Seit Wochen hatte Matteo Salvini bei seinen grosspurigen Strandauftritten das Bild einer an seinen Reformen genesenden Halbinsel gezeichnet, hatte der EU zum wiederholten Male die Rute ins Fester gestellt und die flat tax als Allheilmittel gepriesen. Nur mit einem hatte er nicht gerechnet: dass er sich unvermittelt ohne Koalitionspartner wiederfinden könnte - und ohne Mehrheit im Parlament. Ausgerechnet zu Ferragosto, wo die Politik ruht und Millionen Italiener in ihrem gewohnten Feriendomizil verweilen, genügte ein einzige Abstimmung im Senat, um dem Lega-Chef das Heiligste seiner Güter zu rauben - die Macht. Was die Lage wesentlich verschlimmert: dass an die Stelle seiner Lega nun der verhasste Partito Democratico tritt - unter der Regie des noch verhassteren Ex-Premiers Matteo Renzi.
Damit nicht genug: Premier Giuseppe Conte rechnet im Fall Open arms in einem offenen Brief hart mit dem Innenminister ab: "E`l'ennesimo e inaccettabile esempio di sleale collaborazione". Der Regierungschef äussert Verärgerung über die "continui strappi istituzionali" seines Ministerkollegen. Es ist anzunehmen, dass Conte seine Vorwürfe in wenigen Tagen im Senat weiter präzisieren wird. Auch Vizeminister Luigi di Maio äussert herbe Kritik über Salvinis Stil - "anche se il governo é ormai agli sgoccioli". Der Fünf-Sterne-Chef versichert dem Premier Loyalität: " Saremo al fianco di Giuseppe Conte per sostenerlo contro la sfiducia della Lega."
Auch innerhalb der Lega regt sich Kritik. Staatssekretär Giancarlo Giorgetti, ein enger Vertrauter des Innenministers: "Salvini ha sbgliato i tempi. Non doveva aprire la crisi ora".
Am Freitag startete der Lega-Chef plötzlich einen Versöhnungsversuch und schlug einen "maxi rimpasto" vor, eine Regierungsumbildung: "Ci vogliono ministri del sí". Der Misstrauensantrag gegen Conte bleibe aufrecht.
Chaotischer kann man Politik kaum betreiben. Doch Salvini ordnet alles seinem mächtigen Ego unter. Ob er in den kommenden Tagen denselben Zulauf erwarten kann, wenn er seinen übergewichtigen Körper in die Badehose zwängt, bleibt abzuwarten. Auch wenn er von sich selbst das übliche, geschönte Bild zeichnet: "Sono la persona più paziente del mondo."
Freilich ist nach der Wahl im Senat nichts mehr wie zuvor. Das zeigte sich am Ferragosto-Tag bei der Gedenkfeier für die Opfer der Brückeneinsturzes in Genua. Dort würdigten sich die beiden Vizepremiers Di Maio und Salvini keines Blicks.
Freilich ist nach der Wahl im Senat nichts mehr wie zuvor. Das zeigte sich am Ferragosto-Tag bei der Gedenkfeier für die Opfer der Brückeneinsturzes in Genua. Dort würdigten sich die beiden Vizepremiers Di Maio und Salvini keines Blicks. Die Verhandlungen zwischen dem Partito Democratico und den Fünf Sternen haben bereits begonnen. Das Ziel: un governo di legislatura.Für den PD führen sie Dario Franceschini. Andrea Orlando und Graziano Del Rio, für den M5S die beiden Fraktionssprecher Francesco D'Uva und Stefano Patuanelli.
Doch ein Desaster kommt selten allein: Im Fall open arms stellte sich das Verwaltungsgericht Latiums auf die Seite Contes und gestattete einem Teil der Migranten, das Schiff zu verlassen. Und die von Salvini gehasste Verteidigungsministerin Trenta entsandte zwei Marineschiffe nach Lampedusa, um sie aufzunehmen. Fazit: un ferragosto rovinato.