Politik | Aus dem Blog von Markus Lobis

Weglächeln klappt nicht, Arno!

Die Videokonfrontation zwischen Arno Kompatscher und Sven Knoll offenbart eklatante Schwächen der SVP und der Politik in Südtirol. Und untermauert eine große Stärke der Südtiroler Freiheit.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.

Eberhard Daum hat in seinem neuen Format "Daum im Stadtcafé" vor kurzem ein Streitgespräch zwischen dem SVP-Spitzenkandidaten Arno Kompatscher und dem Spitzenkandidaten der Südtiroler Freiheit Sven Knoll moderiert. Dabei wurde evident, dass die SVP in ihrer gefühlten Allmacht die Gegner unterschätzt und kein klares Bild von Südtirols Zukunft hat. Kompatscher hat sich von Knoll so richtig auf's Eis führen lassen. Aber ich denke, das wäre jedem anderen Vertreter der SVP genauso gegangen.

Das Problem ist, dass die SVP am liebsten weitermachen würde wie bisher und nicht bereit ist, einen überfälligen politischen und gesellschaftlichen Neuaufbruch für Südtirol zu wagen.

In der Selbstbestimmungsfrage kann man nicht mir formaljuridischen Argumenten vorgehen und Haarspaltereien betreiben. Für mich besteht die zentrale Frage darin, ob es gelingen kann, den individuellen Spielraum in einer aufgeklärten und offenen Gesellschaft im Rahmen eines streng laizisistischen Staates und einer europäischen Perspektive so weit zu erweitern, dass die Einzelnen für sich entscheiden und somit die individuelle Selbstbestimmung einfach täglich ausüben.

So sehr ich das bedaure und so wenig ich die Ausgangseinschätzung, die Argumentation und die Zielstellung der STF teile, so sehr erkenne ich gleichzeitig an, dass die Südtiroler Freiheit zur Zeit die einzige politische Gruppierung in Südtirol ist, die ein klares Zukunfsszenario aufzeigt und dafür um politische Unterstützung wirbt.

In Zeiten, wo alle wissen, dass ein in den Wald gepfiffenes "Weiter so!" absolut nicht die Lösung sein kann, sind auch die anderen Gruppierungen gefordert, von der vorauseilenden Bedienung ihrer Klientel abzurücken und Wege in die Zukunft zu erdenken, anzugehen und die BürgerInnen zu einen offenen und demokratischen Wettstreit einzuladen, einen bestimmten Weg einzuschlagen und die überfälligen politischen und gesellschaftlichen Umbrüche mitzugestalten.

Höchstwahrscheinlich haben sie Ihre Visionen und Kritiken schon genauer ausformuliert, eventuell auch hier auf diesen Seiten, und ich bin der einzige Leser der die nicht kennt. Aber wenn nicht, und wenn ich mir allein die Debatte und Ihre Kritik ansehe, sind Sie hier Arno Kompatscher nix voraus. Z.B. wär es interessant zu erfahren welche "politischen und gesellschaftlichen Umbrüche" "überfällig" sind. warum? und mit welchem Ziel?

Sa., 12.10.2013 - 15:22 Permalink

Das für mich Wesentliche schneide ich an, zitiere: "Für mich besteht die zentrale Frage darin, ob es gelingen kann, den individuellen Spielraum in einer aufgeklärten und offenen Gesellschaft im Rahmen eines streng laizisistischen Staates und einer europäischen Perspektive so weit zu erweitern, dass die Einzelnen für sich entscheiden und somit die individuelle Selbstbestimmung einfach täglich ausüben."

Sa., 12.10.2013 - 17:07 Permalink
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Auch wenn ich dir im Grunde - was die Diskussion betrifft - zustimme, so muss ich jedoch einwenden, dass die STF weit davon entfernt ist, ein klares Zukunftsszenario aufzuzeigen.
Vielmehr bauscht sie die "Selbstbestimmung" zum jüngsten Gericht mit Italien und dem Eintritt in paradiesische Zeiten bei Österreich auf. Jeder Frage nach dem "Tag danach" geht sie bewusst aus dem Weg, wohl wissend, dass sie so auch Unterstützung von Freistaat-Anhängern bekommen kann.
Nichtsdestotrotz ist es so, dass die Attraktivität der STF gerade daher stammt, dass sie die Zukunftsfrage überhaupt stellt. Auch wenn sie weit davon entfernt ist, eine Antwort zu liefern. Schon gar nicht auf die drängenden Probleme der Zeit.

Sa., 12.10.2013 - 15:49 Permalink

Kann diesen Beitrag nur zustimmen.
Eigentlich müsste das Markus Lobis besser wissen!
Jedesmal wenn man einen STFler fragt, wie das konkret nach nach der Abstimmung aussehen soll, weicht er aus und kann nicht mehr als ein paar schiefe Vergleiche bieten.

Sa., 12.10.2013 - 19:35 Permalink
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gorgias

Was dieser König der Geldwäscher von sich gibt ist doch leider nur Stumpfsinn. Man soll sehen was das in der Geschichte diese Kleinstaaterei gebracht hatte:
http://www.business-cloud.de/wp-content/uploads/2012/01/Kleinstaaterei_…
http://www.lsg.musin.de/geschichte/Material/Karikaturen/156%20-%20Gr%C3…

Was die Südtiroler Freiheit angeht hat das wenig mit dem Subsidiaritätsprinzip zu tun der mit dem Europa der Regionen zusammenhängt. Diese sieht vor dass sowohl Kompetenzen von den Nationalstaaten auf die europäische Ebene abgegeben werden, als auch von den Nationalstaaten auf die Regionen. Diese Sezessionsgeschichten (STF-Vulgo Selbstbestimmung) bewegen sich noch in einer nationalstaatlichen Logik. Entweder würde Südtirol Teil eines anderen Nationalstaat werden mit der Folge, dass anstatt die deutsche Sprachgruppe, die italiensiche zur nationalen Minderheit würde, oder es würde (und das will die STF nur nach der Meinungsumfrage der Dolomiten in der mehr Personen einen eigenen Staat bevorzugen, als den Anschluss an Österreich) ein eigenen Nationalstaat werden, der dann (im besten Fall) ein Mitglied der Europäischen Union würde.
Wenn wir wirklich ein starkes und föderales Europa (der Regionen) haben wollen, ist es wichtig diesen Sezessionsbewegungen nicht nachzugeben und erst die Kompetenzen EU zu stärken in dem Nationalstaaten weitere Teile ihrer Souverenität abegeben, aber das würde einen AfD-Sympatisanten wie Sie wieder hochstoßen.

Sa., 12.10.2013 - 19:31 Permalink

Nicht oft, aber dieses Mal bin ich mit gorgias absolut einer Meinung. Nationalstaatliche Überlegungen, egal in welcher Richtung, helfen uns in keinster Weise.

Sa., 12.10.2013 - 19:38 Permalink

Sehr geehrter Herr Lobis,
die Mitglieder der STF bemühen sich tagtäglich, das Thema "Selbstbestimmung" zu thematisieren, da es leider traurige Realität ist, dass wir - zusammen mit allen anderen Europäern und dem Rest der Menschheit - von der Entscheidung über die Form, territoriale Ausdehnung und Ausrichtung unserer Gemeinschaften sytematisch ausgeschlossen werden.
Konkrete und tragfähige Zukunftsszenarien für Südtirol und alle seine Bürger gibt es zur Genüge, aber solange uns die Ausübung des Rechtes auf Selbstbestimmung verwehrt wird, ist alles andere eine reine Milchmädchenrechnung.
Ich stimme völlig mit Ihnen überein, dass wir erreichen müssen, eine aufgeklärte und offene Gesellschaft im Rahmen eines streng laizisistischen Staates und einer europäischen Perspektive zu formen, und dort die individuelle Selbstbestimmung täglich zu leben.
Doch eine individuelle Selbstbestimmung ohne gesamtgesellschaftliche Entsprechung wäre nicht mehr als von einem einfachen Käfig in ein schön gestaltetes Freiluftgehege umzuziehen.
Im Zoo blieben wir allemal...
Beide Vorstellungen fußen auf den gleichen Prinzipien und müssen sich ergänzen.
Im Übrigen finde ich Ihre ausgewogene Position, welche nicht automatisch alles verdammt und dämonisiert, was von der STF kommt, für diese Seiten wirklich bemerkenswert.

Sa., 12.10.2013 - 20:01 Permalink
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gorgias

Ich hoffe es ist Ihnen nicht allzu unangenehm mit mir Übereinzustimmen. Passen Sie auf, dass es nicht zur Gewohnheit wird. :-)

Sa., 12.10.2013 - 20:01 Permalink

nein, nein, hab nichts dagegen mit ihnen übereinzustimmen. Überhaupt nicht. Auch wenn Emotionen zur menschlichen Natur gehören und einen oftmals Dinge im ersten Moment anders formulieren lassen, als man vielleicht möchte, es zählen die Inhalte und die Sache. Und da soll man absolut anerkennen, wenn man das eine Mal ähnlich denkt und das andere Mal wieder nicht. Wäre auch schön, wenn das die Politik hinkriegen würde.

Sa., 12.10.2013 - 20:26 Permalink
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pérvasion

Ich gestatte mir, einfach eine Frage aus den FAQs der BBD hier reinzukopieren, als Antwort auf Lobis' individuelle Selbstbestimmung:
*
34. Nicht die kollektive Selbstbestimmung ist wichtig, sondern die individuelle Selbstbestimmung jedes einzelnen Bürgers. ↺
*
Es ist grundsätzlich wenig sinnvoll, zwei Ideen gegeneinander auszuspielen, die einander nicht ausschließen. In diesem speziellen Fall ist es sogar absurd: In einer Demokratie kann nämlich die individuelle Selbstbestimmung nur selbstbewusste, eigenständig denkende und mit allen demokratischen Rechten ausgestattete Bürger hervorbringen, die als Voraussetzung für die kollektive Selbstbestimmung gelten. Wenn eine breite Mehrheit selbstbestimmter Individuen in einem Gebiet die territoriale Selbstverwaltung wünscht, wird ihnen in einer Demokratie über kurz oder lang niemand verbieten können, dies mittels eines basisdemokratischen Entscheids umzusetzen. Alles andere hätte — über die Einschränkung der kollektiven Selbstbestimmung — auch die Einschränkung der individuellen Selbstbestimmung zur Folge.

Sa., 12.10.2013 - 20:56 Permalink

Ich finde es schade wie hier auf salto das Thema kollektive Selbstbestimmung (und damit meine ich den Prozess und nicht das Sezessionsreferdum mit positiven Ausgang, wie das die STF meint) abgestraft wird. Das Thema wird an sich gerne lächerlich gemacht, wenn nicht einfach ignoriert oder als Unruhestiftei abgetan.
Doch gerade das macht die STF stark, weil es im Prinzip legitim ist, sich bewußt mit dem Thema Selbstbestimmung auseinander zu setzten. Leider stimme ich in keinster Weise mit den Rethoriken und Methoden dieser Bewegung überein, die versucht alles so Wage wie möglich zu halten, sowohl das angestrebte Ergebnis als auch die konkreten Schritte um dieses zu erreichen. Wo das Thema direkte Demokratie mißbraucht wird, in dem man eine als Wahlwerbung deklarierte, nicht repräsentative Umfrage mit Preisausschreiben, als Volksabstimmung bezeichnet.
Auch die Motivationen die von der STF angeführt werden, sind leider Argumentationen von "Freiheit von" (weg von Italien) und nicht von "Freiheit zu" (konkrete Ausgestaltung dieser Selbstbestimmung). Es werden gerne das nationale und internationale politische Umfeld ignoriert. Wie wirkt sich ein bestimmter Weg der Selbstbestimmung zu den Beziehungen zu Rom aus? Wie wird eine Sezessionsbewegung vom internationalen Umfeld (USA, Russland, China) als auch vom engeren europäischen gesehen. Wie sehen die Beziehungen Südtirols in bestimmten Situationen zur EU aus und in wie weit kann eine Sezession die europäische Integration stören? Das Thema benötigt eine redliche und fundierte Diskussion, denn wo Markus Lobis recht hat ist, dass so wie sie im Moment geführt wird eher die STF stärkt.
Denn genauso wie von der einen Seite dieses Thema nicht diskutiert werden will und als lästig abgetan wird, wird es von Seite der STF nicht wirklich hinterfragt und als quasi Selbstzweck geführt. Man müsste sich die Frage stellen, warum man die Selbstbestimmung will und auch argumentieren warum dieses Ziel damit am besten erreicht wird. Und ob dieses Ziel auch realistisch Umsetzbar ist und mehr tun als eine Reihe hinkender Beispiele von Grenzverschiebung aufzuzählen, die auf dem zweiten Blick in sich zusammenfallen, weil sie unsere Situation im wesentlichen nicht wiederspiegeln.
Aber dafür müsste man sich trauen diese Frage ergebnisoffen zu stellen: "Wird das am besten durch ein Sezessionreferundum erreicht. Welche Vorbereitungen braucht es dafür? Ist es jetzt der richtige Zeitpunkt oder sollte man dieses Ziel besser mit den europäischen Entwicklungen abstimmen? Oder wird dieses Ziel gar am Ende besser durch den Ausbau der Autonomie verwirklicht?" Und was ist überhaupt dieses Ziel?
Das höchste Ziel für mich ist die Steigerung der Lebensqualität, die individuelle Freiheit und die wirtschaftliche und kulturelle Entfaltung. Dabei ist der Erhalt der minderheitlichen Sprachgruppen ( und damit meine ich die deutsche und ladinische Sprachgruppe als nationale Minderheit und die italienische als lokale ) und deren Zusammenleben die Grundvoraussetzung. Doch genau hier zeigt sich die STF als inkompetent indem sie es nicht schafft alle Sprachgruppen einzubinden und hauptsächlich ihre Klientel mit Ressentiments gegenüber Italien mobilisiert und mehr die Beziehungen zwischen den Sprachgruppen stört und uns am ehesten als südtiroler Gesellschaft blockiert und handlungsunfähig macht.

So., 13.10.2013 - 02:35 Permalink
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gorgias

>Es macht keinen Sinn, die Nationalstaaten abzuschaffen und die Kompetenzen des Nationalstaates auf die EU zu übertragen, genausowenig wie ich mir ein Europa unzählig zersplitterter Kleinstaaten wünsche. Ich bekenne mich klar zu einem Europa, das dezentral nach dem Subsidiaritätsprinzip aufgebaut ist.<
Wissen Sie überhaupt was der Subsidiaritätsprinzip bedeutet? Dass immer die kleinstmöglichste Einheit, die dazu Fähig ist, eine Aufgabe übernimmt. Dafür wäre gibt es oft auch kleine Einheiten als Nationalstaaten und andererseits sind Nationalstaaten in einer globalisierten Welt für vieles nicht mehr groß genug. So wäre dringend nötig dass die EU eine gemeinsame Außen-, Sicherheits-, Handels- und Wirtschafts- und Sozialpolitik aufbaut um gegenüber anderen Global Playern auftreten zu können. In den letzten zehn Jahren wurde aus der EU-15 die EU der 28, was die Entscheidungsfindung äußert erschwert hat. Auch wurde die EU in den letzten Jahren politisch öfter überumpelt als man sich z.B. von Donald Rumpsfeld in ein "altes" und "neues" Europa außeinanderdivideren lies. Die meisten Gesetzte, die in den nationalen Parlamenten abgestimmt werden sind eh schon in Brüssel gefällte Entscheidungen. Dabei schimpfen gerne nationale Politiker über Brüssel und vergessen dabei dass sie selbst dafür gestimmt haben.
Wenn man mehr Kompetenzen vom EU-Rat auf das EU-Parlament übetragen würde, würde mehr Transparenz enstehen und die demokratische Legitimierung stärken. Dies ist aber ein langwieriger Prozess, der in kleinen Schritten von sich gehen wird und von mir aus auch über 50 Jahre dauern kann. Es ist aber auch wichtig, dass man in der Zwischenzeit sich diesen Weg nicht verbaut. Das bedeutet nicht, dass deswegen gleich ein europäischer Zentralstaat entstehen muss. Bestes Beispiel ist die USA wo der Präsident außenpolitisch ein Riese und innenpolitisch ein Zwerg ist, der sich politisch äußerst schwer durchsetzen kann, einem System von check and balances unterworfen sit und die einzelnen Staaten eine starke Stimme haben und in vielen Dingen selbst selbst frei entscheiden können. Die große Stärke der USA beruht auf ihre föderale Struktur, die sie ihren Gründervätern zu verdanken hat und den Ausgang des Bürgerkrieges. Hier kommt mir die europäische Union genau das Gegenteil vor, wo Dinge nach innen bis ins letzte Detail reguliert werden und außenpolitisch kaum wahrnehmbar ist.
Die EU ist gerade dabei auf die die NSA-Affäre zu reagieren und eine EU-Datenschutzverordnung auszuarbeiten. Hoffen wir, dass nicht irgend ein Mitgliedsstaat alles aus nationalem Interesse blockiert .

So., 13.10.2013 - 03:17 Permalink