Gesellschaft | Bozen

“Berlinguer und Langer wären dagegen”

Die Linkspartei appelliert an PD und Grüne, gegen den “Daspo urbano” von Bürgermeister Caramaschi zu stimmen. “Damit reißt man den radikalen Rechtsparteien die Tür auf.”
parco stazione Bolzano
Foto: Comune Bz

Diese Woche stimmt der Bozner Gemeinderat über den so genannten “Daspo urbano” ab. Mit dem Begriff D.A.SPO. (“Divieto di Accedere alle manifestazioni SPOrtive”) wird das vom italienischen Gesetz vorgesehene Zugangsverbot zu Sportstätten bezeichnet, das über auffällig gewordene Personen verhängt werden kann und dazu dient, gewalttätige Vorfälle zu verhindern. Unter Innenminister Marco Minniti (PD) wurde 2017 erstmals die Möglichkeit eingeführt, dass auch Bürgermeister, in Absprache mit der Quästur, ähnliche Aufenthaltsverbote in gewissen Zonen ihrer Gemeinden, aussprechen können –  einen städtischen “Daspo”.

In Bozen sorgt das Thema seit Monaten für Spannungen in der Regierungsmehrheit. Konkret soll die Stadtpolizeiordnung verschärft und die Möglichkeit eingeführt werden, “auffällig gewordene” Personen zeitweilig aus einigen “heißen” Zonen der Stadt zu verbannen – Bahnhofsareal, Rittner Straße, Siegesplatz und -park, Nazim-Hikmet-Passage, Rom- und Garibaldistraße, Südtiroler und Perathonerstraße, Verdiplatz, Kapuzinergasse und -park. Jeder “Daspo urbano” muss vom Bürgermeister erlassen und vom Quästor bestätigt werden und gilt für 48 Stunden in einem Umkreis von 300 Metern der entsprechenden Zone. Hält sich eine Person nicht an das Zugangsverbot, folgen weitere Verweise bis hin zur Ausweisung.

 

Politikum auf dem Rücken von Notleidenden

 

Die Grünen sprechen sich offen gegen das Vorhaben aus. Sie sind der Auffassung, dass der “Daspo urbano” “Menschen in Not treffen wird, die aus den unterschiedlichsten Gründen tagsüber oder auch nachts auf der Straße leben: Asylwerber, die auf einen Platz in einem Aufnahmezentrum warten; Menschen, denen aufgrund der neuen Sicherheitsbestimmungen die Aufenthaltsgenehmigung verweigert oder entzogen wurde; Menschen mit einer psychischen und/oder Suchterkrankung; Obdachlose; Frauen, als Opfer von Menschenhandel”.

Diese Probleme würden durch ein Aufenthaltsverbot nicht gelöst, sondern nur in einen anderen Teil der Stadt verlagert werden, so die Grünen, die ihre Kritik innerhalb der Regierungsmehrheit, aber auch offen zum Ausdruck gebracht haben.
Bürgermeister Renzo Caramaschi aber lässt sich nicht abbringen und beabsichtigt, das Vorhaben, das vom Koalitionspartner SVP gutgeheißen wird, durchzuziehen. Dabei ist es kein Geheimnis, dass auch innerhalb des PD, der Caramaschi 2016 (und so gut wie sicher auch 2020) bei den Gemeinderatswahlen als Bürgermeister unterstützt hat, einige Bauchweh wegen des “Daspo urbano” haben.

Den rechten Oppositionsparteien im Bozner Gemeinderat hingegen geht er nicht weit genug. Lega, CasaPound und die Räte von Il Centrodestra könnten sich bei der Abstimmung, die Mitte der Woche stattfinden wird, enthalten. Somit bleibt fraglich, ob Caramaschi die nötige Mehrheit zusammen bekommt, um den “Daspo urbano” durchzubringen. Die Androhung, dass er im Falle einer Niederlage zurücktreten würde, hat Caramaschi inzwischen wieder zurückgezogen.

 

“Berlinguer und Langer wären gegen den Daspo”

 

In Erwartung der Debatte im Gemeinderat und der Abstimmung wendet sich nun die Linke an PD und Grüne – jene Parteien der Mehrheit, die den “Daspo urbano” mehr oder weniger offen kritisieren. Eindringlich ruft La Sinistra-die Linke die beiden Parteien – angesprochen werden sie als “liebe Freunde der demokratischen Partei und der Grünen” – auf, gegen das Vorhaben zu stimmen. Denn der “Daspo urbano” diene einzig der politischen Propaganda, löse aber nicht die sozialen Probleme.

“Aus politischem Kalkül hat man einen Krieg angefangen, gegen all jene Personen, die als unschicklich gelten. Aber wenn die Würde der Person weniger Wert ist als das Ansehen einer Stadt, dann leben wir in der Barbarei”, heißt es in dem offenen Brief der Linkspartei an PD und Grüne.

“Fortschrittliche Parteien haben es nicht nötig, Notleidende zu kriminalisieren, mit einer solcher Politik reißt man den radikalen Rechtsparteien die Tür auf”, schreibt die Linke weiter – und appelliert an das Solidaritätsprinzip, das die linken Kräfte vereinen sollte: “Wir bitten euch, weder für diese restriktiven Maßnahmen zu stimmen, noch euch zu enthalten, sondern entschieden dagegen zu stimmen”. Denn “wir können uns weder Berlinguer oder Langer vorstellen, die für den Daspo stimmen”, bemüht die Linke zwei der Vordenker und Parteigrößen des heutigen PD und der Grünen.

ma perché invece di lanciare proclami tanto astratti quanto non impegnativi i verdi e la sinistra-die linke non danno il buon esempio prendondosi realmente carico del problema ospitando ciascuno a casa propria uno dei "disagiati"?

Di., 27.08.2019 - 14:23 Permalink