Jetzt aber rollt ein neue Welle von Ausschlüssen, bei denen es um grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten geht und die Mehrheit im Senat auf dem Spiel steht. Auch vier Regierungsmitglieder sind davon bedroht: die Staatssekretäre Michele Dell'Orco, Salvatore Micillo, Alessandra Pesce und Davide Crippa. Luigi Di Maio versucht, traumatische Entscheidungen zu vermeiden – auch weil am Montag mit einer zehnköpfigen Parteileitung ein neues, internes Organisationsmodell eingeführt werden soll.
Die jüngsten Opfer interner Säuberungen sind die zwei Abgeordneten Gloria Vizzini und Veronica Giannone. Beide erheben massive Vorwürfe. Giannone: "Sono stato cacciata senza telefonata, mail o sms. Ho pianto molto, è stata la cosa più brutta che potesse capitarmi." Gloria Vizzini spricht von "modalità disumane, ciniche e vergognose - sa molto di tribunale giacobino di quattro soldi." Als Reaktion auf den Rausschmiss der beiden hat der Abgeordnete Davide Galantino seinen Wechsel zur gemischten Fraktion angekündigt. Auch der Ausschluss der sardischen Senatorin Paola Nugnes hat zu lebhaften Protesten geführt. Die linke Fünf-Sterne-Vertreterin hatte ebenfalls ihren Übertritt zur gemischten Fraktion angekündigt. Diesmal kam der Widerstand von höchster Stelle. Kammerpräsident Roberto Fico: "Lei sarà sempre Movimento, perché il Movimento è un sentire e niente può cancellare 12 anni di lavoro, progetti e coraggio vissuti insieme."
An weitere Dissidenten richtet das Führungsgremium eine deutliche Warnung: " Nessuno è al di sopra delle regole e chi le viola sarà sanzionato in proporzione alla gravità." Doch die Austritte haben dazu geführt, dass die Regierungsmehrheit im Senat auf wenige Stimmen geschmolzen ist.
Freilich beschränkt sich der Konflikt in der Bewegung keineswegs aufs Parlament. Die römische Bürgermeisterin Virginia Raggi in Anspielung an den jüngsten Müllskandal in der Hauptstadt: "Con il Movimento ho chiuso". Am Kapitol ist das Klima in der M5S-Fraktion längst vergiftet. Mit dem Vizepräsidenten des Gemeinderates, Enrico Stefano, verlässt ein Vertrauensmann der Bürgermeisterin und einer der dienstältesten Vertreter der Bewegung die M5S-Fraktion. Stefano war Nachfolger des wegen Korruption verhafteten Präsidenten Marcello De Vito. Dieser hat trotz Festnahme sein Mandat nicht niedergelegt und damit heftige Polemiken ausgelöst. Auch die Turiner Bürgermeisterin Chiara Appendino denkt nach der TAV-Entscheidung und der verlorenen Regionalwahl an Rücktritt.
In der Kammer hat der Antrag Luigi Di Maios, die Rettungsschiffe der Hilfsorganisationen zu beschlagnahmen, zu neuem Widerstand im linken Flügel geführt. Besonders die bevorstehende Abstimmung über Salvinis decreto sicurezza 2 erhitzt die Gemüter. "Non si tratta di essere duri e puri, ma di difendere i nostri valori, di non svenderli", versichern Doriana Sarai und Gilda Sportiello. Und der junge süditalienische Abgeordnete Giuseppe Brescia verweist auf unterschiedlichen Seelen der Bewegung:" Bisogna continuare a far convivere queste diversità senza soffocare nessuna di essa." Eine schwierige Gratwanderung. Denn der nächste Streit bahnt sich schon an .
Das leidige Thema Autonomie entzweit nicht nur rechts und links, sondern auch Nord und Süd und wird immer mehr zum riskanten Stolperstein .
Der orthodoxe Parlamentarier Luigi Gallo: "L'autonomia voluta da Lombardia, Veneto ed Emilia intende chiuderci in una gabbia di disuguaglianze". Die Ministerin für den Süden, Barbara Lezzi: "E' logorante. Vogliono sfinirci."
Trotz massiver Divergenzen kann die Bewegung nun zumindest in einem Punkt vorläufig aufatmen. Denn am 20.Juli erlischt der letztmögliche Termin, das Parlament für Neuwahlen im September aufzulösen. Lega-Chef Salvini wird sich damit gedulden müssen. Das dürfte ihn kaum stören, denn die Cinque Stelle ebnen ihm nach den jüngsten Niederlagen mit ihren Dauerkonflikten schon jetzt den Weg zum nächsten Wahlsieg.