Welterbe Prosecco
So wie ich einen Teller Speckknödel einem mit seltsamen Dingen belegten Hamburger von McDonald’s vorziehe, so trinke ich lieber einen guten Lagrein Dunkel statt einen Prosecco di Conigliano. Es ist eine Frage des persönlichen Geschmacks, und der Prosecco gehört nun mal nicht zu meinen Lieblingsweinen. Ich mag seinen Geschmack nicht, und ich mag künstlich aufbereitete Weine allgemein nicht. Ich mag auch die industrielle Monokultur nicht und dass sich dort keiner um Artenvielfalt schert. Ich mag keine Massenproduktion, die Grund und Boden verschlingt. Eine schöne Landschaft mit Bäumen und Hecken, eine gute Verwaltung ihres Grundes scheint den Prosecchianern auch nicht wichtig. Dazu kommen dann noch die Schäden durch Pflanzenschutzmittel und andere giftige chemische Substanzen, die in dem längst unfruchtbar gewordenen Boden die Produktion erhöhen sollen – und Bingo!
Die Prosecco-Produktion ist heute ein 2,3-Milliarden-Euro-Geschäft (laut der italienischen Nachrichtenagentur ANSA, Dezember 2018), das auf 7549 Hektar Boden stattfindet (im Vergleich zu 7195 Hektar im Jahr 2015) und über 3000 Winzer umfasst. Die Leute im Veneto, und klarerweise nicht nur sie, verlieren ihre Autonomie im Lebensmittelbereich, wenn sie ihr eigenes Land auf diese Weise verkaufen und verschandeln. Natürlich gibt es auch beim Prosecco großartige Produzenten, die natürliche, reine, wunderbare Weine herstellen, welche große Anerkennung verdienen. Doch die Geschichte wiederholt sich, und vielen Akteuren in diesem Bereich erscheint es gänzlich unwichtig, Produktionsgrenzen zu setzen. Nihil sub sole novi, nichts Neues unter der Sonne. Sowas passiert dauernd und überall, wo ist die Nachricht?
Hier ist die Nachricht: Seit ein paar Wochen zählen die Weinberge des Prosecco von Conegliano und Valdobbiadene zum Welterbe der Menschheit. „Weltweit einzigartige Orte, zu denen der Mensch einen entscheidenden Beitrag geleistet hat.“ Wie banal! Klar, dass die Hügel schön sind und einzigartig, so wie auch die Dolomiten einzigartig sind und der Kalterersee. Aber da ich gegen jegliches invasive Eingreifen des Menschen bin, wie es etwa zur Apfel-Monokultur im Vinschgau geführt hat, zum Tourismus, zu den Horden ungarischer Schweine, die zu „Südtiroler Speck“ verarbeitet werden, weiß ich auch, dass es in Valdobbiadene an Problemen nicht mangelt. Sie reichen von Pestiziden bis hin zu Bodenerosion. Und langsam bekomme ich ein echtes Problem mit der Unesco. Bei uns in den Dolomiten hat die Erklärung zum Unesco-Welterbe dazu geführt, dass der Verkehr zugenommen hat und die Hotspots jetzt völlig überfüllt sind mit Super-Kurzzeit-Touristen.
Im Veneto haben die „Herren der Weinberg“ gewonnen, jene breit aufgestellte, politische und ökonomische Front, die um jeden Preis diese Unesco-Anerkennung wollte. Ein Sieg für wenige, der sich in eine Niederlage für die gesamte Region und ihre Bevölkerung zu verwandeln droht, und das nur, um eine industrielle Weinproduktion zu einem Welterbe hochzustilisieren. Zum Schaden all jener, die wirklich guten Wein machen. Mit Ernsthaftigkeit, Hingabe und großem Einsatz.
Arme Menschheit! Die Ursprungsbezeichnung „DOC“ feiert 2019 ihr 50jähriges Jubiläum, aber ich finde nicht, dass es gerade besonders viel zu feiern gibt.
Bravo!
Bravo!
Mit vollen (Hosen)
Mit vollen (Hosen) Weinkellern lässt sich leicht stinken. Ich freu mich immer mit, wenn es Anderen gut geht und Selbige erfolgreich sind. Was den Umgang mit der Natur anbelangt, sollten wir vor der eigenen Tür nachsehen.
also an stallblindheit
also an stallblindheit mangelt es herrn costa mit sicherheit nicht.
1*tourismus - und aus die selbstreflektion!