Umwelt | Skiverbindung

Showdown in Langtaufers

Noch ist das letzte Gutachten zu Langtaufers-Kaunertal nicht da. Indes fordern die “historischen” Gegner die Landesregierung auf, “verantwortungsvoll dagegen zu stimmen”.
Melagtal
Foto: Landesamt für Landesplanung

“Wir warten noch auf das letzte Gutachten, das wir in Auftrag gegeben haben.” Bis Ende Februar sollte das Gutachten, von dem Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer spricht, vorliegen. “Dann, so ist es abgesprochen, werden wir die Sache relativ zügig auf die Tagesordnung der Landesregierung setzen.” Die Sache, das ist die skitechnische Verbindung von Langtaufers in das Nordtiroler Kaunertal, die die Oberländer Gletscherbahn AG verwirklichen will. Die Verbindung ist ein lang gehegter Traum im Vinschger Oberland. Doch die Kritik daran ist in den letzten Monaten immer mehr angewachsen. Zuletzt haben sechs Frauen, die meisten von ihnen Bäuerinnen, über 100 Unterschriften gegen das Projekt im 400 Einwohner zählenden Langtauferer Tal gesammelt und bei Landesrätin Hochgruber Kuenzer deponiert.

Jetzt appellieren die “historischen” Gegner noch einmal an die Landesregierung und fordern sie auf, “verantwortungsvoll dagegen zu stimmen”. “Langtaufers – bleib wie du bist!”, schreiben Umweltschutzgruppe Vinschgau, Alpenverein Südtirol, Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Heimatpflegeverband in einer gemeinsamen Stellungnahme :

“Es ist schon verwunderlich, dass in einem Land, das sich offiziell dem Erhalt der Artenvielfalt verschrieben hat und großspurig ankündigt eine europaweite Vorreiterrolle in Sachen Klimaschutz einnehmen zu wollen, mit Projekten dieser Art überhaupt noch auf Zustimmung von Seiten der Politik gehofft werden kann. Dieses Projekt ist nicht nur in ökologischer Hinsicht ein No-Go, es würde voraussichtlich zu Folgen führen, die man der lokalen Bevölkerung nicht zumuten kann:

Beim Projekt geht es darum auf Südtiroler Seite einen neuen Zugang zum Skigebiet Kaunertal zu eröffnen – und  nicht um den Zusammenschluss zweier aktiver Skigebiete. Der allergrößte Anteil des Gesellschaftskapitals liegt in den Händen Nordtiroler Player – und nicht in den Händen der Langtauferer. Aufgrund dieser Besitzverhältnisse liegt die alleinige Entscheidungsgewalt bei den Nordtiroler Aktionären – und nicht bei den Aktionären im Tal. Nach der Genehmigung würden öffentliche Beiträge winken – inakzeptabel, weil sie zum Großteil ausländischen Unternehmen zugute kämen.

Langtaufers würde durch das Vorhaben nicht vor dem wirtschaftlichen Aus gerettet – wie propagiert –, sondern zu einem Parkplatz und Zubringer für das Kaunertal degradiert. Während andere den Profit abschöpfen könnten, bliebe dem Tal Verkehr, Lärm und Abgase. Nicht ein wirtschaftlicher Aufschwung im Tal wäre die Folge, sondern das Ende eines zukunftsfähigen, nachhaltigen Tourismus.

Lange wurde der Anschein erweckt, dass die große Mehrheit der Bevölkerung im Tal hinter dem Projekt stehe. Das kann nach der erfolgreichen Unterschriftenaktion der Bäuerinnen wohl nur mehr schwerlich behauptet werden.

Das Melagtal, eines der letzten Hochtäler in den Alpen mit ursprünglichem Charakter und hoher Biodiversität, darf nicht wirtschaftlichen Interessen geopfert werden. Ein Eingriff wie dieser, der unweigerlich den Individualverkehr anheizt, steht in krassem Widerspruch zu dem von der Landesregierung beschlossenen Klimaplan Energie Südtirol 2050.

Diese Liste der Argumente für ein zukunftsorientiertes Langtaufers ohne Kaunertal-anschluss ist hiermit nicht erschöpft, dürfte aber das Ausmaß der Verantwortung veranschaulichen, die mit dieser Entscheidung verbunden ist.”

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Herta Abram Do., 27.02.2020 - 15:41

Fakt ist, durch den Klimawandel hat Skifahren ein Ablaufdatum als Bereitensport. Entscheidungsträger in der Politik, in der Wirtschaft und auch im Sport wollen immer noch nicht darauf reagieren. Mit diesem Festhaltenwollen, an nicht mehr haltbaren Denkmustern, riskieren sie, dass in den nächsten Jahren viele Menschen darunter leiden werden. Doch das „Gleichweitertun“ ist ja kein Alleinstellungsmerkmal der oben genannten Bereiche, es ist ja auch häufig in anderen Berufsgruppen verbreitet, etwa in der Landwirtschaft, in der Wasserwirtschaft, im Tourismus.
Ich persönlich stelle mich hinter die Forderungen der engagierten Gegner*innen des Liftprojekts!

Do., 27.02.2020 - 15:41 Permalink
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kurt duschek Do., 27.02.2020 - 19:54

....gerade unlängst wurde im Gemeinderat Meran mit Fachleuten der EURAC über den Klimawandel und deren Auswirkungen auf unser Umfeld diskutiert.
Auf meine konkrete Frage ob es unter diesen Umständen überhaupt noch wirtschaftlich Sinn macht in den Wintersport, in Wintersportgebiete zu investieren, erhielt ich folgende Antwort:
NEIN, es macht wirtschaftlich keinen Sinn, da die Erwärmung auch in unseren bestehenden Schigebieten bereits weit fortgeschritten ist.
Klarer wie so kann man es nicht sagen!

Do., 27.02.2020 - 19:54 Permalink
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Danilo Klitzsch So., 01.03.2020 - 22:26

Wir sind langjährige Langtaufers-Urlauber und haben das erneute Aufflammen der Diskussion mit Schrecken aufgenommen. Aus diesem Grund haben wir unsere Ansicht zu diesem Thema in die nachfolgenden Worte gepackt. Auch wenn wir „nur“ Urlauber sind, so hoffen wir doch, dass diese Meinung ein wenig in die Diskussion Eingang findet, ohne als Einmischung Außenstehender missverstanden zu werden.
Das Langtauferer Tal ist in seiner jetzigen Form ein einzigartiges Juwel der Südtiroler Bergwelt. Die Errichtung der Bergbahnen zum Kaunertaler Gletscher würden dieses zerstören.
Dabei gibt es sehr viele Gründe für eine Ablehnung des Projektes:
- Das Tal wird zum Zubringer degradiert.
- Die Nutzung der Bahnen wird vorwiegend durch Tagestouristen erfolgen. Die Bettenkapazitäten im Tal sind begrenzt. Die Errichtung von neuen Übernachtungsmöglichkeiten im großen Stil verbietet sich von selbst (Zerstörung wertvoller Lebensräume in der Natur, Lawinengefährdung,... usw.).
- Die Zufahrtsstraße ist aus unserer Sicht für den zu erwartenden Ansturm nicht ausreichend. Ein Ausbau und die erhöhten Kosten der Unterhaltung der Straße gehen zu Lasten Südtirols bzw. der Gemeinde Graun. Alleine diese Kosten werden die Investitionskosten für die Seilbahn sicherlich übersteigen. Ohne detaillierte Planung und Kostenermittlung, sollten hier überschlägige Kosten für Ertüchtigungen der Stützwände und den Ausbau der 10km langen Straße von mind. 8 Mio. € (Schätzwert) berücksichtigt werden.
- Der Ausbau der Straße und die Errichtung des Parkplatzes führen zu erheblichen Neuversiegelungen und zur Zerstörung wertvoller Naturräume am Alpenhauptkamm (gerade am Talschluss in Melag).
- Mit dem zusätzlichen Verkehrsaufkommen, wird sich wahrscheinlich eine nach Richtlinie 2000/60/EG (Wasserrahmenrichtlinie, WRRL) verbotene Verschlechterung für den Oberflächenwasserkörper des Karlinbaches und dem umgebenden Grundwasserkörper ergeben (z.B. PAK/Phenol-Einträge). Dies zu verhindern, würde zusätzliche Investitionen in entsprechende Vermeidungsmaßnahmen nach sich ziehen, die in einen Fachbeitrag nach WRRL und in einer nachfolgenden Planung zu ermitteln wären?
- Die Müllentsorgung der Tagestouristen geht zu Lasten der zuständigen Gemeinde. Die zugehörigen Kosten natürlich auch.
- Die Gewinne aus dem Betrieb des Skigebietes gehen zur Liftgesellschaft. Eine Umlage der Investitionskosten zur Berücksichtigung der oben genannten Ausgleichsmaßnahmen, haben mit Sicherheit zur Folge, dass die Ticketpreise für Gäste wenig lukrativ werden. Dementsprechend wäre das nur mit einer Förderung durch die öffentliche (südtiroler?) Hand machbar. Ich bezweifle, dass dies im Sinne Südtirols ist.
- Mit den Skigebieten Schöneben-Haideralm und auch Nauders auf österreicher Seite, stehen ausreichende Kapazitäten zur Verfügung. Mit einem weiteren großen Skigebiet in der Nähe, würden diesen nur Gäste entzogen werden.

Aus unserer Sicht, sieht ein nachhaltiges touristisches Konzept für Langtaufers anders aus. Der allgemeine Trend geht auch hier zu alternativen Konzepten. Die Entwicklung dieser dauert sicherlich etwas länger, ist dafür aber nachhaltiger. Wir fahren bereits seit vielen Jahren nach Langtaufers und haben die Erfahrung gemacht, dass die hier anwesenden Gäste jährlich wiederkehren und oftmals gleich für das nächste Jahr wieder buchen. Genau hier sehe ich die primäre Zielgruppe. Diese Gäste gehen in der Regel sorgsam mit der Natur um und hegen wesentlich mehr Verständnis für die Belange der Einwohner des Tales. Ich habe berechtigte Zweifel, dass dies bei einem Ansturm von Tagestouristen auch so sein wird. Negative Erfahrungen haben schon zu viele Orte gemacht (Stichwort: Overtourism).

Sehr geehrte Landesrätin Maria Hochgruber, sehr geehrte Landesregierung,

wir bitten sie eindringlich, hier genau abzuwägen und die Interessen Südtirols, der Einwohner des Tales und auch der zukünftigen Generationen zu berücksichtigen und die Errichtung der Seilbahnen endgültig abzulehnen.
Gleichzeitig bitten wir um eine Mediatorenrolle, um die Einwohner des Langtauferer Tales wieder zusammenzuführen. Vielleicht lassen sich Konzepte finden, die auch den Befürwortern der Seilbahnen entgegenkommen und deren Wunsch nach höherer Auslastung der Betten berücksichtigen.
Wir haben die Entwicklung der Berghütte Maseben mit der Schließung, der Neueröffnung und seiner bisherigen Entwicklung verfolgt. Ein Kompliment an Hrn. Secci. Es geht, aber nicht von allein. Es war und ist Aufwand, aber es entwickelt sich gut.
Auch die Entwicklung der Melager Alm mit der zuletzt erfolgten Sanierung und dem verbunden Umbau sind wunderbare Beispiele.

Hier auch noch unsere Bitte an die Langtauferer: Bitte rückt zusammen und gestaltet die Zukunft zusammen. Für das Tal, für die jetzigen und zukünftigen Einwohner.

Herzliche Grüße aus dem Erzgebirge

So., 01.03.2020 - 22:26 Permalink