Umwelt | Lockdown Corona

Dissingers Betriebswirtschaft

Der Vorsitzende des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz setzt sich für Unternehmen und sportliche Aktivitäten ein. Wo bleibt der Umwelt- und Naturschutz?
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Kommentar von Martin Hilpold zu offenen Brief von Hanspeter Dissinger

Hanspeter Dissinger schreibt in einem offenen Brief:

S.g. Herr Landeshauptmann und Landesregierung

Ich wende mich an Sie als Vorsitzender des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz und als Kleinunternehmer und bedanke mich im Voraus für Ihre Aufmerksamkeit.

Generell hoffe ich, dass die Corona Krise zumindest langfristig positive Auswirkungen auf die Umwelt hat und sowohl bei der Bevölkerung als auch bei der Politikern ein Umdenken hervorruft , indem dem Naturschutz mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird und die regionalen Kreisläufe gestärkt werden .

Dies wäre ein wertvoller Beitrag um die nahende Klimaerwärmung, mit ihren dramatischen Folgen, doch noch in den Griff zu bekommen.

Allerdings muss man feststellen, dass der jetzige Lockdown gravierende wirtschaftliche und soziale Auswirkungen hat und noch haben wird.

Nachdem sich gottseidank aber auch bei uns die Kurve der Neuinfektionen abgeflacht ist, wären aus meiner Sichtweise folgende Erleichterungen erstrebenswert:

  • Kleinen – und mittleren Betrieben sollte nach Ostern, mit den erforderlichen Sicherheitsvorkehrungen, die Arbeit wieder ermöglicht werden.
  • Kleinen- und mittleren Einzelhandelsbetrieben sollten, mit den notwendigen Sicherheitsvorkehrungen ( Maskenpflicht, Einhaltung der Abstandsregeln, begrenzte Anzahl von Kunden je nach Größe des Geschäftes) die Möglichkeit gegeben werden, wieder zu öffnen
  • Die sportlichen Aktivitäten im Freien ( sprich Wanderungen und nicht Bergtouren ) mit den vorgeschriebenen Abstandsregeln zu erlauben. Dadurch würde das Immunsystem der Menschen gestärkt und folglich deren Gesundheit.

Vertrauen Sie auf das Verantwortungsbewusstsein der Bevölkerung, die durch den einmonatigen Lockdown genügend aufgeklärt ist und ein Gemeinschaftsbewusstsein entwickelt hat.

Die genannten Erleichterungen würden folglich wohl kaum zusätzliche, bedauernswerte Todesfälle zur Folge haben.

Im Gegenteil sie würden sich sowohl wirtschaftlich als auch sozial und gesundheitlich positiv auswirken.“

Die Coronakrise und das Herunterfahren der Wirtschaft haben die Lufqualität stark verbessert. Von der Lombardei bis nach China sanken etwa die Stickstoffdioxidwerte. Was wir an Abgasen in Verkehr, Kraftwerken oder Fabriken erzeugen, nimmt überall ab. Über China wurde ein Rückgang der Feinstaubmenge von 20 bis 30 Prozent gemessen. Die Luft ist so sauber wie selten zuvor. Die Luftverschmutzung ist Ursache für viele Erkrankungen und belastet die Umwelt etwa durch Einträge von Stoffen in natürliche Ökosysteme wie Gewässer oder Wälder. Unverschmutzte und saubere Luft ist von großem Wert für die Gesundheit der Menschen und vor allem auch für die Umwelt.

Die Verbrennung fossiler Brennstoffe hat den Klimawandel zur Folge und Dissingers “nahende Klimaerwärmung” ist schon lange da. Der Klimawandel ist bereits eingetreten, es wurde schon wärmer, der Meeresspiegel stieg bereits und Gletscher sind geschmolzen. Korallenriffe, Hotsposts der globalen Biodiversität, sind durch den Klimawandel abgestorben und hungernde Eisbären, sind das Resultat der eingetretenen Eisschmelze. Ein Vorsitzender des Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz sollte schon bemerkt haben, dass der Klimawandel bereits eingetreten ist und sich ungebremst fortsetzt.

Greta Thunberg hätte wohl nie zu hoffen wagen, dass der Flugverkehr weltweit zum Stillstand kommt. Flugzeuge stehen am Boden und die ganze Flugindustrie steht still. Das schier endlose Wachstum der Flugindustrie und der Flughäfen hat viel Boden gefressen. Flughäfen wurden erweitert und auch Bozens Flughafen ist in Betrieb und wird erweitert. Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz hat sich lange genug gegen den Flughafen ausgesprochen und jetzt in der Krise, wo gerade die Flugindustrie mächtig ins Trudeln gerät, wird von Seiten des Südtiroler Umweltschutzes nicht etwa diese einmalige Chance gesehen, dass sich im System vielleicht doch etwas ändert und diese ökonomische und soziale Krise eine Chance für eine Veränderung bietet. Die Zeiten der Billigflüge und Flugurlaube des Massentourismus sind jetzt vorbei und es ist nicht schlimm, wenn sie für immer vorbei sind.

Zwei Punkte in Dissingers Schreiben betreffen Betriebe, als ob es Aufgabe eines Dachverbandes für Natur- und Umweltschutz wäre, sich um Betriebe zu sorgen. Ist der Dachverband für Natur- und Umweltschutz die Interessensvertretung von Betrieben? Auch Dissinger als Kleinunternehmer darf seinen Blick erweiteren, den blauen Himmel genießen und die saubere Luft. Auch er kann über den Himmel staunen, der so blau ist wie selten zuvor. Keine Kondensstreifen trüben das Blau des Himmels in Zeiten der Coronakrise. Die Hoffnung, dass dies so bleibt, wird sich nicht erfüllen, wenn nicht einmal ein Umweltschützer Dissinger den blauen Himmel ohne Kondensstreifen zu schätzen weiß.

Ein Umweltschützer sollte jetzt den Unterschied sehen, wie unsere Umwelt ausschaut, wenn der Verkehr praktisch stillsteht. Es sind dies die Tage, an denen wir bewusst wahrnehmen sollten, wie viel Platz und Raum allein auf Straßen ist, wenn nicht jeder mit dem Auto aus irgendwelchen Gründen herumfährt. Südtirols Straßen sind leer, Fußgänger und Fahrradfahrer waren wahrscheinlich noch nie so sicher unterwegs wie in Zeiten von Corona. An den Hauptstrassen können Menschen die Fenster ihrer Wohnungen öffnen, ohne dass Lärm oder Gestank in die Wohnungen dringt. Kein Lärm, keine dreckige Luft, selten war es so ruhig und sauber wie in Zeiten der Corona Krise. Die Krise darf noch länger dauern- wenn sie vorbei ist, werden viele wieder mit ihren Autos durch die Gegend rasen, Fussgänger und Radfahrer werden wieder gefährlich leben und Tiere auf Straßen werden wieder zu Tausenden überfahren. Vom Wolf bis zur Kröte- viele Tiere sterben im Strassenverkehr, denn Strassen zerteilen die Lebensräume der Tiere.

Dissinger plädiert für sportliche Aktivitäten im Freien. Jeder Umwelt- und Naturschützer sollte sich freuen, freuen in Zeiten der Coronakrise, wenn eben nicht tausende Touristen und Einheimische den Frieden der Wälder und der Natur stören, alleine die Tourengeher in den Bergen verschrecken viele Wildtierarten. Wenn der Vogel im Wald in Coronazeiten sein Brutgeschäft nicht unterbrechen muss, weil er gestört und vom Nest vertrieben wurde, ist dies für die Natur nur gut. Wildruhezonen wurden gefordert, sogar der Dachverband forderte vom Reden zum Handeln von der Politik. Jetzt ist ganz Südtirol eine Wildruhezone, das Wild hat seine Ruhe und das ist gut so.

Sogar die Fische im Wasser haben ihre Ruhe und leben ungefährlich. Fische werden in Corona Zeiten nicht geangelt, auch sie dürfen leben und können überleben. Arten wie die Marmorierte Forelle werden jetzt nicht herausgefischt. Die Marmorierte Forelle, eine vom Aussterben bedrohte Art, muss jetzt nicht an den Ködern von Südtirols Fischern zappelnd sterben. Will man eine Tierart ausrotten, so müssen nur alle Individuen einer Art getötet oder stark dezimiert werden. In der Coronakrise dürfen sie alle leben und gefährdete Arten wie die Marmorierte Forelle können mit dem Lockdown nur profitieren. Das Duo Dissinger und Riedl im Dachverband plagt nicht die Sorge um eine aussterbende Marmorierte Forelle und sie sind nicht erfüllt von Freude, wenn heute keine Marmorierte Forelle zu Tode kommt. Zu welcher Art von Naturschützern gehören sie? Denken Sie an Sport und Bratforellen, wenn sie Marmorierte Forelle hören?

Der Dachverband für Natur- und Umweltschutz sorgt sich um Unternehmen und hofft, dass dem Naturschutz mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Eine Gelegenheit zum Naturschutz hätte der Dachverband für Natur- und Umweltschutz  auch beim Auwaldschutz gehabt. Wo war der Dachverband beim Schutz des Auwaldes von Brixen? Er saß am Tisch mit dem Unternehmen, das sich den letzten großen Auwald des Eisacktales für die Firmenerweiterung aussuchte. Wie viele Auwälder oder andere wertvolle Wälder wurden in Südtirol vernichtet und der Dachverband setzte nicht für den Schutz der Wälder ein? Sitzt der Dachverband lieber mit Unternehmen zusammen als für den Naturschutz einzustreten? Das Miteinander des Dachverbandes mit Unternehmen und Baggerfirmen zeigt sich auch bei der Renaturierung der Gewässer. Ohne Zustandserfassung werden Flüsse und Auen renaturiert und Baggerfirmen sind beschäftigt. Auwälder und Ufergehölze werden weggebaggert ohne Erfassung etwa der Naturnähe. Wird Natur renaturiert, so stört dies den Dachverband nicht weiter.

Der Dachverband sorgt sich um Unternehmen und sollte sich vielmehr darum sorgen, wie es der Südtiroler Natur und Umwelt geht. Dies betrifft Arten wie das Schneehuhn, das durch den Klimawandel im Bestand bedroht ist und gleichzeitig auch von Jägern erlegt wird und es betrifft Waldgebiete, wie etwa nach dem Windwurf radikal geräumte Wälder, bei denen die Aufräumarbeiten von der Holzindustrie erledigt werden und nicht von der Natur.

In der Coronakrise wurde sogar die Milchproduktion in Südtirol heruntergefahren- weniger Milch bedeutet weniger Gülle und weniger Mist. Die Kühe brauchen bei verringerter Milchproduktion weniger Kraftfutter und weniger Dünger fällt an. Wo bleibt die Sorge um die Artenvielfalt der Wiesen, welche durch zu starke Düngung dezimiert wurde und wo bleibt die Freude darüber, dass die Milchproduktion in Coronazeiten heruntergefahren wird, weniger Dünger anfällt, weniger klimaschädliches Lachgas und weniger wasserverunreinigendes Nitrat anfällt. Interessiert sich der Dachverband überhaupt für diesen Natur- und Umweltschutz?

Es ist wahrlich nicht die Aufgabe eines Verbandes, der sich Dachverband für Natur- und Umweltschutz nennt, dafür zu sorgen, dass Unternehmen öffnen und sportliche Aktivitäten im Freien stattfinden. Unternehmerverbände und Sportverbände sind dafür zuständig.

Die globale Verschnaufpause für den Planeten eröffnet noch nie dagewesene Möglichkeiten und alleine die strauchelnde Flugindustrie ist Grund genug, die Krise als das zu sehen, was sie für unseren Planeten ist, nämlich eine Verschnaufpause mit einem Funken Hoffnung, dass es besser wird. Ich bleibe zuhause, genieße die Ruhe und freue mich über den strahlend blauen Himmel und die fröhliche Blüte des Löwenzahns.

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kurt duschek Mi., 08.04.2020 - 12:35

....die dramatische Situation, ausgelöst durch das Coronavirus, sollte auch für einen Verband, der sich Dachverband für Natur- und Umweltschutz nennt, ein Moment des Innehaltens sein. Änderungen am Verhalten der Menschen und darüber nachdenken was in diesem Bereich geändert werden muß, ist sicher angesagt. Änderungen sind besonders für die Wirtschaft schmerzhaft, aber weitermachen wie gehabt, das ist sicher vorbei und sollte kein Thema sein. Ein Dissinger sollte die Interessen seines Verbandes im Auge behalten und diesbezüglich seine Hausaufgaben und Vorschläge machen.

Mi., 08.04.2020 - 12:35 Permalink
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Laurin Kofler Fr., 17.04.2020 - 12:23

"Die Marmorierte Forelle, eine vom Aussterben bedrohte Art, muss jetzt nicht an den Ködern von Südtirols Fischern zappelnd sterben.[…] Denken Sie an Sport und Bratforellen, wenn sie Marmorierte Forelle hören?"

Da ist der Herr Autor wohl etwas voreilig gehässig u./o. falsch informiert. Die Marmorierte Forelle wird nämlich vom Fischereiverband und weiteren Vereinen mühevoll gezüchtet, geschützt und schonend befischt, um den Erhalt der Forelle zu gewährleisten bzw. zu verbessern.

Fr., 17.04.2020 - 12:23 Permalink