Politik | Landesregierung

Arnos Inventur

Landeshauptmann Arno Kompatscher hat in einem Mediengespräch einen persönlichen Rückblick auf das Jahr 2019 gemacht. Dabei nahm er sich kein Blatt vor den Mund.
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Foto: LPA/Claudia Corrent
Manchmal ist es interessanter zu schauen, wer nicht da ist.
Unter den über einem Dutzend Journalisten und Journalistinnen, die sich am Freitagvormittag im Pressesaal im Palais Widmann einfanden, war niemand aus dem Hause Athesia zu sehen. Der Medienkoloss hatte an einem Tag – an dem jede Redaktion händeringend nach Nachrichten sucht – anscheinend Besseres und Wichtigeres tu tun, als ein Mediengespräch mit dem höchsten Politiker des Landes zu verfolgen.
Die konzertierte Abwesenheit des Konzerns an diesem Tag ist ein klares Statement. Das Haus Ebner will Arno Kompatscher zum xten Male zeigen, wer die (Medien)Macht in der Hand hält. Es ist ein Wink mit dem Zaunpfahl.
Vor allem aber kommt an diesem Vormittag in aller Deutlichkeit das zerrüttete Verhältnis zwischen dem Landeshauptmann und der Athesia an die Oberfläche. Spätestens als Arno Kompatscher fast am Ende seiner Ausführungen – schauspielerisch wenig überzeugend – so tut, als hätte er fast noch etwas vergessen zu sagen, was ihn 2019 ganz besonders geärgert habe.
Es sind die anonymen Kommentare in den Dolomiten, die nachweislich auf falschen Fakten aufbauen und dieselbe Argumentation immer wieder wiederholen“, sagt Kompatscher. Er braucht das Kürzel „krah“ erst gar nicht zu nennen. Jeder im Raum weiß, dass damit Toni Ebner, Chefredakteur der Dolomiten und Patron der Athesia gemeint ist. „Ich kann Kritik durchaus ertragen“, sagt der Landeshauptmann, „aber den Versuch Politik so zu beeinflussen nicht“.
Selten hat ein Politiker in diesem Land sich getraut, offener und klarer gegen die mächtige Athesia aufzutreten. Dass Kompatscher diese Aussagen unaufgeregt und gut überlegt vor den versammelten Medien macht und der gemeinte Medienkoloss durch bewusste Abwesenheit glänzt, lässt für 2020 noch einigen Funkenflug zwischen diesen Schwergewichten erwarten.
 

Das Positive

 
Zu Beginn der Pressekonferenz lieferten Chefredakteur Guido Steinegger und sein Stellvertreter Michele Bolognini eine Kurzbilanz der Agentur für Presse und Kommunikation ab. Über 3.600 Pressemitteilungen habe man 2019 verfasst. Neben den traditionellen Kanälen habe das Landespresseamt zudem vor allem die Social Media bedient. 22.000 Likes auf Facebook und über 10.000 Twitter-Nachrichten zeugen davon. „Auch die kritisierte Wiedereinführung der Medienreferenten in den Ressorts hat sich sehr bewährt“, verteidigte Steinegger den im vergangenen Jahr umgesetzten Umbau der Pressearbeit.
Arno Kompatscher stellte zum Jahresabschluss bewusst das Positive in den Vordergrund. Der Landeshauptmann erklärte was ihn persönlich in diesem Jahr „berührt und erfreut habe“. Ganz an den Anfang stellte Kompatscher dabei die Begegnung mit den Menschen. „Ich habe mit Tausenden Menschen geredet, auch mit vielen, die am Rande der Gesellschaft stehen“, führte er aus, „und auch wenn es gewisse Schwierigkeiten gibt, herrscht eine große Zuversicht im Land.
Auch die Unwetterschäden und die außerordentlichen Naturereignisse haben für Kompatscher Eines deutlich gezeigt: „Wenn es besonders schwierig wird, hält Südtirol zusammen."
 
 
Als klares Highlight des Jahres strich der Landeshauptmann den Besuch der beiden Staatsoberhäupter Alexander Van der Bellen und Sergio Mattarella heraus. „Es war eine klare Botschaft des Friedens, die viele Menschen bewegt hat“.
Auch den Ausgang der EU-Wahlen kommentierte Kompatscher mit klaren Worten: „Es ist für mich eine große Genugtuung, dass nicht wie prognostiziert die EU-feindlichen Populisten gewonnen haben, sondern die moderaten EU-freundlichen Kräfte“. Diese Entwicklung stimme ihn zuversichtlich, dass sich auch im kommenden Jahr die Vernunft weiter durchsetzen werde.
Ebenso positiv skizzierte der Landeshauptmann die Zusammenarbeit in der Landesregierung.
 

Das Negative

 
Im Kapitel „Was mich besonders geärgert hat“ bekamen aber nicht nur die Dolomiten und die Athesia ihr Fett ab. Kompatscher wetterte auch gegen die Fake News über Südtirol in den nationalen Medien.
Auch das fehlende Verständnis in den römischen Ministerien und vor allem innerhalb des M5S für die Südtiroler Autonomie sieht der Landeshauptmann als besonderes gefährlich und ärgerlich. „Man wird hier mit Diskussionen konfrontiert, die absurd sind“, sagt Kompatscher. 
Unter den negativen Punkten sprach der Landeshauptmann aber auch die Langsamkeit der Justiz an. Es handelte sich hier um einen „Systemfehler“, der schnellstens behoben werden müsse. Ebenso die unendliche Geschichte um die Konzession für die Brennerautobahn. Auch hier seien immer wieder Bremser aus Rom gekommen. Jetzt sei endlich alles bereit und man hofft die Konzession bis zum 30. Juni 2020 endlich unter Dach und Fach zu haben.
 
 
Arno Kompatscher kritisierte aber auch, „dass der Blick der Städter maßgeblich die Wolfsdebatte steuert“. Gemeint ist damit, dass der Schutz des Wolfes von Politikern und Funktionären in Brüssel und Rom hochgehalten werden, die von der Südtiroler Realität kaum etwas verstehen.
Als besonders „traurig“ stufte Arno Kompatscher die Erfahrung ein, dass sich eine seiner Prophezeiungen bewahrheitet habe. Die Verschärfung der Sicherheitsdekrete habe dazu geführt, dass es immer mehr Migranten gebe, die durch den Rost fallen und deren Statuts ungeklärt ist. „Ich erwehre mich nicht des Eindrucks, dass manchen politischen Kräften die Zuspitzung dieser Zustände nur recht ist“, erlaubte sich der Landeshauptmann einen Seitenhieb auf Matteo Salvini und seine Lega. Kompatscher verwies aber gleichzeitig darauf, dass auch die neue Regierung hier noch nichts getan habe. „Man muss den Statuts dieser Menschen endlich klären“, meint er.
Auch einen Seitenhieb auf das Team Köllensperger und dessen Flughafenrekurs konnte sich Kompatscher an diesem Vormittag nicht verkneifen.
 

Die Zuversicht

 
Arno Kompatscher beendete seine Ausführungen mit einem Blick auf das Jahr 2020.
Zuversichtlich stimmt ihn, dass die Jugend ihre Zukunft in die Hand nimmt: Vielfach herrsche die Meinung, sie sei unpolitisch und egoistisch. Dagegen habe sie weit über die "Fridays for Future"-Bewegung hinaus gezeigt, dass sie sich kritisch und selbstbewusst einbringt.
Wir wollen eine generationen- und enkelgerechte Politik machen“, meinte Kompatscher und verwies auf die konstruktive Stimmung bei der jüngsten Klimaklausur der Landesregierung: „Ich habe gesehen: Das Thema ist uns allen bewusst. Wir können und wollen Südtirol beim Klimaschutz zum Vorreiter machen.
 
 
Auch auf die Zusammenarbeit in der Europaregion Tirol-Südtirol-Trentino und im gesamten Alpenraum freut sich der Landeshauptmann: „Das ist der Schlüssel, um Südtirol in Europa zu vernetzen und all jene Herausforderungen zu meistern, für die unser Land alleine zu klein ist.
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G. P. Fr., 27.12.2019 - 20:03

"Ebenso die unendliche Geschichte um die Konzession für die Brennerautobahn. Auch hier seien immer wieder Bremser aus Rom gekommen. Jetzt sei endlich alles bereit und man hofft die Konzession bis zum 30. Juni 2020 endlich unter Dach und Fach zu haben."
Hahaha! Seit mindestens drei Jahren verkünden Zeller, Kompatscher & Co. alle paar Monate stolz, dass die Konzession für die Brennerautobahn endlich unter Dach und Fach sei ...
Da braucht er die "Dolomiten" erst gar nicht rügen für ihre "nachweislich auf falschen Fakten aufbauen und dieselbe Argumentation immer wieder wiederholen“.

Fr., 27.12.2019 - 20:03 Permalink