Giuseppe Conte
Foto: quirinale.it
Politik | Regierungserklärung

Stürmische Conte-Rede

Premier Giuseppe Conte wurde bei seiner Regierungserklärung von Lega-Abgeordneten massiv gestört.
Der scheidende und zukünftige Premier wählte für seine Regierungserklärung die Abgeordnetenkammer, wo sein Kabinett über eine komfortable Mehrheit verfügt. Doch das schützte ihn nicht vor  ständigen Zwischenrufen und Sprechchören. Unzählige Male  musste Kammerpräsident Fico die aufsässigen und geradezu hysterischen Parlamentarier  aus dem Lager der Lega und der Fratelli d'Italia zur Ordnung rufen,  während vor dem Palazzo Montecitorio das Fussvolk von Melonis faschistischer Partei gegen die Regierung demonstrierte. Mit von der Partie: Matteo Salvini, der sich eigenhändig der Macht beraubt hat. Der Lega-Chef, der mit Non mollare-Rufen begrüsst wurde: "Un saluto ai poltronari chiusi nel palazzo".
 
Conte sprach in seiner Rede diesen Dauerkonflikt zwischen den verfeindeten politischen Lagern an: "Ci vuole un nuovo lessico e un lingua mite- Lasciamoci alle spalle il frastuono dei proclami inutili e le dichiarazioni roboanti a. Basta contrapposizioni. Ora ci vuole un governo per il paese. Non possiamo deludere le aspettative." In seiner  detaillierten Rede ging Conte auf alle offenen Probleme des Landes ein. Die bereits geplante Erhöhung der Mehrhwertssteuer werde annulliert, die Besteuerung der Arbeit reduziert. Mit der EU werde ein neuer Stabilitätspakt ausgehandelt. 
Conte versprach gleiche Entlohnung für Männer und Frauen, ein neues Verhältnswahlrecht und die baldige Reduzierung der Parlamentarier um ein Drittel.
 
In seiner fast eineinhalbstündigen Rede entwarf Conte das Bild eines zukünftigen Italiens als smart nation : "E' un programma che ha l'ambizione di delineare la società in cui vogliamo vivere noi stessi, che abbiamo già un po' di anni sulle spalle, ma soprattuto la società che vogliamo consegnare ai nostri figli e ai nostri nipoti, nella consapevolezza che il 'patto politico e sociale che oggi proponiamo a voi e a tutti i cittadini, si proietta necessariamente, per essere sostenibile, in una dimensione intergenerazionale."
 
Der Regierungschef sprach zahlreiche Themen an: die Innovation, den green new deal, das Schulwesen  und natürlich auch das Nord-Süd-Gefälle mit der geplanten autonomia differenziata: "Nel quadro delle riforme istituzionali, è intenzione del Governo completare il processo che possa condurre a un’autonomia differenziata, che abbiamo definito 'giusta e cooperativa'. Un progetto di autonomia che salvaguardi il principio di coesione nazionale e di solidarietà e la tutela dell’unità giuridica ed economica. Occorre definire i livelli essenziali delle prestazioni  e i fabbisogni standard, attuando compiutamente l’art. 119 della Costituzione, che prevede l’istituzione di un fondo di perequazione volto a garantire a tutti i cittadini la medesima qualità dei servizi. Queste cautele consentiranno di evitare che questo legittimo processo riformatore possa contribuire a creare un paese a due velocità, che aggravi il divario fra il Nord e il Sud."
 
Den Sonderautonomien widmete er dabei einen einzigen Satz: "In questo contesto, occorre anche garantire e tutelare, con la massima intensità, le autonomie a statuto speciale e le minoranze linguistiche."
Doch trotz aller Proteste  der Opposition darf Conte auch den Widerstand im eigenen Lager nicht unterschätzen. Der kommt vor allem von den vier Vertretern der ultralinken liberi e uguali, auf deren Stimmen der Premier im Senat angewiesen ist und die das weidlich ausnützen. Sprecher Nicola Fratoianni zum Migrationsproblem: "Le leggi di Salvini vanno cancellati subito. Via i decreti sicurezza, basta bloccare i barconi: "Non si deve mettere in discussione il principio che le persone in mare vadano salvate."  An Zündstoff fehlt es wahrlich nicht.  Conte gewann das Vertrauensvotum klar mit 343 zu 263. Wesentlich kritischer wird es im Senat, wo auch Emma Bonino ihre Gegenstimme angekündigt hat.
Bild
Profil für Benutzer kurt duschek
kurt duschek Mo., 09.09.2019 - 20:43

....schade dass die SVP hier die Zeicher der Zeit nicht erkennt und weiterhin der Lega Salvinis zublinzelt! Ein Kompliment an Julia Unterberger, sie ist eine der wenigen die ganz offensichtlich kare Gedanken hat und diese auch klar zum Ausdruck bringt.

Mo., 09.09.2019 - 20:43 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Di., 10.09.2019 - 08:16

Hoffentlich kann sich Conte´s Haltung durchsetzen.
Welchen Einfluss unaufgearbeitete Geschichte auf die Gegenwart hat, hat Hans Heiss mit: https://www.salto.bz/de/article/01092019/das-verdraengte-anniversar, eindrücklich veranschaulichen können.
Wollen Sie R KUNZE, dass sich diese unseelige Geschichte wiederholt? Und viele Südtiroler wieder als Akteure, Täter, Helfer, Mitläufer eines zerstörerischen Regimes mitmachen. In der Haltung der Anpassung, der Opportunität, mitunter auch der Kriecherei?

Di., 10.09.2019 - 08:16 Permalink
Bild
Profil für Benutzer 19 amet
19 amet Di., 10.09.2019 - 09:11

Sie haben wenig Geschichtskenntis. Eine kommunistische Regierung hat es in Italien nie gegeben. Über die ganzen Jahrzehnte gab es DC Regierungen, die waren weder faschistisch und schon gar nicht "kommunistisch" .Aber dass die strammen Rechten überall die Gespenster der Kommunisten sehen, die wie Berlusconi sagte, "die Kinder essen", ist nichts Neues. Sogar der heutige PD besteht zum grossen Teil aus ex DClern. Lustig ist auch dass das Idol der Faschisten und gewisser Südtiroler, der Möchtegernduce Salvini, Mitbegründer der Fraktion "Comunisti padani" im Parlamento padano war. Südtirol muss, wie es Zeller und seine Vorgänger immer getan haben,seine Stimmen ausspielen, zu seinem Vorteil. Aus politischer Ignoranz eine Stimmenthaltung festlegen, bevor man das Programm der Regierung überhaupt kennt, ist töricht.

Di., 10.09.2019 - 09:11 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Karl Trojer
Karl Trojer Di., 10.09.2019 - 09:32

Wer sich bei der Vertrauensabstimmung über die Regierung Conte der Stimme enthält, muss damit rechnen, Italien dem Rechtsaußen-Spektrum zu überlassen, das nationalistisch, antieuropäisch, undemokratisch und egoistisch regieren wird.

Di., 10.09.2019 - 09:32 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Elisabeth Ladinser
Elisabeth Ladinser Di., 10.09.2019 - 09:46

Die Haltung der SVP ist unverständlich! der an den Tag gelegte Opportunismus ist widerlich! Mag die neue Regierung noch so problembehaftet sein, dieser Versuch ist von allen demokratisch denkenden Kräften unmissverständlich zu unterstützen. Leider zeigt die SVP in diese Richtung nicht Flagge, aus Furcht vor der Rechten oder weil sie antidemokratisches Denken schon verinnerlicht hat, wird sich noch herausstellen. Julia Unterberger gebührt Respekt!

Di., 10.09.2019 - 09:46 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Elisabeth Garber
Elisabeth Garber Di., 10.09.2019 - 11:23

Ein Armutszeichen ist wohl eher, wenn die jüngere Politikergeneration auf die wertvollen Erfahrungen langjähriger SVP-Funktionaere nicht hört. Unterberger zeigt Rückgrat, gerade weil sie aus der Reihe tanzt.

Di., 10.09.2019 - 11:23 Permalink
Bild
Profil für Benutzer Herta Abram
Herta Abram Di., 10.09.2019 - 12:01

R KUNZE, ich denke, die Sorge um die Zukunft Südtirols haben wir (schon mal)gemeinsam.
Für mich geht es in meiner Stellungnahme maßgeblich darum, wie wir die heranwachsende Generation auf die Herausforderungen ihrer Zukunft vorbereiten wollen, - die auf sie zukommen und denen wir schon jetzt gegenüberstehen.
Dies bedeutet für mich Vorbild sein: Im Beharren auf die demokratische Verfassung, auf die Menschenrechte, auf die Menschenwürde und im Beharren auf den Schutz unserer Erde.

Di., 10.09.2019 - 12:01 Permalink