Politik | Wahlwerbung

Ebners Foul

Nachdem Athesia laut Gesetz die Wahlwerbung von Renate Holzeisen nicht ablehnen konnte, hat Toni Ebner zu einem Trick gegriffen, der für den Verlag teuer werden könnte.
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Foto: Renate Holzeisen
Renate Holzeisen ist kategorisch. „Wir werden eine Eingabe beim Kommunikationsbeirat des Landes machen und notfalls durch alle Instanzen gehen“, sagt die EU-Kandidatin des Team Köllensperger, die auf Emma Boninons Liste „+Europa“ antritt. 
Das Ziel der Eingabe ist Südtirols mächtigster Verlag: Die Athesia AG. Der Anlass dafür kann am Freitag in der Tageszeitung „Dolomiten“ bewundert werden. Auf Seite 5 ist ein ganzseitiges bezahltes Werbeinserat der Südtiroler Kandidatin Renate Holzeisen für die anstehenden Europawahlen zu sehen.
In dem Inserat findet sich ein provokanter Spruch: „Sie bekommen es sonst in dieser Zeitung nicht zu lesen, aber ich kandidiere am 26. Mai für das Team Köllensperger auf der Liste +Europa“.
Nach der aktuellen Preisliste für Wahlwerbung kostet das Inserat knapp 10.000 Euro, die nach Athesia-Vorgaben vorab an den Verlag überweisen werden müssen.
Trotz dieser lukrativen Einnahme hat es sich Dolomiten-Chefredakteur und Athesia-Besitzer Toni Ebner nicht nehmen lassen, links neben dem Inserat auf Seite 4 eine „Richtigstellung“ zu publizieren.
Es ist ein grobes Foul und ein eindeutiger Verstoß gegen die gesetzlichen Bestimmungen zur Wahlwerbung. Und genau darauf stehen hohe Geldstrafen.
 

Persona non grata

 
Renate Holzeisen ist seit eineinhalb Jahrzehnten in der „Athesia“-Holding eine persona non grata. Die Wirtschaftsberaterin hatte vorher jahrelang indirekt für den Ebner-Verlag gearbeitet. Holzeisen ist Partnerin im Studio des inzwischen verstorbenen historischen Athesia-Beraters Rudi Rimbl. Rimbl war maßgeblich daran beteiligt den verstaubten Kirchenverlag zu einer modernen Holding umzubauen.
 
 
Rudi Rimbl war lange Zeit auch einer der größten Gesellschafter des Athesia-Verlages. Um die Jahrtausendwende überwarf sich Rimbl aber mit Michl und Toni Ebner. Der Grund: Die sehr offensiv geführte Übernahme der Mehrheit durch die Familie Ebner. Es folgte ein juridischer und wirtschaftlicher Kampf. Renate Holzeisen vertrat dabei als Anwältin und Wirtschaftsberaterin mehrere Aktionäre. Der Streit kostete die Familie Ebner und den Verlag am Ende sehr viel Geld. Nach der Umwandlung der GmbH in eine Aktiengesellschaft musste die austretenden Aktionäre – unter ihnen Rudi Rimbl – weit höher ausgezahlt werden als ursprünglich geplant war. Nach Insidern kostet der Konflikt die Athesia bzw. die Familie Ebner rund 10 Millionen Euro.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass Renate Holzeisen am Weinbergweg alles andere als geliebt wird. Das zeigt sich auch daran, dass das oppositionelle politische Engagement der streitbaren Anwältin in den Dolomiten möglichst totgeschwiegen wird.
 

Die Provokation

 
Bevor Renate Holzeisen das Inserat mit dem provokanten Text zusammenstellte, ließ sie von einer Agentur die Berichterstattung der „Dolomiten“ zu den EU-Wahlen auswerten.
Das Ergebnis: Vom 22. März 2019 bis zum 20. Mai 2019 kam Herbert Dorfmann 35 Mal in Wort und Bild in den Dolomiten vor. Renate Holzeisen genau drei Mal. Im vergangenen Monat war das Verhältnis 1 zu 22 für Dorfmann.
Ende vergangene Woche bestellte Holzeisen dann das Dolomiten-Inserat mit dem provokanten Text. Anfänglich war das Ganze kein Problem, aber als das Inserat bereits bezahlt war, hieß es plötzlich: Die Werbung müsse in der Chefredaktion erst geprüft werden.
Im vergangenem Monate kam Herbert Dorfmann 22 Mal in den Dolomiten vor. Renate Holzmann genau einmal. 
In normalen Zeitungsverlagen ein absolut unüblicher Vorgang. Denn laut geltendem Gesetz kann jede Zeitung zwar auf Wahlwerbung verzichten, entscheidet sie sich aber bezahlte Werbung abzudrucken, müssen für alle Parteien und Kandidaten genau dieselben Spielregeln gelten. Das Medienunternehmen kann weder Werbung ablehnen, noch in den Inhalt der Inserate eingreifen.
Trotzdem erklärte die Werbeabteilung der Athesia plötzlich, dass das Inserat so nicht abgedruckt werden können. Man meldete inhaltliche Bedenken an. Das ist keine Neuheit im Hause Athesia. Im Landtagswahlkampf 2018 hat man ähnliches mit einer großflächigen Werbung von Landeshauptmann Arno Kompatscher gemacht. Er musste sein Inserat abändern und drei Programmpunkte hineinschreiben.
 
 
Renate Holzeisen beugte sich nicht. Sie ersuchte die Athesia-Werbeabteilung ihr die Rechtsbestimmungen zu übermitteln, die das besagen, was der Verlag beanstandet. Das konnte man nicht.
Deshalb vermeldet die Werbeabteilung vor zwei Tagen nach einigem Hin und Her, dass das Inserat genauso abgedruckt werde, wie anfänglich bestellt.
 

Tonis Trick

 
Im Weinbergweg klügelte man indes eine andere Gegenstrategie aus.
Am Dienstag erschien in den „Dolomiten“ plötzlich eine kleine Randnotiz über Renate Holzeisens Wahlkampf. Einen Tag später dann ein weiterer Artikel. Diesmal sogar mit Foto.
Es war die Grundlage für die „Richtigstellung“, die dann am Freitag neben dem Holzeisen-Inserat erschienen ist.
Toni Ebner schreibt dort oder lässt dort schreiben (Der Artikel ist nicht signiert):
 
„Dieser Hinweis entspricht nicht der Realität. Die Dolomiten haben in sechs Artikeln (4 davon mit Bild) berichtet, dass Renate Holzeisen im Mai 2019 für das EU-Parlament kandidiert. Zudem konnte man in den Dolomiten bereits im Vorfeld der Kandidatenkür nachlesen, dass Renate Holzeisen für das Team Köllensperger ins Rennen gehen könnte“.
 
 
Es ist ein Taschenspielertrick, der an Scheinheiligkeit wohl kaum zu überbieten ist.
 

Die Eingabe

 
Es ist ein absurder Fall, mit dem sich nach den EU-Wahlen der Landesbeirat für das Kommunikationswesen und mit großer Wahrscheinlichkeit auch die römische  „Autorità per le garanzie nelle comunicazioni“ (AGCOM) befassen wird müssen.
Dabei werden Roland Turk & Co die Grundsatzfrage zu klären haben: Können Zeitungen „Richtigstellungen“ zu bezahlten Wahlwerbungen machen, die in ihren Blatt erscheinen?
Geht das durch, kann man die par condicio gleich abschaffen.
Ansonsten aber wird man die Dolomiten – wie vom Gesetz vorgesehen – mit Sanktionen belegen müssen.
Ob man sich das in Südtirol aber getraut, steht auf einem anderen Blatt Papier.
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Profil für Benutzer Armin Rauch
Armin Rauch Fr., 24.05.2019 - 14:04

Ich habe mich schon gewundert, dass gestern in den Dolomiten ein kurzer Artikel über Frau Holzeisen abgedruckt wurde.
Jetzt wird einiges klar.

Fr., 24.05.2019 - 14:04 Permalink
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alfred frei Fr., 24.05.2019 - 15:15

Diese kleinkarierten Sticheleien sind nichts gegen die seitenlangen Interviews in der “Dolomiten” und im “Alto Adige” mit dem jugendlichen Neueinsteiger Silvio Berlusconi, der die Wahlverbindung SVP – Forza Italia so richtig schmackhaft macht. Es fehlt nur der Fahnenerlaß der Michaela Biancofiore: “die Anbringung der italienischen Trikolore auf jedem Südtiroler Bauernhof”, dann sind wir für die Wahlurnen am Sonntag ausreichend gerüstet, oder nicht ?

Fr., 24.05.2019 - 15:15 Permalink
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G. M. Fr., 24.05.2019 - 16:56

(1) Ja. Salto ist wirklich sehr objektiv, muss auch mal gesagt werden. Und zum Glück kann Salto nicht aufgekauft werden von einem gewissen Medienmonopolisten.
(2) Sehr faire und objektives Interviews! So soll es sein...

Der LKB/AGCOM mögen die Sache bitte sehr genau prüfen...

Fr., 24.05.2019 - 16:56 Permalink
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Profil für Benutzer G. M.
G. M. Fr., 24.05.2019 - 18:24

Und bei STOL einfach mal Holzeisen und dann Dorfmann eingeben und die Artikel vom Wahlzeitraum vergleichen. Fällt euch was auf? Mir schon.

Fr., 24.05.2019 - 18:24 Permalink
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Martin Daniel Fr., 24.05.2019 - 21:19

Dieser Schuss könnte nach hinten losgehen (frei nach Straches 'jetzt erst recht!'), die Südtiroler sind - auch dank dem ach so bösem Netz - mündiger geworden und lassen sich nicht mehr so leicht einlullen. Natürlich wollen Wirtschaft & Bauern niemanden, der in Brüssel ihrem Bevollmächtigten auf die Finger schaut, diese/r könnte ja glatt Gegenaufklärung betreiben, z.B. bei der Abstimmung zum Urheberrecht oder zu Glyphosat oder dem üblichen Greenwashing durch EVPler.

Fr., 24.05.2019 - 21:19 Permalink
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Hermann Trebo Fr., 24.05.2019 - 21:31

Ich erinnere an die Reaktion der Tageszeitung Dolomiten - bezüglich des Falls Strache - und der Frage auf deren Titelseite von Chefredakteur Toni Ebner . ob ein solcher Fall auch in Südtirol möglich ist ? Und weiters an dessen Frage - ob auch unsere Politiker versuchen , Druck auf die freie Presse im Lande auszuüben ? Dazu folgende Antwort - im vorliegendem Fall wohl umgekehrt und dies laut Bericht in unkorrekter Weise !

Fr., 24.05.2019 - 21:31 Permalink
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Salto User
Günther Alois … Sa., 25.05.2019 - 07:52

So eine impertinente Frechheit gegenüber Frau Dr. Renate Holzeisen,was ihr Wahlinserat betrifft kann sich auch nur der Athesia Verlag leisten.Herr Ebner ist Ihnen jedes Mittel recht um Politikgegener zu diskriminieren mit so einer Aktion.Sie sollten sich SCHÄMEN!!!Hoffentlich hat das ein teures Nachspiel für Sie,Frau Dr.Holzeisen wird sich SICHER wehren!

Sa., 25.05.2019 - 07:52 Permalink
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△rtim post Sa., 25.05.2019 - 08:52

Stimmt. Demokratie- und minderheitenpolitisch ist es hierzulande bei dieser Wahl nicht zum Besten bestellt. Leider.
Die Eigeninteressen politischer Parteien, Vereinigungen, aber auch persönlichen Vorteile einer Kanditaten-Elite sind allemal wichtiger als die Interessen des eigenen Landes im Gebirge.
Wir haben eine SVP - Südtiroler Volkspartei , die sogar unsere Landesflagge streicht und realpolitisch anscheinend auch noch gleich ihren eigen Anspruch im Artikel 1 des eigenen Parteistatuts.
Die Opposition aus Süd-Tiroler und Die Freiheitlichen können erst gar nicht antreten, während die Liste Paul Köllensperger, unter Aufgabe eines eigenen Listenzeichens auf dem Wahlzettel, gleichzeitig medienwirksam sehr gewieft anderes vorgibt. Da soll wohl möglichst unscheinbar eine (zurecht unzufriedene) Wählerschaft mit deutsch-ladinischem Minderheitenhintergrund einer national-italienisch ausgerichteten Partei zugeführt werden. Das Verhalten und die Positon dieser Parteichchefin in der Vergangenheit gegenüber unserem Land bleiben so schön ausgeblendet.
Die Makie Messers lassen grüßen!
Ja, es ist nicht zum Besten bestellt - selbst wenn wir nicht auf das nach Bevölkerung und Größe mit uns vergleichbare Luxemburg schauen, das gleich sechs EU-Abgeordnete stellt.

Sa., 25.05.2019 - 08:52 Permalink
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Hartmuth Staffler Sa., 25.05.2019 - 15:52

Die "Dolomiten" haben sich ja umgehend bemüht, die Scharte auszuwetzen, allerdings auf gewohnt plumpe Art. Im Kurzbericht „Der Wahlkampf ist zu Ende“ (Dolomiten vom 25./26. Mai) heißt es wörtlich: „Das Team Köllensperger mit ihrer Frontfrau Renate Holzeisen …“. Hier hat man, nur um Frau Holzeisen einen Gefallen zu tun, das Bemühen um eine gendergerechte Sprache ad absurdum geführt. Das „Team Köllensperger“ ist grammatikalisch gesehen sächlich (nicht zu verwechseln mit inhaltlich sachlich!). Warum musste man es unbedingt verweiblichen? Wohl nur, um Frau Holzeisen einen Gefallen zu erweisen. Ich erwarte mir von den "Dolomiten" eine Richtigstellung dieses peinlichen Anbiederungsversuches, in dem ich eine Bevorzugung der Frau Holzeisen und damit eine Verletzung der par conditio erkenne.

Sa., 25.05.2019 - 15:52 Permalink