“Jeder darf dort demonstrieren”
Das Timing war vielleicht nicht ganz optimal und die Formulierung sehr technisch gehalten, das gibt Arno Kompatscher zu. Aber davon abgesehen ist ihm der Wirbel, der am Freitag um einen Beschluss der Landesregierung entstanden ist, “unerklärlich”.
Es geht um den Beschluss Nr. 426. Damit hat die Landesregierung am Dienstag (4. Juni) die “Regelung der Nutzung des Silvius-Magnago-Platzes” genehmigt.
Am Freitag Morgen lanciert RAI Südtirol dann die Nachricht: “Landesregierung verhängt Demonstrationsverbot”. Diverse Online-Portale ziehen nach. “Demonstrationsverbot am Silvius-Magnago-Platz”.
Die Opposition greift die Meldungen auf. Die Grünen attackieren die Landesregierung, die Südtiroler Freiheit geht auf die SVP los und fordert gar den Rücktritt des Landeshauptmannes. Dem wird das Ganze zu bunt. Kurz vor Mittag lässt Arno Kompatscher über Twitter folgende Zeilen verbreiten: “Es gab und gibt KEIN DEMONSTRATIONSVERBOT auf dem Magnago-Platz. Das ist eine verantwortungslose Falschmeldung” – “Si tratta di un’irresponsabile FAKE NEWS”.
Von “Fake News” spricht Arno Kompatscher auch, als ihn salto.bz am frühen Freitag Nachmittag um eine Stellungnahme bittet. Dass am Landhausplatz, just dort, wo in den vergangenen Monaten immer häufiger protestiert wird – diese Woche gleich zwei Mal, gegen Wolf und für Lohnerhöhungen – künftig ein Demo-Verbot herrschen soll, entspreche nicht der Wahrheit. Im Gegenteil, “geradezu eine Einladung für Demonstrationen” sei der Beschluss der Landesregierung, so der Landeshauptmann.
Wörtlich heißt es darin:
“Die Landesregierung beabsichtigt die Nutzung des Platzes von Seiten verwaltungsexterner Akteure und zwar Organisationen, die die Interessen der Allgemeinheit vertreten, zwecks Abhaltung von Veranstaltungen, die bezwecken gewissen Botschaften an die Institutionen zu richten, welche durch die umliegenden Landhäuser vertreten sind, zu regeln. Die Landesregierung beabsichtigt hingegen jenen Antragstellern, die lediglich den eigenen Mitgliedern oder Sympathisanten gerichtete Veranstaltungen abzuhalten beabsichtigen, die Nutzung des Platzes nicht zu erlauben. Demnach sind die besagten Veranstaltungen nur an Werktagen (Montag bis Freitag) abzuhalten. Aus demselben Grund werden an gesetzlichen Feiertagen ebenso keine Veranstaltungen ermächtigt.”
Politische Botschaften willkommen
Vom Sprachlichen her schmerzen diese Zeilen in Augen und Ohren. Daraus aber abzulesen, dass am Magnagoplatz künftig keine Demonstrationen mehr veranstaltet werden dürfen – oder nur mehr solche, die den Regierenden genehm sind –, ist gewagt.
Der Beschluss sei keine Reaktion auf die jüngsten Proteste, sondern habe sich schon länger in Ausarbeitung befunden, sagt Kompatscher. Er und seine Mitarbeiter erklären – und übersetzen – die Entscheidung folgendermaßen: “Im Generalsekretariat des Landes, das den Magnago-Platz verwahrt, gehen immer wieder x Anfragen ein, um Veranstaltungen dort abzuhalten: eine Oldtimerrallye, den Weihnachtsmarkt, ein Kinderfest usw. Bisher gab es keine Regelung, welche Nutzung zulässig ist und welche nicht – wir befanden uns in einer Grauzone. Der Beschluss hat nun die Grundlage für künftige Veranstaltungen geschafft. Es soll ausgeschlossen werden, dass der Platz für kommerzielle oder private Zwecke genutzt wird – er soll als institutioneller Platz erhalten bleiben.”
In diesem Sinne bleibe der Magnago-Platz jenen vorbehalten, “die der Politik etwas mitteilen wollen” – “jeder darf dort demonstrieren”, stellt Arno Kompatscher klar.
Eine Bewertung, ob eine Demo zulässig ist oder nicht, werde es in keinerlei Weise geben. All jene, die die gesetzlichen Auflagen erfüllen, etwa die Voranmeldung der öffentlichen Kundgebung bei der Quästur erledigt haben, und die am Dienstag verabschiedete Nutzungsordnung eingereicht haben, erhalten die Genehmigung vom Land.
Frage: warum hat man nicht
Frage: warum hat man nicht einfach festgelegt, dass der Platz nicht für kommerzielle Zwecke verwendet werden darf?
Die im Beschluss angeführten Gründe, wann eine Veranstaltung genehmigt wird und wann nicht, sind derart schwammig, dass die Landesregierung a) schlechte Juristen beschäftigt (was ich eben nicht glaube), oder b) einen s.g. "Hebel" haben möchte, um unliebsame Kundgebungen zu verhindern.
Antwort auf Frage: warum hat man nicht von Felix von Wohlgemuth
Genau, so interpretiere ich
Genau, so interpretiere ich das auch.
Ich glaube dem Kompatscher überhaupt nichts mehr. Meines Erachtens zeigt er immer mehr sein wahres - schwammiges, unverbindliches - Gesicht und bagatellisiert alles für ihn Unangenehme mit einem mehrdeutigen Lächeln.
Antwort auf Frage: warum hat man nicht von Felix von Wohlgemuth
Felix, weil ein "Kinderfest"
Felix, weil ein "Kinderfest" beispielsweise keine kommerzielle Veranstaltung ist.
Das ist nicht schwammig
Das ist nicht schwammig formuliert, das ist auch kein Bürokratendeutsch, das ist ganz einfach und gelinde gesagt, KEIN deutsch. Vom Sprachlichen her sind die Zeilen (wieder einmal) zum Schämen.
Antwort auf Das ist nicht schwammig von G. P.
Ich finde die Sprache OK,
Ich finde die Sprache OK, grammatikalisch einwandfrei.
Natürlich ist es kein Twitterdeutsch, auch kein Pressedeutsch.
Aber ein Deutsch, dessen ein Satz über mehrere Zeilen geht und auch mal 2 Nebensätze beinhaltet, war zu meiner Schulzeit noch völlig normal.
Antwort auf Ich finde die Sprache OK, von Peter Gasser
Und wenn andere, z. B.
Und wenn andere, z. B. Redakteure, Journalisten, die meistens entweder Sprachen oder Kommunikationswissenschaften studiert haben, das nicht verstehen, dann ist das ihr Problem.
Remümee: Hauptsache es ist sprachlich korrekt, ob es verstanden wird ist Nebensache. Irgend ein Höchstgericht wird nach Jahren schon festlegen, wie es zu verstehen ist. Oder?
Antwort auf Und wenn andere, z. B. von Sepp.Bacher
Verzeihung, aber wenn
Verzeihung, aber wenn Journalisten eines öffentlich-rechtlichen Fernsehens das nicht verstehen, dann ist das nicht ihr Problem. Dann haben wir ein Problem und das ist, dass wir mit unseren Steuergeldern Leute fürstlich bezahlen, die ihrer Aufgabe nicht gewachsen sind.
Antwort auf Verzeihung, aber wenn von Daniele Menestrina
Vielleicht habe ich mich
Vielleicht habe ich mich nicht deutlich ausgedrückt (ein falsches Satzzeichen gesetzt). Aber meine Wortmeldung will ja auch darauf hinweisen, dass wenn es schon die Redakteure nicht verstehen, dass dann an der Formulierung etwas falsch sein muss! Ich weiß, Juristensprache hat noch einmal andere Regeln. Ich finde es aber problematisch, etwas so zu formulieren, dass jeder etwas anderes herauslesen kann! Also der letzte Satz von Ihnen bezieht sich auf die, welche solche Texte verfassen und die, welche solche Beschlüsse fassen: der LH und die LR?
Antwort auf Vielleicht habe ich mich von Sepp.Bacher
Der Wortlaut ist ein sehr
Der Wortlaut ist ein sehr gutes Beispiel dafür, dass der Empfänger die Botschaft macht, nicht der "Sender" und dass eben viele Sender betriebsblind sind und sich nicht in der Lage des Empfängers versetzen (weil sie ja wissen, was sie vermitteln wollen).
Der Satz ist sicherlich verbesserungswürdig, aber der Inhalt ist schon klar verständlich, aber eben nur, wenn man, in typischer Wutbürgermanier, nicht gleich aufbraust und an der Oberfläche bleibt. Der Schaum, den manche dauernd vor dem Mund haben, trübt offensichtlich auch den Blick. Kein Wunder, dass Populisten leichtes Spiel haben.
Antwort auf Ich finde die Sprache OK, von Peter Gasser
"zwecks Abhaltung von
"zwecks Abhaltung von Veranstaltungen, die bezwecken gewissen Botschaften an die Institutionen zu richten,"
Hmm, das soll okay und grammatikalisch einwandfrei sein?
“Die Landesregierung
“Die Landesregierung beabsichtigt die Nutzung des Platzes von Seiten verwaltungsexterner Akteure ... zu regeln”
... alles klar.
.
“und zwar Organisationen, die die Interessen der Allgemeinheit vertreten, ...”
... alles klar.
.
“zwecks Abhaltung von Veranstaltungen, die bezwecken, gewissE (hier scheint in der Tat ein Grammatikfehler zu sein) Botschaften an die Institutionen zu richten, welche durch die umliegenden Landhäuser vertreten sind...”
... alles klar.
.
“Die Landesregierung beabsichtigt hingegen jenen Antragstellern, die lediglich den eigenen Mitgliedern oder Sympathisanten gerichtete Veranstaltungen abzuhalten beabsichtigen, die Nutzung des Platzes nicht erlauben.”
... alles klar (ok, das “beabsichtigen” hätte man früher hinter “lediglich” angeordnet);
.
“Demnach sind die besagten Veranstaltungen nur an Werktagen (Montag bis Freitag) abzuhalten. Aus demselben Grund werden an gesetzlichen Feiertagen ebenso keine Veranstaltungen ermächtigt.”
... alles klar.
.
Ich konnte nachmals nichts Unverständliches oder Unklares finden...
Antwort auf “Die Landesregierung von Peter Gasser
“und zwar Organisationen, die
“und zwar Organisationen, die die Interessen der Allgemeinheit vertreten, ...”
Vertritt der Bauernbund die Interessen der Allgemeinheit oder die der Bauern?
Antwort auf “und zwar Organisationen, die von Franz Linter
die Bauern sind Teil der
die Bauern sind Teil der “Allgemeinheit”.
Antwort auf die Bauern sind Teil der von Peter Gasser
Alle sind Teil der
Alle sind Teil der Allgemeinheit, das kann kein Kriterium sein. Keine Organsiation vertritt Interessen von allen.
So betrachtet kann die Regelung doch zum Fernhalten unbequemer Kundgebungen eingesetzt werden.
Antwort auf Alle sind Teil der von Franz Linter
Sehe ich auch so. Alle
@Franz Linter
Sehe ich auch so.
Antwort auf Alle sind Teil der von Franz Linter
Ich habe nun doch den
Ich habe nun doch den Beschuss gelesen und bin mir überhaupt nicht mehr sicher:
Im Vorausgeschickt stehen beide Intentionen der Landesregierung: (1.) Zulassen von Veranstaltungen mit Botschaften an die Institutionen, angemeldet von Organisationen, welche Interessen der Allgemeinheit vertreten. (2.) Verhindern von Veranstaltungen, die sich nur an die Mitglieder und Sympatisanten der Organisationen richten.
Klar zu erkennen: (2) ist nicht die Negation von (1) oder umgekehrt.
Im Beschluss steht nur noch die Verhinderung.
Als logisch denkender Nichtjurist (warum liege ich dabei oft falsch?):
1) Es gilt der Beschluss. Die twitter-Msg des LH ist deshalb nicht korrekt.
Aber es könnte jede Organisation, welche dort eine Veranstaltung abhalten will, das Thema so setzen, dass sie über die Mitglieder und Sympatisanten hinaus weitere Personen ansprechen. Beispiel: der Bauernbund könnte für die Bozener Bevölkerung (deutlich mehr als Mitglieder und Sympatisanten) eine Info-Veranstaltung beantragen (ohne Botschaft an die Institutionen oder Prüfung, ob die Organisation Interessen der Allgemeinheit vertitt) und dabei Mitglieder werben. So ähnlich wurde ein künftig nicht zugelassener Antrag in den Medien beschrieben.
2) Es ist m.E. völlig unklar, welche juristische Konsequenzen das Formulieren der 1. Intention unter dem Vorausgeschickt und dem Weglassen derselben im Beschluss bedeuten. Vielleicht gibt es keine Organisation, welche die Interessen der Allgemeinheit vertritt? Deshalb finde ich die twitter-Nachricht doppelt interessant, weil von einem direkt beteiligten Juristen gesendet.
So gibt es ein Verbot an Wochenenden und Feiertagen und die Beantragung ist formalisiert. Der wichtigste und schwierigste Teil ist m.E. nicht gelöst oder will man offen halten, um von Fall zu Fall entscheiden zu können. Das hätte man einfacher haben können.
So wie das formuliert ist,
So wie das formuliert ist, dürfte z.B. der Bischof am Magnago Platz keine Messe zelebrieren, denn die richtet sich ja "nur" an die Gemeinschaft der Gläubigen und teilt den Leuten in den Landhäusern keine Botschaft mit.
Antwort auf So wie das formuliert ist, von Mensch Ärgerdi…
Gilt im Zweifelsfall die
Gilt im Zweifelsfall die italienische Version? ;-)
Antwort auf Gilt im Zweifelsfall die von Martin Aufderklamm
Selbstverständlich. Ist und
Selbstverständlich. Ist und war immer so.
Antwort auf Gilt im Zweifelsfall die von Martin Aufderklamm
Da in den italienischen
Da in den italienischen Messe meist das Glaubensbekenntnis fehlt, könnte man da vielleicht eine Ausnahme machen... mal sehen was der Luis... pardon, der Arno dazu sagt
Da gilt es nun wohl rasch den
Da gilt es nun wohl rasch den Beschluss der Landesregierung Nr. 426 vom 04.06.2019 handwerklich nachzubessern. Wieso eigentlich nicht gemeinsam mit dem Landtag, und zwar in einer bürgernahen Sprache? Denn, ob mit Absicht oder nicht, ist der missverständliche Beschluss so selbst für Experten unklar und auch allgemein kaum nachvollziehbar. Vor allem ist er aber willkürlich interpretierbar und handhabbar. Demokratie- und rechtspolitisch ist das mehr als fragwürdig. Da helfen selbst die Versuche der Schadensbegrenzung durch die landeseigene Selbstvermarktung, dies nun öffentlichkeitswirksam ausblenden zu wollen, wenig. Insbesondere, wenn man es mit vernunftbegabten und selbst denkende Bürgern zu tun hat. Ein LH im Süden Tirols sollte das noch wissen.
Kompatscher:billige
Kompatscher:billige Schadensbegrenzung?????