Coronavirus
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Gesellschaft | Corona-Panik

Wie der Virus ein Land verändert

Die Massenflucht aus der Lombardei in den Süden ist Ausdruck wachsender Hysterie
Die Zeichen stehen auf Sturm. Die Börse stürzt ab, der Ölpreis sinkt um 30 Prozent. Der bisher zur Schau gestellte Optimismus ist verflogen. Der Wendepunkt kam am Wochenende mit einer erneut aus dem Regierungslager durchgesickerten Indiskretion: die Lombardei und mehrere Provinzen des Veneto und der Emilia-Romagna werden zum Sperrgebiet erklärt. Die Nachricht löste eine surreal anmutende Panik aus. Tausende in Mailand lebende Süditaliener  packten ihre Koffer, bewegten sich im Eilschritt auf die Bahnhöfe zu und drängten sich in bereits volle Züge und Autobusse. Alle Appelle zur Vernunft waren vergeblich. Die Präsidenten Apuliens, Kalabrien und Siziliens appellierten an ihre Landsleute, sich bei der Ankunft beim Sanitätsdienst registrieren zu lassen und zuhause zu bleiben.  Wieviele diesem Aufruf Folge leisten, bleibt offen.
 
Sicher ist nach Überzeugung der Virologen, dass die Massenflucht nun die bisher niedrige Zahl der Ansteckungen in den Regionen Süditaliens erheblich erhöhen wird.  
 
Aus diesem Grund wurden viele der Ankömmlinge von ihren Verwandten mit mässiger Freude empfangen. Kalabriens neue Präsidentin Jole Santelli richtet einen verzweifelten Appell an ihre Mitbürger: "Calabresi fermatevi, la nostra sanità non è in grado di reggere il contagio. Occorrono sanzioni per chi non rispetta le prescrizioni". Was die Lage zusätzlich verschärft: "60 Hausärzte der Provinz Cosenza befinden sich in Quarantäne, nachdem sie einen mit Corona-Virus infizierten Pharma-Vertreter getroffen hatten.
Apuliens Präsident Michele Emiliano: "Non portate nella nostra regione l'epidemia lombarda, veneta ed emiliana scappando per prevenire l'enrata in vigore del decreto del governo. Le regole sono chiare: isolamento per 14 giorni, avvertire il medico curante e compilare un modello onliene."  Kampaniens Präsident Vincenzo De Luca liess in Caserta einen Zug aus Mailand und in Salerno mehrere Busse nach Matera stoppen. 
Freilich herrscht auch im Norden herrscht alles andere als  Optimismus. "I danni saranno pesantissimi", fürchtet Bergamos Bürgermeister Giorgio Gori: "Aumenterá il numero dei pazienti gravi." Ärzte und Sanitäter sind sich einig über das einzige wirksame Rezept: "Bisogna restare a casa." Der Virologe des Mailänder ospedale Sacco, Giorgio Galli, zeigt sich empört darüber, dass in viele Städten wie Rom und Mailand die movida beim abendlichen Aperitif ungeniert anhält: "A costo di essere detestato, dico che locali e punti di aggregazione vanno chiusi pure nelle regioni non ancora intensamente coinvolte dal problema".
Galli geht noch einen Schritt weiter: "Bisogna requisire qualche albergo, poiché in troppi non dispongono di una casa adatta per una quarantena domiciliare." Scharf kritisiert Galli auch das Durchsickern der Nachricht über die Einführung des  Sperrgebiets, die mehreren Tausend Personen die sofortige Abreise nach Süditalien ermöglichte - "con alto rischio di infettare le proprie famiglie."  
Vor welche Probleme der Virus die Ärzte stellt, führt ein eindrückliches Corriere-Interview mit dem Anästhesisten Christian Salaroli vom Krankenhaus in Bergamo vor Augen: "Dobbiamo scegliere chi curare e chi no. Come in ogni guerra. Tanti miei colleghi stanno accusando questa situazione. Non è solo il carico di lavoro, ma quello emotivo che è devastante. Ho visto piangere infermieri con trent'anni di esperienza alle spalle."
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Peter Gasser Mo., 09.03.2020 - 20:38

Wieso soll es deshalb eine Panik geben?
Wenn Gefahr droht, kriecht jedes Tier in seinen Bau und verhält sich erst Mal ruhig: das erden doch auch wir „homo faber“ schaffen?

Mo., 09.03.2020 - 20:38 Permalink
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Karl Trojer Di., 10.03.2020 - 10:04

Antwort auf von Peter Gasser

Ja , auch da könnten wir von der Natur lernen, ohne hysterisch zu werden... Österreich und Deutschland täten gut daran ihre eigenen BürgerInnen besser vor Infektionen von innen her zu schützen. als Schuld auf Italien zu schieben, das nur ehrlicher und effizienter mit dem Virus umgeht.

Di., 10.03.2020 - 10:04 Permalink