Gesellschaft | Corona
„Kein Grund zur Panik“
Foto: Universität Erlangen
Salto.bz: Herr Professor Steinkasserer, wie gefährlich ist die Lage rund um die Corona-Krise wirklich?
Alexander Steinkasserer: Es gibt keinen Grund in Panik zu verfallen. Aber die Lage ist ernst. Jeder Einzelne sollte versuchen, kritisch und selbstverantwortlich zu handeln. Dabei muss man hauptsächlich darauf achten, dass ältere Personen über 65 Jahre nicht der Gefahr einer Infektion ausgesetzt werden. Denn ältere Personen, die bereits multiple Vorerkrankungen aufweisen, sind die massiv gefährdete Gruppe. Für junge und gesunde Menschen ist das Ganze ein geringeres Problem. Erwähnenswert ist hierbei auch die Erkenntnis, dass viel, viel mehr Menschen infiziert sind, als bisher bekannt wurde. Erfreulicherweise treten jedoch bei den meisten jüngeren Menschen gar keine oder nur ganz geringe Symptome auf.
Ähnelt der Verlauf der Krankheit nicht anderer, gefährlicher Grippearten, die jährlich ebenfalls Zehntausende Tote fordern?
Es gibt einen eklatanten Unterschied. Deutlich wird das, wenn wir uns die Komplikationsrate in einem Diagramm anschauen. Wenn wir auf der Y-Achse die Zahl der „komplizierten“ Fälle auftragen und auf der X-Achse das Alter der Patienten, dann verläuft die Kurve bei der normalen Influenza-Infektion in einer Art U-Form. Das heißt, dass Babys und Kleinkinder stark gefährdet sind und dann wiederum die alten Menschen. Bei Corona aber sind – soviel man bisher weiß – nicht Babys, Kleinkinder, Schwangere und Personen bis 65 hauptsächlich betroffen, sondern viel mehr die älteren Menschen über 65. Deshalb ist es absolut wichtig, diese zu schützen, indem man u.a. sicherstellt, dass sie nicht mit potentiell infizierten Personen in Kontakt kommen. Daher sollten z.B. Omas und Opas nicht mehr auf die kranken Enkelkinder aufpassen, oder diese vom Kindergarten/ Schule abholen. Ältere Menschen sollten auch nicht zu öffentlichen Veranstaltungen gehen. Darüber hinaus sollten die „Jüngeren“ das Einkaufen und andere Besorgungen übernehmen.
Eine Weltuntergangsstimmung ist völlig deplaziert.
Sie würden also die Einschränkung des Umgangs mit älteren Menschen für sinnvoll halten?
Absolut. Nur so kommen wir wirklich weiter, denn wir müssen sicherstellen, dass das öffentliche System nicht überlastet wird. Nehmen wir zum Bespiel die Sanität her. Wenn ich jeden Arzt / Pfleger, der irgendwann einmal mit einem Infizierten in Kontakt stand ohne zu wissen, ob er nun auch selbst infiziert wurde, aus dem Verkehr ziehe, und gleichzeitig immer mehr infizierte, ältere Menschen stationär aufgenommen werden müssen, dann bricht das Gesundheitssystem zusammen. Denn irgendwann habe ich keine Ärzte und Pfleger mehr. Das wäre eine konkrete Möglichkeit. Natürlich müssen die Empfehlungen nach und nach den sich laufend wechselnden Realitäten angepasst werden.
Diskutiert man diese Maßnahme in Fachkreisen?
Ja, sehr konkret. So hat z.B. Herr Prof. Christian Drosten, der Leiter des Instituts für Virologie an der Berliner Charité, ganz konkret auf diese Problematik hingewiesen. Laut seiner Aussage gibt es bei der klassischen Influenza-Infektion die oben beschriebene U-Form, während bei Corona vor allem die Älteren, über 65-Jährigen besonders stark betroffen sind.
In Italien und in Südtirol tut man so, als sei der Weltuntergang nahe...
Also eine Weltuntergangsstimmung ist völlig deplaziert. Dazu tragen leider auch die Medien und viele soziale Medien bei, die bewusst Ängste schüren. Und die Angst ist selbst in Krisensituationen ein ganz schlechter Ratgeber. Ich würde sagen: keine Panik, man braucht auch keine Hamsterkäufe zu machen, sondern man soll bewusst mit der Situation umgehen. Sich informieren, welche Hygienemaßnahmen man beachten soll, große Veranstaltungen meiden und wie oben erwähnt, sollten vor allem ältere Menschen den Kontakt zu Jüngeren massiv einschränken.
Warum aber hat man in Deutschland eine völlig andere Situation. Dort scheint im öffentlichen Leben mehr oder weniger alles so weiterzulaufen wie bisher?
Ich glaube, dass man in Italien ganz einfach mehr getestet hat als in Deutschland. Deshalb hat man auch mehr bestätigte Fälle. Inzwischen werden aber auch in Deutschland mehr Tests durchgeführt, und daher wird auch hier die Zahl der Infizierten drastisch ansteigen. Dieses Virus ist längst auf der ganzen Welt verbreitet, die Menschheit wird daran aber ganz sicher nicht aussterben.
Mit Infektionen ist es wie in der U-Bahn. Solange man nicht kontrolliert, findet man auch keine Schwarzfahrer.
Es gibt inzwischen Theorien, dass es das Covid-19-Virus schon seit Jahren gibt?
Den genauen Zeitpunkt, wann dieses Virus vom Tier auf den Menschen übertragen wurde, kann man nicht genau angeben. Über erste Infektionen in China wurde Ende 2019 berichtet. Es könnte aber durchaus sein, dass dieses Virus bereits Monate vorher Menschen infiziert hat und sich die Infektion daher schon viel früher ausgebreitet hat. Aber mit Infektionen ist es wie in der U-Bahn. Solange man nicht kontrolliert, findet man auch keine Schwarzfahrer.
Was kann der Einzelne in dieser Situation tun?
Wie bereits gesagt, ganz besonders die Hygienemaßnahmen einhalten. Ich halte es auch für vernünftig Großveranstaltungen jetzt abzusagen, weil das Virus inzwischen so weit verbreitet ist. Vor allem aber sollte man den Kontakt zu älteren, gefährdeten Personen auf das Nötigste beschränken. Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen eine Immunität gegen dieses Virus entwickeln werden, und dann kommt die klassische Herdenimmunität zum Tragen und wird dafür sorgen, dass wir auch mit diesem Virus, wie mit tausenden anderen Viren, in Koexistenz weiterleben.
Ich bin überzeugt, dass die meisten Menschen eine Immunität gegen dieses Virus entwickeln werden.
Sie gehen davon aus, dass wir diese Corona-Krise überwinden werden?
Ja, absolut. Ich gehe davon aus, dass die Welle im Laufe des Jahres abflachen wird. Wir leben mit vielen Viren. Das Problem taucht immer dann auf, wenn ein neues Virus die eigene Spezies verlässt und z.B. vom Tier zum Menschen übergeht. Dann sind wir ungeschützt. Das Immunsystem kennt den Angreifer nicht, wir haben keine schützenden Antikörper. Aber je besser die Herdenimmunität ausgeprägt ist, desto besser sind wir auch vor dieser Infektion geschützt. Es ist dasselbe Prinzip, auf dem auch die Impfung beruht.
Sie forschen an der Uni Erlangen auch zum Corona-Virus?
Wir starten gerade ein neues Forschungsprojekt und untersuchen, wie sich dieses Virus auf Zellen des Immunsystems auswirkt bzw. diese beeinträchtigt. Das ganze ist immer eine Art Yin-Yang-Situation. Das Virus versucht das Immunsystem auszutricksen und das menschliche Immunsystem versucht wiederum das Virus in Schranken zu halten. Es ist ein Kampf, der tobt und der zurzeit extrem spannend ist.
Sie als Fachmann scheinen dennoch zuversichtlich zu sein?
Absolut. Denn es besteht wirklich kein Grund zur Panik, aber sehr wohl zur Vorsicht.
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Danke, beste Information zum
Danke, beste Information zum Thema die ich bisher gelesen habe. Bitte das Interview übersetzen und Ministerpräsident Conte schicken.
Antwort auf Danke, beste Information zum von Urban Von Kleb…
Ministerpräsident Conte setzt
Ministerpräsident Conte setzt doch genau das um, was im Artikel geschrieben steht.
Antwort auf Ministerpräsident Conte setzt von Peter Gasser
Sind Sie da sicher?
Sind Sie da sicher?
Ich denke, Schulen, Kindergärten und Kitas zu schliessen, führt doch genau dazu, dass ältere menschen mit Kindern in Kontakt kommen, oder wo sollen die ganzen Kinder denn hin, wenn nicht zu ihren Grosseltern, wenn diese Möglichkeit besteht.
Da wären sie in den öffentlichen Einrichtungen, und unter Ihresgleichen wahrscheinlich besser aufgehoben.
Antwort auf Sind Sie da sicher? von Manfred Gasser
Können Sie sich das
Können Sie sich das Übertragungsrisiko auf einem Schulhof mit 400 Kindern vorstellen...? Nach einer Woche wären wohl ALLE infiziert... und damit all deren Eltern, und damit: wäre das ganze Sanitätssystem hoffnungslos überlastet - man muss beides bedenken, den Schutz der „Alten“ UND die Kapazität des Gesundheitssystems.
Würden 100.000 Südtiroler gleichzeitig infiziert, und 10% davon erkranken, und davon nochmal 10 % schwer, bräuchte man 1.000 Krankenhausbetten ZUSÄTZLICH zum Normalbetrieb...
Darin liegt die ganze Problematik begründet, in der absolut notwendigen VERZÖGERUNG der Durchseuchungsrate.
In Deutschland wird
In Deutschland wird zeitversetzt das selbe passieren wie in Italien. Nur dass es noch fahrlässiger ist, da die Hochnäsigkeit der Deutschen einen Lehr Prozess verhindert.
Antwort auf In Deutschland wird von Max Benedikter
Das kann man auch
Das kann man auch differenzierter sehen:
Italien hatte das Pech, der erste in Europa zu sein, es traf Italien daher eher unvorbereitet; alle anderen sind durch die Situation in Italien nun aber vorgewarnt, und haben deren „Schutzsysteme“ früher hochgefahren.
Aber natürlich rollt die „Welle“ durch den Kontinent durch.
Alles richtig, so weit, gute
Alles richtig, so weit, gute Beruhigung, wenn man so will. Nur, wenn ich zuhause ins Auto steige, auf den Berg hinauf fahre, dort allein spazieren gehe, dann wieder retour im Auto heim fahre, dann tue ich etwas für meine Gesundheit und mein Immunsystem und komme mit niemanden in Kontakt; warum wird das verboten?
Antwort auf Alles richtig, so weit, gute von Richard Lang
... dieselbe Ausnahme dann
... dieselbe Ausnahme dann für Spaziergänge am Meer, Spaziergänge im Wald (es gibt ja nicht nur Sie), und wer soll das dann, wenn es 1.000.000 Menschen tun, auch überprüfen?
Der Allgemeinheit wegen wird man es schon mal 2 - 3 Wochen ausderhalten, ein gutes Buch lesen, eventuell...
Dem Prof. Seinkasserer besten
Dem Prof. Seinkasserer besten Dank für diese sachliche Information. Für ältere Menschen, wie mich, ist es wohl das Beste möglichst bis Anfang April daheim zu verweilen. Sinnvoll dürfte es wohl auch sein, den Kontakt mit Menschen jünger als 65 Jahre zu minimieren.
"Sie gehen davon aus, dass
"Sie gehen davon aus, dass wir diese Corona-Krise überwinden werden?"
man stelle sich vor, er sagte nicht Ja......
#Benedikter "Die Südtiroler
#Benedikter "Die Südtiroler sind die Besten" - Ironie aus..
Für mich entstehen durch
Für mich entstehen durch dieses Interview mehr Fragen, als dass ich Antworten erhalten hätte. Z. B. ist für mich noch die Frage offen, wie lange ein Infizierter, der nicht erkrankt ist, ansteckend ist oder bleibt? Weiß das jemand?
Das Virus soll von Tieren auf den Menschen übergesprungen sein: Ich wusste nicht, dass Tiere auch an Atemwegserkrankungen und viralen Infektionen leiden? Ich habe jedenfalls noch nie ein Tier husten, niesen, räuspern u.Ä. gesehen oder gehört. Oder wie äußert sich das bei Tieren?
Die Annahme, dass Italien mehr getestet habe, als Deutschland, scheint mir auch aus der Luft gegriffen. In Italien gibt es nur deutlich mehr Kranke und Tote als Deutschland!
Antwort auf Für mich entstehen durch von Sepp.Bacher
Ich habe eine Textnachricht
Ich habe eine Textnachricht erhalten mit der Bitte, sie weiter zu leiten. Darin steht, dass die Inkubationszeit bis zu 20 Tage betragen kann, bevor die Symptome sichtbar werden. Aber auch bei Symptomen steckt man noch an, also ist mein Schluss, dass jemand länger als 20 Tage den Virus übertragen kann!
Experten aus Taiwan, so heißt es in der Nachricht, bieten eine einfache Selbstkontrolle an, die man jeden Morgen durchführen könnte. Japanische Ärzten empfehlen: jeder sollte sicherstellen, dass sein Mund und Hals feucht und niemals trocken ist. Man sollte alle 15 Minuten ein paar Schluck Wasser zu sich nehmen. Das ist das Wichtigsten einer längeren Nachricht.
Ich bin kein Arzt, deswegen
Ich bin kein Arzt, deswegen wende ich mich mit meinen Fragen und Zweifeln an Ärzte. Ich versuche, die Rechtfertigungen für die massiven Einschränkungen der Menschenrechte bis an das Ende weiter zu denken. Die Menschenrechte Bewegungsfreitheit, Versammlungsfreiheit sowie Recht auf soziale Kontakte sind ein hohes Gut und sollten nicht aufgrund von Willkür eingeschränkt werden, es bedarf wissenschaftlicher und nachvollziehbarer Nachweise.
Wenn es so ist,
1. dass es in Italien den Patienten 0 gegeben hat und einige Wochen später sind laut offizieller Nachrichten 10.000 infiziert und 1000 davon gestorben,
2. wenn es immer wieder passieren kann, dass sich ein neues Virus verbreitet, weil es "vom Tier auf den Menschen überspringt" oder durch Mutationen,
3. dass im Sommer die Verbreitung geringer ist, weil die Tröpchen schneller verdunsten
dann kann es passieren, dass die Reisebeschränkungen nach dem "Ende der Pandemie" wieder aufgehoben und dass spätestens im nächsten Winter es wieder einen Patienten 0 geben kann.
Deshalb frage ich mich, unabhängig von den Begründungen durch Statistiken, was stärkt die Immunabwehr des Einzelnen?
Was macht es aus, dass jeder von uns Träger des Virus sein kann, ohne zu erkranken?
Weiters frage ich mich, was die Gründe für die in den Medien zitierten Erkrankungen durch den Corona-Virus sind, und ob diese nachvollziehbar dokumentiert werden, damit auch unabhängige Fachleute (Mediziner) dies bestätigen können.
Ich denke dabei an die Aussage des Mediziners Raino' Salvatore, der auch die Nebenwirkungen des Aspirins für Probleme mit Atemnot verantwortlich macht: https://www.youtube.com/watch?v=GFisvG6Mg2M&feature=youtu.be&fbclid=IwA…
Deshalb frage ich mich, was die Alternative zu diesen massiven Einschränkungen der Menschenrechte sein kann, die ich als unerträglich erlebe:
kann es eine allgemeine Förderung der physischen und psychischen Gesundheit sein? Also gute und biologische Ernährung, ausreichend Bewegung, Reduktion der Belastungen durch Elektrosmog, giftigen Emissionen von Baustoffen und Abgasen des motorisierten Verkehrs, Reduktion von Angst und Hass, gute und gelingende Beziehungen, sinnstiftende Arbeit, und vieles mehr?
ps: ich habe den Artikel und die Kommentare auf Italienisch übersetzt (mit deepl.com), hier können sie herunter geladen werden www.a-bo.net/download/Immunologe_Alexander_Steinkasserer-Corona-Virus.p…
Antwort auf Ich bin kein Arzt, deswegen von Bernhard Oberrauch
da es Epidemien aufgrund
da es Epidemien aufgrund bakterieller Erreger „immer schon“ gab, ist Ihre Schlussfolgerung nicht richtig. Auch bei Tieren gibt es diese Infektionen und Epidemien.
Auch im Mittelalter gab es sie, im Altertum... wahrscheinlich sind die meisten mit der neolithischen Revolution entstanden...
Ich masse mir kein Urteil an,
Ich masse mir kein Urteil an, aber ich teile die vorsichtig geäußerte Meinung von Prof. Steinkasserer und glaube, dass dieses Virus im Vorjahr zu dieser Zeit schon bei uns kursierte. Denn: genau die Krankheitssymptome, die von den Virologen jetzt beschrieben werden, hatten im Februar 2019 bereits Kranke in meinem Bekanntenkreis. Auffallend dabei war der Krankheitsverlauf und der besonders hartnäckige Husten, der sich über Wochen hinzog und so bei keiner früheren Erkrankung die Jahre zuvor aufgetaucht war.