Wirtschaft | Tourismus

„Viele sitzen hier fest“

Südtirols Hotels mussten schließen. Aber viele Saisonarbeiter können nicht mehr in ihr Heimatland zurückkehren. HGV-Präsident Manfred Pinzger über die Situation.
Manfred Pinzger
Foto: HGV
Salto.bz: Herr Pinzger, was passiert jetzt mit den vielen Saisonarbeitern der Gastbetriebe und Hotels, die jetzt schließen mussten?
 
Manfred Pinzger: Die Lage der Mitarbeiter ist sehr unterschiedlich und hängt vom Heimatland ab. Die Wiedereinreise regelt jedes Land selbst und Italien hat keinen Einfluss darauf. Manche Länder wie z.B. Rumänien akzeptieren generell keine Einreisen aus Italien mehr. Das heißt Mitarbeiter aus solchen Ländern sitzen bei uns fest. Hinzu kommt, dass es durch die Quarantäne keine Züge oder Flüge nach Osteuropa mehr gibt, das betrifft vor allem die Saisonmitarbeiter im Westen Südtirols.
 
Manche haben versucht nach Österreich auszuweichen oder von Innsbruck aus nach Hause zu kommen?
 
Ja, aber, Österreich hat nun auch die Maßnahmen verschärft. Wer von Österreich abfliegen will, braucht ein ärztliches Zeugnis und das ist für Nicht-EU-Bürger, die nur übergangsmäßig hier sind, auch problematisch.
Manche Länder wie z.B. Rumänien akzeptieren generell keine Einreisen aus Italien mehr. Das heißt Mitarbeiter aus solchen Ländern sitzen bei uns fest.
Ein Hotelier berichtet von mehreren Saisonarbeitern aus Süditalien, insbesondere Apulien, die hier bei uns festsitzen, weil sie nicht in ihre Heimatregion einreisen dürfen?
 
Insbesondere im Grödner- und Gadertal arbeiten viele Saisonarbeiter aus dem Süden Italiens. Dass sie nicht nach Hause reisen dürfen ist mir allerdings neu. Aber wenn die staatlichen Quarantänemaßnahmen vorsehen, dass man daheim bleiben soll, ist wohl klar, dass man auch für diese Personen akzeptable Voraussetzungen schaffen muss, um wieder nach Hause zu kommen.
 
Was kann der HGV tun?
 
Die Situation ist schwer zu erfassen, es sind immer nur Momentaufnahmen, denn alles was jetzt gerade noch gilt, ist morgen schon wieder überholt. Es gibt vom Staat keine klare langfristige Linie und jeden Tag kommen laufend neue Änderungen dazu. Der HGV hat im Moment also nur wenig Spielraum, aber wir haben heute unsere Forderungen an die Senatoren in Rom und an die Landesleitung gestellt.
Die Situation ist schwer zu erfassen, es sind immer nur Momentaufnahmen, denn alles was jetzt gerade noch gilt, ist morgen schon wieder überholt.
Welche Forderungen haben Sie konkret an die lokale Politik und an Rom?
 
Einerseits braucht es Unterstützung für diejenigen Mitarbeiter der Gastbetriebe, die hier in Südtirol festsitzen, weil sie nicht nach Hause können. Natürlich können diese Mitarbeiter sich weiterhin im Betrieb aufhalten, da ihre Arbeitsverträge meistens auch eine Unterbringung vorsehen. Diese Verträge sind ja trotz allem noch gültig und es wird keiner auf die Straße gesetzt. Andererseits braucht es Unterstützung für die Gastbetriebe selbst, die bereits Arbeitsverträge abgeschlossen haben, aber jetzt mit einem kompletten Saisonausfall konfrontiert sind und die Kosten stemmen müssen.
Drittens muss man auch an die Abfederungsmaßnahmen für den Zustand „danach“ zurechtlegen, wenn man nach diesem großen Einschnitt den Markt wieder ankurbeln muss. Wir müssen weiterhin positiv denken und diese positive Ausstrahlung auch nach außen tragen.   
Bild
Salto User
Sepp.Bacher Sa., 14.03.2020 - 14:15

Ich habe gerade heute gedacht, dass in Tourismus-Orten wahrscheinlich viele Gastarbeiter betroffen sein werden, vor allem jene im Service (Baristen, Kellner) und im Wellnessbereich (Masseure, Kosmetikerinnen) und Animateure, usw.
Ob Süditaliener nach Hause dürfen, dazu habe ich widersprüchliche Infos vernommen: zuerst hat man die Süditaliener, die vom Norden nach Hause flüchten wollten, gestoppt, damit sie nicht den Virus in den Süden tragen. Mit dem heutigen Dekret vom Landeshauptmann, klingt das wieder gegenteilig. Ob er wohl alles mitbedacht hat? Oder agiert er aus reinem Egoismus? Hauptsache, uns geht es gut! Zuerst wirbt man die Gäste und die Gastarbeiter an, und kaum kommt etwas dazwischen, sollen alle schon weg sein - ohne Rücksicht auf Verluste. Ist das die vielbeschworene christliche Tiroler-Kultur?

Sa., 14.03.2020 - 14:15 Permalink