Haben wir ihn wieder mal überstanden, den Weltfrauentag. Eigentlich sollte er ja Weltfrauenbesänftigungstag heißen, denn nichts anderes ist er: Einmal im Jahr macht er den Kaffee in der Früh, schenkt ihr eine blöde Mimose und vielleicht sogar Schokolade (denn was wollen Frauen außer Blumen und Schokolade? Gottlob sind wir simpel gestrickt) und tätschelt ihr kurz den Kopf, auf dass es an den restlichen 364 Tagen so weitergehen möge, wie bisher. Bravo, Dackel!
Dieser Tag kommt als Feiertag daher, dabei ist er nichts als eine Demütigung. Angesiedelt irgendwo zwischen Welttag der Tiefkühlkost und Super-Mario-Tag (Sie merken selbst, wie ehrenvoll solche Gedenktage sind, wenn man sich in solcher Gesellschaft befindet), behandelt er uns, als wären wir eine seltene, vom Aussterben bedrohte Spezies, an die es einmal im Jahr mit schlechtem Gewissen zu erinnern gilt. Dabei stellen wir die Hälfte der Weltbevölkerung. Ich muss es wiederholen, und zwar laut und langsam, sonst mag man es ja kaum glauben: DIE! HÄLFTE! DER! WELTBEVÖLKERUNG!
Unglaublich, oder? Denn trotzdem sind wir immer noch benachteiligt, hierzulande natürlich nicht in dem dramatischen und unter Umständen lebensbedrohlichen Ausmaß wie etwa eine Frau in Afghanistan oder Saudi Arabien, aber doch: Altersarmut, Gender Pay Gap (in der
Privatwirtschaft in Südtirol bei 17,2 Prozent ), Abwesenheit in den Führungsetagen, dafür umso mehr eingespannt was Haushalt, Kinder und Pflege von Angehörigen betrifft, usw.
Nichtsdestotrotz schaffen es die Medien, auch lokale, pünktlich zum 8. März die sogenannten „Powerfrauen“ aus ihren Löchern zu ziehen - zumindest hat man das Gefühl, die hielten sich sonst das ganze Jahr über so gut versteckt, dass man sie nur mit Gewalt ans Tageslicht befördern könne. (Ich merke grad, das wird lang heute, also holen Sie sich vielleicht besser was zu trinken, als Frau gern was Hochprozentiges).
Dieser Tag kommt als Feiertag daher, dabei ist er nichts als eine Demütigung. Angesiedelt irgendwo zwischen Welttag der Tiefkühlkost und Super-Mario-Tag
Schön und gut, aber wieso bemüht man sich nicht konstant um ausgewogene Berichterstattung, anstatt den Rest des Jahres zum x-ten Male die immergleichen Krawattenträger herzuzeigen? Interessante Frauen gibt‘s genug, also liebe RedakteurInnen, macht euch die Mühe, und spürt sie auf. Es muss auch nicht immer die vorbildliche Karrierefrau sein, auch andere haben was zu erzählen.
Manche Medien haben gleich darauf verzichtet, eine Frau zu Wort kommen zu lassen, da hat der Chef selbst das Ruder in die Hand genommen bzw. gar nicht erst ausgelassen, und man muss sagen, das bewahrt zumindest vor einer gewissen Scheinheiligkeit. So geschehen etwa in der „Dolomiten“ vom 8. März, in der
Vize-Chefredakteur Günther Heidegger meint, sein Spitzname „Heidi“ legitimiere ihn dazu, a
m Weltfrauentag zu uns zu sprechen. Ich werde daran denken, wenn ich, Spitzname „Alex“, dereinst am Weltmännertag zu den armen Männern sprechen und ihnen gönnerhaft und inhaltsleer Teilhabe an der Frauenmacht versprechen werde. Aber den Tag werde ich wohl nicht mehr erleben, und ich will ihn eigentlich auch gar nicht, weil unser Ziel doch Gleichberechtigung und nicht Benachteiligung ist.
Doch ich schweife ab. Das mit Heidi war gewiss witzig gemeint (nein, war nicht witzig), aber das Ganze ist dann halt doch ein bisschen zu ernst um sich darüber lustig zu machen. So wie auch der Inhalt seines Kommentars dann jeglicher Solidarität zwischen Heidi und den Heidis entbehrte, sondern den typischen Schmu absonderte: Er sei ein „rotes Tuch für Emanzen“, da klang ja leider sogar Stolz mit, weil gegen Frauenquote, „Genderwahn samt Binnensternchen“, was auch immer letzteres sein soll, dafür aber sei er ein „echter Mann“, weil er mit Frauen „auf einer Ebene“ stehe.
Lieber Heidi, ganz unter uns: Das ist doch Quark. Wenn du mit uns auf einer Ebene stehen willst, dann müssen wir dich erst mal auf diese rauflassen. Hö hö. Im Ernst jetzt: Wie sollen wir denn auf diese Ebene kommen, wenn nicht mit Frauenquote? Die obere Riege ist nun mal ein Boys‘ Club, da ändert sich von ganz alleine gar nichts. Es ist ein bisschen so, als würde Mann sagen: Ja, ihr seid natürlich alle eingeladen zu meiner Party im 20. Stock, aber bitte, der Aufzug ist nur für Männer; ihr Frauen nehmt die Treppe. Kein Wunder, wenn’s dann kaum eine nach oben schafft (und auf der Party dann relativ unentspannt ist).
Wir brauchen den Aufzug namens Frauenquote zumindest übergangsweise, bis ihr euch die Fete ohne uns gar nicht mehr vorstellen könnt, bis ihr gemerkt habt, welchen Mehrwert wir beitragen, bis ihr uns vermisst, wenn wir mal nicht da sind, bis Fotos von Vorständen und politischen Gremien nicht mehr selbstverständlich sondern befremdlich auf uns wirken, wenn sie nur die üblichen Anzugsträger abbilden.
Wir brauchen den Aufzug namens Frauenquote zumindest übergangsweise.
Klar besteht die Gefahr, dass dann auch Mädels auftauchen, die ihr vielleicht lieber nicht eingeladen hättet, aber haben wir etwa immer und überall nur superkompetente Männer am Drücker oder ist da nicht auch hin und wieder die totale Nullnummer am Start? Wenn wir männliche Flaschen verkraften, verkraften wir auch weibliche, und mit der Zeit werden die einen wie die anderen sowieso aussortiert.
Nun machen wir es uns aber leider zu leicht, wenn wir sagen, wir dürfen nur nicht, weil die bösen Männer uns nicht mitspielen lassen wollen. Die Realität sieht eben auch so aus, dass viele Frauen gar nicht Karriere machen können oder wollen. Zum einen, weil sie dermaßen mit Haushalt und Care-Arbeit beschäftigt sind, die leider nach wie vor als Frauenaufgabe gelten. Zum anderen, weil wir Frauen summa summarum oft verdammenswert zögerliche Geschöpfe sind.
In der kürzlich ausgestrahlten ORF-Serie „M-Eine Stadt sucht einen Mörder“ meinte der ambitionierte Innenminister zu seiner Geliebten, mehr Selbstbewusstsein zu haben sei wohl das Einzige, was Frauen von Männern lernen könnten. Tja, wahrere Worte wurden nie gesprochen. Während Männer beruflich die Gelegenheit beim Schopf packen, fragen wir Frauen uns so lang, ob wir überhaupt gut genug dafür sind, bis die Chance vorbei ist, und wir erleichtert darüber sind, weil wir’s ja eh nicht gekonnt hätten.
Befreien wir uns doch bitte endlich vom Irrglauben und vom unglaublichen Druck, wir müssten immer alles besser machen, besser können, ja die besseren Menschen sein als die Männer. Frauen, macht Fehler, gebt euch Blöße, steckt die Kritik ein und macht dann weiter. Mann überlebt’s. Frau auch.
An diesem Punkt setzte am 8. März
Maria Rieder vom Team Köllensperger an, als sie die Losung ausgab: „Frauen, lernt einander groß und schön zu machen.“ Was von den Freiheitlichen prompt missverstanden wurde. Man unterstelle den Frauen damit ja, sie seien von Natur aus klein und hässlich und fördere somit den Schönheits- und Magerwahn, so
Ulli Mair in einer
unsäglichen Stellungnahme. Manchmal frage ich mich ja, ob in dieser Partei Penisringe wirklich von Nöten waren, nachdem das Blut ohnehin nicht allzu oft in den fürs Denken zuständigen Hirnregionen zirkulieren zu scheint. (Sie sehen, Frauen können auch genauso gut wie Männer schlechte Witze unter der Gürtellinie machen. Ich kann es nur empfehlen, es ist sehr befreiend.)
Manchmal frage ich mich ja, ob bei den Freiheitlichen Penisringe wirklich von Nöten waren, nachdem das Blut ohnehin nicht allzu oft in den fürs Denken zuständigen Hirnregionen zirkulieren zu scheint.
Jedenfalls liegt genau hier die Lösung (nein, nicht in den schweinischen Witzen): Wir Frauen müssen uns gegenseitig bestärken und unterstützen. Uns gegenseitig nach oben ziehen, anstatt nach unten zu treten, weil „man selbst es ja auch nicht leicht hatte“ (genau so schon gehört). Netzwerken, so wie es die Männer eben auch tun, und damit Erfolg haben. Wie gesagt, wir sind die Hälfte: Wer weiß, was alles möglich ist, wenn wir zusammenhalten.
Deshalb Männer, spart euch diese Mimosen, die unblumigsten aller Blumen, am 8. März. Sie sind unscheinbar, hässlich, anspruchslos, und duften sie überhaupt? So wollen wir nicht sein. Ab in die Tonne damit. Wir Frauen sollten an diesem Tag einander beschenken, mit Rosen und Lilien, groß, laut und prächtig, als Erinnerung daran, was Wunderbares in uns steckt. Und endlich raus will.