Politik, Kinder und die Angst
Oh, wie ich sie genieße, die nächtlichen Orgien meiner Gedanken, wenn sie sich in immer wieder neuen Mustern zu großen Ganzen zusammenbalgen. Erschlafft die Ergüsse in Worte zu kleiden, die Qual der Auswahl der am befriedigendsten erlebten Formationen erleidend, treibt es mir am Laptop die Schweißperlen auf die Stirn. Das Spiel mit den die Eindrücke beschreibenden Worten ist nicht annähernd so sinnlich wie die Wirren der Nacht, aber wie sonst, wie sonst, ausdrücken, was mir im Kopf so viel Freude bereitet hat?
Auf die noch feuchten Finger späht mir erschwerend Salto’s hauseigene moralische Instanz, welche Freidenkenden ein Korsett aufzwingen möchte und Wahrheiten verdreht, weshalb hier schon einleitend das Salto’nische Schlussplädoyer anzuführen von Nöten ist: „Hinweis zu Community-Beiträgen: dieser Beitrag gibt die persönliche Meinung des Autors und nicht notwendigerweise jene der Redaktion wieder.”Alles klar!? Alles klar auch für euch Salto, oder wird das von mir hochgeladene Titelbild wiederrum ausgetauscht? Kompatscher statt Greta. Und der Text nach drei Tagen entfernt? Provare per sapere.
Eigentlich wollte ich ja die nächste evident wirtschaftsfreundliche politische Entscheidung unseres geehrten LH abwarten, aber wer kann seine lustvollen Phasen schon selbst bestimmen? Ob’s dann der Glasturm vom Laurin oder halt doch eine unausweichliche Ausweitung des vom Volk abgelehnten Flughafens sein wird, spielt keine Rolle. Irgendwann wird sie kommen, die nächste Entscheidung, welche sich um jeden „Schutz“ wie so oft cagiert, und einer wirklichen Nachhaltigkeit in einer stinkreichen Provinz wie der unseren den Stinkefinger eben zeigt.
Damit zur oft zitierten Indianerweisheit, dass wir nämlich die Erde nicht an spätere Generationen vererben, sondern sie von diesen geliehen bekommen haben. Wen also darauf aufmerksam machen, wenn ein Mieter eine Mietwohnung verwüstet? Den Vermieter natürlich!: the next generation, alle Kinder, unsere Kinder, deine Kinder. Ja, auch deine, lieber Kompatscher, lieber Franceschini.
Warum finden Ausländer eine Mietwohnung besonders schwierig? Oft, weil die Vermieter Angst haben, dass die Wohnung übervölkert wird. So wie unsere Erde. Wenn Mieter einer Einzimmerwohnung dem Kindersegen kein Ende bereiten, sind die Folgen für die Wohnung absehbar. Die Wohnung Erde ist in Gefahr. Bei uns sind mehr als wenige eigene Kinder daher eine Zumutung für die anderen Bewohner und für jene, die noch geboren werden.
Diese Meinung (sic!) passt natürlich vielen nicht, die dann Augen zu und durch kreuzritterlich hoch zu Ross dahingaloppieren und schwerterschwenkend ihr Credo von Gut und Böse erzwingen wollen. Den Zeilen des Salto-Chefredakteur erklingt es dann so: „Ich glaube nicht, dass sich die Kinder anpissen lassen müssen, nur weil jemand mit dem Vater einen Wickeln hat. Ich habe drei Kinder und wenn jemand sie wegen der Schreibe ihres Vaters in geistige Sippenhaft nimmt (was immer wieder passiert), dann reagiere ich äußerst ungehalten. Es geht für mich nicht an, dass Kinder für etwas büßen müssen, für das sie nichts können. - Arno Kompatscher muss sich kritisieren lassen und er hat nicht das geringste Recht von mir oder Salto.bz irgend etwas zu verlangen. Seine Kinder aber schon. Du hast Ihnen indirekt zum Vorwurf gemacht, dass sie existieren. Ich halte das nicht für fair und redlich.” Ich übrigens auch nicht – wenn dem so wäre. Weil zensuriert, kann mein Artikel des Anstoßes nicht verlinkt werden. Aber als zoon politikon hinterfrage ich, ohne einen „Wickel“ mit irgendwem zu haben. Als ganz normaler Mann „pisse“ ich Kinder nicht an, sondern ermuntere sie, Entscheidungsträger inklusive ihrer Väter für nachhaltiges Handeln zu bewegen. Und viel mehr in Sorge um die Zukunft als aus „Furor“ über Vergangenes mahne ich die überzogene Erfüllung grenzenlosen (eigenen!) Kinderwunsches an, ohne auch nur im allerfernsten geborenen Kindern den Vorwurf zu machen, „dass sie existieren“. Ich begrüße jede Reaktion außer Zensur, und sollten sich Eltern oder Kinder angesprochen fühlen, kann ein Denkprozess beginnen.
In der Hoffnung, dass nach dieser ellenlangen und leider notwendigen Einleitung mit Gedanken zur Menschheitsfamilie (Begriff von Daniele Ganser, bitte googlen) und zur mittelalterlichen Zensur sowie zur modernen alternative reality alla Salto, die Speerspitze Franceschini’s diesen Text nicht wieder aus dem Saltoleben spießt, bin ich endlich dort angelangt, wo ich junge und stets liebens- und lebenswürdige Akteure wieder direkt anspreche. Also, wenn ich welche hätte, ich würde eigene Kinder im Ringen nach einer „sauberen Wohnungsübergabe“ unterstützen, mich ihren Vorwürfen stellen, mich vielleicht läutern. Als letzter unter den Heiligen kann ich höchstens darum betteln, mir Fesseln anzulegen, wenn mein Geist alleine zu schwach für eine gesicherte Zukunft handelt. Aber viel effizienter noch, ermuntere ich euch alle und vor allem jene zukunftsbesorgten Kinder politisch und gesellschaftlich mächtiger Väter und Mütter: „Macht uns Angst!“
Das geht ganz einfach und in zahlreichen Facetten. Welcher wirklich liebende Vater wird nicht hellhörig, wenn sein Kind wirkliche existentielle Zukunftsängste äußert, welche wirklich liebende Mutter sich nicht schämen, wenn ihr Kind sie auf unterlassenes nachhaltiges Handeln einklagt? Jugendliche, bedient euch der Waffen der Politiker! Zwingt sie zu Solidarität und Nachhaltigkeit mit der Waffe Angst, so wie sie uns mit Angst steuern. Auf den Punkt bringt es der großartige Rainer Mausfeld (unbedingt googlen und youtuben!), wenn er sagt: Angst gehört zum normalen Repertoire eines Politikers. Wer dieses Angstmachen nicht beherrscht, kann nicht Politiker werden. Denn Politik heißt natürlich, das Handeln und Denken anderer beeinflussen zu können. Da gibt es zwei Wege, einmal durch Überzeugungen und Überredungen, aber Meinungen sind instabil und nicht unbedingt Handlungen determinierend. Deshalb ist Meinungsmanagment nicht so wirksam wie Angsterzeugung. Angst verengt den psychischen Denk- und Handlungsraum und führt dazu, dass Alternativen gar nicht mehr denkbar sind.
Greta Thunberg und die Fridays-for-Future-Bewegung, der wir alle angehören müssten, tun deshalb sehr gut daran, wenn sie nicht nur auf die fundierten Berichte der besten Wissenschaftler verweisen, sondern wenn sie Angst machen. Indem sie die existentielle Angst in allen wecken und die gesellschaftliche Angst als Herrschaftsmodel umdrehen: ihr Politiker, die ihr nicht entsprechend handelt, werdet von uns geknechtet und belangt werden, in der Familie wie von der Allgemeinheit. Und wenn ihr schon nicht Angst für morgen habt, dann habt morgen Angst vor uns, denn wir werden euch als Eltern verachten und als Politiker und Richter der Zukunft eines Tages für euer Tun gegen die Menschheit belangen. Einfache Demos und Streiks werden die derzeit Machthabenden mit ein wenig Härte und vorgespieltem Verständnis buchstäblich totrollen lassen, wie in Frankreich. Sozusagen als erlaubtes Ventil für das geknechtete und mit ablenkenden Ängsten wie „Terror“ manipulierte Volk. Nur wenn es gelingt, sozusagen den Revolver zu drehen und unsere verängstigten Politiker nicht nachhaltige Alternativen gar nicht mehr denken können, werdet ihr einer sicheren Zukunft ein Stück näher kommen. Habt vor allem auch Spaß daran, liebe Jugendliche, als Vermieter die Schlüssel wieder in die Hand zu nehmen. Der Schule fernzubleiben, Straßen zu blockieren, Proteste zu organisieren, den eigenen Eltern mit Intellekt zu entgegnen, kann und soll Spaß machen. Wer euch wegen des Spaßfaktors zu diskreditieren versucht, lenkt ab. Genauso genieße ich das Formen meiner Eskapaden in Schwarz auf Weiß, vom euphorisch neuralem Stadium bis hin zur Wahrnehmung des leicht federnden Einbuchtens meiner Keyboardtasten. Ob meine Zeilen dann von 10.000 „usern“ oder nur von ein paar Betroffenen, Zufälligen, Bestraften oder nur von mir selbst verdaut werden, ist mir meist egal, weil’s ja Spaß machte. Aber wenn es um die Ermunterung Jugendlicher zum Handeln geht, wünsche ich mir viele Leser. Salto möge Titel, Bild und Text daher nicht wieder zensurieren, sondern möglichst sichtbar machen. Das nächste Mal erscheine ich – wenn überhaupt – sowieso wieder anonym. Es zählt das Was, nicht das Wer. Dann vielleicht über das Kasblatt der Südtiroler, gedruckt und digital, und warum mir der Kompatscher eben doch auch sympathisch ist.
Vielleicht geht’s ja schon heute Nacht wieder rund in meinem Kopf. Wenn sich die Buben und Mädls von Landeshauptmännern und Chefredakteuren in immer wieder neuen Mustern zu großen Ganzen zusammenbalgen und ihren Eltern mit Sit-Ins auf den Landhaustreppen, Demos in den Straßen, Streiks, öffentlichen Stellungnahmen und knallharten persönlichen Vorwürfen einfach ANGST machen. Erschlafft werde ich dann wieder das Erdachte/Erlebte/Erhoffte in Worte zu kleiden versuchen, die Qual der Auswahl der am erfolgreichsten erlebten Formationen erleidend, treibt es mir jetzt am Laptop schon wieder die Schweißperlen auf die Stirn...
Erstmal danke, dass Sie
Erstmal danke, dass Sie diesmal mit Klarnamen schreiben. Steht Ihnen gut. Bleiben Sie doch dabei!
Man kann über so Vieles geteilter Meinung sein und eine gesunde Streitkultur tut uns allen gut. Dennoch: In diesem Fall von Zensur zu sprechen, finde ich zutiefst unfair. Die Redaktion hat transparent kommuniziert, wie sie mit sich gerungen hat, hat Gesicht gezeigt, hat Bühne gegeben und auch Schranken gesetzt. Dafür verdient sie Respekt, auch von denen, die anders gehandelt oder entschieden hätten. Zensur, das wissen wir doch, spielt sich in ganz anderen Sphären ab.
... mit ANGST machen lösen
... mit ANGST machen lösen wir gar nichts ...
niemals hat ANGST zu positiver Entwicklung geführt.