Politik | Kommentar

Wir unter der Wahrnehmungsgrenze

Toni Ebner alias „krah“ hat am Samstag Landeshauptmann Arno Kompatscher zusammengeputzt wie einen Schulbuben. Was Ebners Zeitungen nicht schreiben, darf nicht sein.
Krähe
Foto: upi
„krah“ ist der Deckname, unter den der Dolomiten-Chef schlüpft, wenn er frech wird. Darunter hat er Samstag Landeshauptmann Kompatscher zusammengeputzt, wie wahrscheinlich kein Landeshauptmann in der Geschichte dieses Landes und seiner Zeitung es je geworden ist. Ein Sommerloch-Stopfer ist er, mehr nicht. Im Unterschied zu seinen Vorgängern Magnago und Durnwalder, die „eine politische Rolle und politisches Gewicht“ hatten, ist an Kompatscher „ein Defizit seiner Funktion zu orten“. „Die Kunst des Machbaren“, was die Kunst der Politik sei, beherrscht er nicht. „Wegen seiner Empfindlichkeit setzt er Land und Leute Gefahren aus“, was nichts anderes bedeutet, als dass er sich gegen die erste Pflicht eines Landeshauptmannes und eigentlich eines jeden Politikers versündigt, nämlich Schaden von Land und Volk fern zu halten. So lautet die Amtseidesformel. 
 
Doch was sind schon Land und Volk? Mit Schaum vor dem Mund macht Ebner der Krah zusammen mit dem Landeshauptmann gleich das ganze Land nieder: Den „Governatore“ (ja, so!) der zweitkleinsten autonomen Regional- bzw. Territoraleinheit Italiens“ heißt er ihn. Um zu sagen: ein Wicht, eine Nullität, ein Governatore von gar nix ist unser Landeshauptmann. Geringschätziger ist über Südtirol nie geredet worden.
 
 
Den „Governatore der zweitkleinsten autonomen Regional- bzw. Territoraleinheit Italiens“ heißt er ihn. Um zu sagen: ein Wicht, eine Nullität, ein Governatore von gar nix ist unser Landeshauptmann. Geringschätziger ist über Südtirol nie geredet worden.
 
So weit aus dem Sündenregister des Landeshauptmannes laut dem Dolomiten-krah. Aber es ist noch nicht fertig. Kompatschers eigentliches Verbrechen kommt erst: Er hat sich nicht entblödet, mit seiner „Botschaft“ – so heißt krah sie in einem Anfall von Anstand – „präsent zu sein ... in Medien, die unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze liegen“.
 
„Unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze“. Das ist die mittsommerliche Todsünde des Landeshauptmanns. Nein, nicht eigentlich, dass er Minister Salvini einen „Hassprediger mit Rosenkranz“ geheißen hat. Seine Schuld ist, dass er ihn in Medien „unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze“ so geheißen hat. Darauf steht die Höchststrafe, und das ist Totschweigen. 
Anstand hätte erwarten lassen, dass  die eine und andere Empörungsbekundung laut würde. Doch es rührt sich nichts. Ist es, weil alle Schiss haben?
Der Landeshauptmann wird sich gegen die Anwürfe zu verteidigen wissen. Oder weiß er das etwa nicht? Anstand hätte erwarten lassen, dass (Stand Sonntag Abend) die eine und andere Empörungsbekundung laut würde. Doch es rührt sich nichts. Eine richterliche Verurteilung des Altlandeshauptmannes Durnwalder hat einen Solidaritätsadressen-Schwanz nach sich gezogen, so als wäre das selbstverständliche Untertanenpflicht. Die mediale Hinrichtung des real regierenden Landeshauptmannes Kompatscher bleibt ohne Reaktion. Ist es, weil alle Schiss haben? Oder weil das einzige Medium von oberhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze keine missliebigen Reaktionen veröffentlicht? In was für einem Land haben wir denn zu leben!
 
Verteidige sich Kompatscher also selber! Doch wie? Und vor allem wo? Medien wie dieses müssen sich gemeint fühlen, wenn der Krah von solchen „unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze“ spricht. Also wird es nichts helfen, wenn der Landeshauptmann noch einmal hier spricht. Bestenfalls würde er nicht wahrgenommen. Ob in ff, Tageszeitung oder Salto, ist alles umsonst, erscheint unter Ausschluss der Öffentlichkeit, wird nicht wahrgenommen – außer von den Dolomiten, die aus dem Nicht-Wahrgenommenen dann einen Verriss zusammenschustern.
 
 
Hätte man nicht Humor, es wäre zum Klagen. Wie vergleichsweise vornehm war da doch Chefredakteur Rampold selig. Der schrieb, wenn er Fremdblätter meinte, von „Druckerzeugnissen“. Nicht Zeitung und auch nicht Medium, aber immerhin, etwas Gedrucktes war man. Und man war genügsam, damals als Nicht-Athesianer. Zu jetzt, da einem die wahrgenommene Existenz abgesprochen wird, ist das ein Quantenabsturz. 
Jetzt ist es offiziell: Was Athesia nicht schreibt, ist nicht. Neu daran ist, dass es so schamlos und schäbig von höchstzuständiger Stelle gesagt wird: 
Etwas unvorsichtig oder zumindest widersprüchlich ist die Abqualifizierung freilich schon. In seinem Hass-Gekrächze enthüllt der krah sein Haus Athesia ganz schamlos als das, was es ist und was es zu anderer Gelegenheit so gern leugnet: Es ist der absolute Monopolist auf Südtirols Medienlandschaft, auf Deutsch gleich wie auf Italienisch, und mittlerweile auch des Trentinos. Es gab Zeiten, da empfand Athesia die Betitelung „Monopolpresse“ als ehrenrührig. Erhob jemand den Vorwurf, besser gesagt, sprach das Offensichtliche aus, so konterte das Medienhaus gern mit der Veröffentlichung einer Liste mit allem, was an Gedrucktem und Gesendetem sonst so kreucht und fleucht im Lande. Das reichte von ff über den Vinschger Wind bis Antoniusblattl und die diversen Pfarrbriefe. Die blühendste Medienvielfalt war man, - wenn es zur Tarnung und zwecks Förderung der herrschenden Monokultur diente. Jetzt ist es offiziell: Was Athesia nicht schreibt, ist nicht. Neu daran ist, dass es so schamlos und schäbig von höchstzuständiger Stelle gesagt wird: Es gibt Athesia, und alles andere (Landeshauptmann, wenn er spricht, inbegriffen) liegt „unterhalb der medialen Wahrnehmungsgrenze“. 
 
Den vielen Berufskolleginnen und –kollegen von unterhalb der Wahrnehmungsgrenze meine Solidarität! Wir waren anständig und haben uns bemüht. Wenn’s dann kein Schwein gemerkt hat, ... ist etwas faul an den Verhältnissen.


"Land in Gefahr"


Unbestätigten Meldungen zufolge soll es in Südtirol noch Menschen geben, die Ebners Samstagspredigt noch nicht gesehen haben. Hier können Sie diese unverzeihliche Bildungslücke schließen.
 
 
 
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Hartmuth Staffler Mo., 19.08.2019 - 08:33

Endlich sagt der Landeshauptmann einmal etwas Vernünftiges, und da passt es dem Toni nicht. Ich frage mich nur, wie er die Äußerungen des LH wahrnehmen konnte, wenn sie in Medien unterhalb der Wahrnehmungsgrenze veröffentlicht wurden, oder gar in italienischen Medien. Der Toni wird doch nicht etwa gar den Alto Adige lesen?

Mo., 19.08.2019 - 08:33 Permalink
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Michael Bockhorni Mo., 19.08.2019 - 11:41

Antwort auf von Hartmuth Staffler

@Hartmunth Staffler: Der Widerspruch mit der Wahrnehmungsschwelle ist mir auch schon aufgefallen. Man kann die Aussage auch als eine mangelnde Wahrnehmungsfähigkeit mancher Medien in Südtirol interpretieren. Wichtig ist ja letztendlich die Wahrnehmungsfähigkeit der Menschen in Südtirol.
Hatten sie im EU Parlament auch wichtigeres zu tun als dem Vertreter der zweitkleinsten autonomen Regionaleinheit Italiens zuzuhören? Als größtes Medium des Landes dem anderen (ohne Absprache nehme ich an) die Leviten zu lesen kann selbstredend ebenfalls Land und Leute gefährden.

Mo., 19.08.2019 - 11:41 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Mo., 19.08.2019 - 09:07

Lieber Flor, es ist schon schlimm, was sich Ebner und die Dolomiten bezüglich Verehrung des alten und Ignorierung des neues Landeshauptmannes leistet. Er ignoriert ihn und wertet ihn unter einen Pseudonym (feige) ab. In diesem Zusammenhang: es scheint aber auch ein Tabu zu sein, Kompatscher zu kritisieren. Aber dass Ebner sich nur unter diesem Kürzel traut, sagt schon auch etwas aus!?
Aber Flor, in der Sache hat der "krah" wohl auch a Bissl recht. Oder?

Mo., 19.08.2019 - 09:07 Permalink
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Herta Abram Mo., 19.08.2019 - 10:11

Herrn Ebners Reaktion auf die Worte des LH zeigt, dass Macht noch kein Wert an sich ist, sondern was Führungskräfte aus ihr machen, liegt in ihrer Hand:
Herr Ebner fühlt sich durch die Äußerung von LH Kompatscher gekränkt. Um seine eigene Überlegenheit deutlicher zu machen, entwertet er Kompatscher - in dessen Funktion aber auch persönlich. Beschimpfungen und Beleidigungen, zynische und sarkastischer Äußerungen gehören da ins Sprachrepertoire.

- Statt sich auf einen vernünftigen, lösungsorientierten Dialog einzulassen.

Der Landeshauptmann sagt das neue Element ist: Verantwortung übernehmen. Für sich und die Gemeinschaft. Hilfreich dabei ist, wenn man Vorbilder hat, die Leadership vorleben. Unser LH tut das!

Mo., 19.08.2019 - 10:11 Permalink
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Michl T. Mo., 19.08.2019 - 10:15

Inhaltlich hat der LH recht.
die 5S-Minister sind inkompetent, der PD ist verstritten und derzeit nicht wirklich regierungsfähig weil brüchig. Die Lega ist geführt von einem psychopathischen Hassprediger mit Rosenkranz. Er sagt wie's ist. Ob das politisch 'geschickt' ist, sei dahingestellt, wobei für Südtirol in der aktuellen Situation eh nicht viel rauszuholen ist weil das alles keine Autonomiefreunde sind (auch die Lega nicht mehr!)
Aber der LH zeigt mal Kante gegen den Menschenfeind Salvini und den Taugenichts die Maio(nnaise). Der italienische Fisch stinkt vom Kopf und das darf man nicht nur sagen, das muss man so sagen!
Wer dazu schweigt, macht sich der Mittäterschaft schuldig. In diesem Sinne chapeau an Kompatscher.
Wenn das der Ebner-Family stinkt, zeigt das höchstens, dass unser LH das Richtige tut.

Mo., 19.08.2019 - 10:15 Permalink
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alfred frei Mo., 19.08.2019 - 10:53

Salvini: “Ascolterò Conte. Resto al Viminale. Se ci sarà da scendere in piazza, ci saremo”.
Der Innenminister mobilisiert das Volk gegen die Regierung und den Staatspräsidenten. Herr Kompatscher wie erlauben sie sich solch einen Patrioten zu kritisieren ! (Nach H. Heine: „Armes, unglückliches Vaterland! Welche Schande steht dir bevor, wenn du sie erträgst, diese Schmach! Welche Schmerzen, wenn du sie nicht erträgst!)

Mo., 19.08.2019 - 10:53 Permalink
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△rtim post Mo., 19.08.2019 - 11:21

Der Kompatscher ist zum Glück nicht der Kronbichler der SVP. Wer austeilt, muss auch Kritik aushalten und sich damit auseinandersetzen. Das gilt auch für einen LH. Das weiß er auch.
Ich denke nicht, dass unser LH bei jeglicher Kritik durch eine Krähe gleich eine Solidaritätskundgebun braucht. Bekanntlich hackt eine Krähe der anderen schon mal kein Auge aus.
Vielmehr stellt sich einem Demokraten hierzulande heute noch die Frage, wo war die Empörung und Solidarität aller demokratischen Kräfte, als man unseren LH Kompatscher in Nazi-Uniform darstellte und verunglimpfte.
Das wäre auch mal ein Artikel wert.

Mo., 19.08.2019 - 11:21 Permalink
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Papi llon Mo., 19.08.2019 - 13:21

M.M nach hat da jemand Lust dass der LH abdankt und dessen Bruder die Macht an sich reißt. Im Gespräch war Dieser ja ohnehin schon länger. Das wäre der krönende Abschluss dieser Generation der (schein) Heiligen.

Mo., 19.08.2019 - 13:21 Permalink
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Martin Daniel Mo., 19.08.2019 - 15:14

Diese Kräh-Tirade hatte von der ersten Zeile an etwas Unkoventionelles an sich, das sich im Laufe der Lektüre als etwas Unerhörtes, medien- und demokratiepolitisch unter der Gürtellinie Zielendes, entpuppte. Dachte sogleich an salto als gemeintes Medium. Vor allem aber an die erste Gegenleistung des Medienhauses an Salvinis Lega, der der Bruder Onorevole die Berufung in die 6er-Kommission verdankt. Und dass das alles nur einen Vorgeschmack auf das Gemeinde-(und Parlaments-?) Wahljahr 2020 sein dürfte. Intanto, danke Flor - jemand musste das hier aufarbeiten!

Mo., 19.08.2019 - 15:14 Permalink
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Hans Knapp Mo., 19.08.2019 - 23:34

Heute im Mittagsjournal von Rai Südtirol hat Senator Meinhard Durnwalder die Entgleisungen von Matteo Salvini damit erklärt, dass der Innenminister sich immer noch im Wahlkampfmodus befinde. Ich würde es begrüßen, wenn Senator Durnwalder eine deutliche Verurteilung der von Landeshauptmann Kompatscher zu Recht angeprangerten Äußerungen von Salvini nachliefern würde.

Mo., 19.08.2019 - 23:34 Permalink
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Herta Abram Di., 20.08.2019 - 08:25

Antwort auf von Hans Knapp

Die Grundlage des Salvini-Systems ist die Lüge.
Demokratisch gewählte Politiker müssen allen Politikern (+Medien) misstrauen, die sich populistisch damit brüsten, die niederen Instinkte des Volkes zu vertreten.

Manche Leute glauben, dass sie, wenn sie einen rechtsextremen, skrupellosen Egomanen an der Macht wissen, ruhig weiterleben können. Sie glauben, sie können beides haben: autoritäre Verhältnisse und unser normales Leben

Di., 20.08.2019 - 08:25 Permalink