“Es ist sehr beeindruckend”
Unerwartet das Heim verlassen, weil es nicht mehr sicher ist. So geht es derzeit vielen Menschen und Familien im Land. Aufgrund von Lawinen, Muren, herabstürzenden Bäume und Überflutungen mussten in den vergangenen Tagen viele Häuser evakuiert werden, unter anderem in Martell und Brixen. Auch die Grüne Landtagsabgeordnete Brigitte Foppa musste am Sonntag weg aus ihrem Zuhause in Montan.
salto.bz: Frau Foppa, was ist am Sonntag bei Ihnen zuhause passiert?
Brigitte Foppa: Ich war am Nachmittag in der Küche und habe Dokumente studiert. Plötzlich habe ich ein Krachen und Knacken gehört und bin sofort hinaus gerannt. Da habe ich gesehen, dass im Wald oberhalb des Hauses Bäume umgeknickt sind und Erdreich langsam herab in Richtung Haus rutschte. Ich bin sehr erschrocken – ein Hang, der sich in Bewegung versetzt, war ein sehr verstörender Anblick.
Hatte es zuvor auch bei Ihnen im Unterland geschneit?
Es hatte geschneit gehabt, ja – und danach folgten sehr ergiebige und starke Regenfälle.
Etwas, das völlig ungefährlich ist, kann auf einmal zu einer Gefahr für die Menschen und das Haus werden – das ist schon sehr beeindruckend.
Wie haben Sie reagiert als sie den Erdrutsch bemerkt haben?
Zunächst ist die ganze Rutschung bei einem Baum hängen geblieben. Wir haben sofort die Feuerwehr alarmiert. Die war nur wenige Minuten danach vor Ort und hat sofort mit Sicherungsarbeiten begonnen. Es sind immer mehr Bäume umgestürzt und immer mehr Erdmassen gekommen. Am Ende sind die Erdmassen genau auf der anderen Seite des Feldwegs, an dem unser Haus liegt, zum Stehen gekommen. Dort befinden sich drei große Bäume, die über einem Erdkeller stehen. Der könnte von den Wassermassen geflutet werden und jederzeit einstürzen – und damit könnten die Bäume auf das Haus stürzen. Auch das Erdreich könnte das Haus treffen.
Das Haus könnte also auch wegrutschten?
Das Haus, in dem wir in Miete sind, ist ein sehr alter Hof, ohne Fundament.
Was haben die Einsatzkräfte gemacht?
Noch am Sonntag wurde eine Drainage im Hang gemacht, um Druck aus dem Hang zu nehmen. Auch einige Bäume wurden abgesägt, damit nicht noch weitere einstürzen. Außerdem wurden schwere Betonbarrieren vor das Haus gestellt. Die Freiwillige Feuehrwehr hat bis abends Sicherungsarbeiten durchgeführt.
Trotzdem mussten Sie evakuiert werden?
Am Abend haben die Bürgermeisterin, der Geologe des Landes und der Feuerwehrkommandant beschlossen, dass wir das Haus verlassen müssen. Also wir und die Familie, die über uns wohnt. Die dritte Familie, die im ersten Stock wohnt, ist noch dort, musste sich aber auf die hintere Seite des Hauses begeben und über eine Leiter einen Fluchtweg einrichten.
Wo sind Sie untergekommen?
Wir haben bei meiner Schwester, die ganz in der Nähe wohnt, geschlafen. Von dem her haben wir Glück.
Wissen Sie, wann Sie zurück können?
Heute waren die Einsatzkräfte um 7 Uhr schon wieder dort und haben noch einmal verfügt, dass – nachdem es heute ja auch wieder regnen soll – die Evakuierung aufrecht bleibt. Wir werden also heute Nacht sicher nicht wieder dort schlafen.
Das Zurverfügungstellen von Expertise und Zeit muss man wirklich sehr schätzen.
Was ist in diesen Momenten in Ihnen vorgegangen?
Solche Situationen kannte ich bisher nicht aus der Nähe, sondern habe sie immer nur über die Medien mitgekriegt. Und dann ist es plötzlich dein Hang, der Wald, den du kennst, wo die Kinder immer gespielt haben und wir immer hin sind, Kastanien sammeln, der sich plötzlich komplett verändert. Etwas, das völlig ungefährlich ist, kann auf einmal zu einer Gefahr für die Menschen und das Haus werden – das ist schon sehr beeindruckend. Das völlige Umschwingen von etwas Vertrautem und Harmlosen, das sich so rasant verändert und plötzlich eine Gefahr darstellt. Beeindruckend ist auch der Moment, in dem du das Haus verlässt, die Haustür abschließt – auch wenn du weißt, dass es eine reine Vorsichtsmaßnahme ist und keine unmittelbare Gefahr besteht, hoffst du natürlich, dass alles gut geht. Es ist schon ein eindrucksvolles Gefühl, muss ich sagen. Wobei die Situation bei uns im Vergleich zu dem, was andere Menschen erleben, winzige Ausmaße hat. Das bei uns ist ja nur eine Mini-Rutschung. Beeindruckend ist auf jeden Fall aber auch unser Zivilschutz!
Ihnen wurde unmittelbar und professionell geholfen?
Sofort, ja. Da merkst du auch, wie wichtig es ist, all die Freiwilligen zu haben, die jeden Quadratmeter des Territoriums kennen. Die wissen, da hat sich ein Baum verschoben, der zuerst weiter drüben stand – diese Kenntnisse sind grundlegend. Ebenso wie die Bürgermeisterin, die an einem Sonntag die Situation verfolgt, den ganzen Tag unterwegs ist, sich am Abend noch vergewissert, ob die Schule in einem Weiler weiter oben am Montag aufsperren kann. Das Zurverfügungstellen von Expertise und Zeit muss man wirklich sehr schätzen.
Solange keine Ausnahmesituationen eintreten, ist vielen vielleicht weniger bewusst, welch engmaschig abgestimmtes und professionelles System im Bereich Zivilschutz in Südtirol gibt?
Richtig, genau. Und manchmal werden die Freiwilligen auch gar nicht so wertgeschätzt, wie es richtig wäre. Ich habe mich gestern an die unsäglichen Debatten zu meiner Zeit im Bozner Gemeinderat erinnert, wenn wir die Beiträge für die Feuerwehren genehmigt haben. Da hat es immer wieder geheißen, was brauchen die Gelder, die spielen ja nur ein bisschen Feuerwehrmann. Immer wieder hat es solche hässlichen Debatten gegeben – anstatt die vielen Freiwilligen und ihre Tätigkeit zu würdigen.
Danke allen für die tolle
Danke allen für die tolle Arbeit!
Vor 5 JAhren hätte man sich wohl noch nicht getraut so viele Strassensperren zu errichten. Nicht auszudenken, wenn eine derartige Wetterlage sich in den Weihnachtsferien einstellt.
Also bitte meteorologisches Frühwarnsystem einrichten, daß vor Anreisen warnt!
Und:
Endlich politische Maßnahmen ergreifen, die den Klimawandel stoppen!
Die Zeit dafür ist reif, die Menschen spüren die Veränderung am eigenen Leib!
Antwort auf Danke allen für die tolle von Christian Mair
Dem kann ich mich nur
Dem kann ich mich nur anschließen...