die Wirtschaft nicht nur aus den Betrieben und den Produzenten also den Verkäufern besteht, sondern auch, und vor allem, den Konsumenten, also den potentiellen Käufer, miteinbezieht.
Insofern versuchen wir den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen und die Zusammenhänge in einem breiteren Kontext zu sehen. Ohne unserem detaillierten Programm vorgreifen zu wollen sehen wir eine gute Perspektive für alle, wenn sich die Wirtschaft mehr in Richtung Gemeinwohlökonomie entwickelt und wenn allgemein Kooperation und Solidarität auch in der Wirtschaft wieder eine größere Rolle spielen. Wir stellen auch in Frage, ob uns eine ausschließlich auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftspolitik langfristig weiter bringt und berücksichtigen bei richtungsweisenden Entscheidungen immer auch ökologische Aspekte.
Auf jeden Fall ist es interessant zu sehen wie viele Gruppierungen jetzt, kurz vor den Wahlen, plötzlich Arbeitnehmerthemen entdecken, während die grünen Landtagsabgeordneten sich in der letzten Legislaturperiode bei Themen in diesem Bereich oft allein gelassen vorkommen mussten. Grundsätzlich finde ich es aber positiv, wenn der Lohn- und Gehaltsempfänger viele Alternativen hat, die versprechen seine Interessen zu vertreten.