"Seid neugierig!"
Warum war es Ihrer Ansicht nach immer so schwierig, in Südtirol ein mehrsprachiges Medienprojekt aufzubauen?
Der Grund besteht darin, dass wir in Südtirol ein Konfliktlösungsmodell entwickelt haben, das auf der Trennung der Sprachgruppen aufbaut. Die "Öffentlichkeit" wurde ethnisch getrennt, dazu gehörten und gehören auch die Medien. Die Medien sind einsprachig, die Medienträger agieren ethnisch getrennt, die Information richtet sich primär an die jeweils eigene Sprachgruppe.
Gilt diese Analyse auch heute noch? Oder trägt die Verbreitung der neuen digitalen Medien und vor allem die selbstverständliche Nutzung der sogenannten social media unter Jugendlichen nicht doch zu einer Veränderung der Situation bei?
Die neuen Medien bieten zwar eine enorme Chance, aber die Hürden zu ihrer Nutzung sind in den Köpfen. Auch im Alltag besteht die Möglichkeit, dass sich die Sprachgruppen untereinander treffen, in Bozen etwa leben sie ja Tür an Tür, und trotzdem wird diese Möglichkeit nicht ergriffen (oder nur spärlich). Medien widerspiegeln die gesellschaftlichen Wirklichkeit, und die ist immer noch von der Logik der Trennung geprägt, auch wenn sich diese langsam aufweicht.
In letzter Zeit sind etliche politische Phänomene über das Internet zustandegekommen – zum Beispiel der “Arabische Frühling” oder die Bewegung von Beppe Grillo. In welcher Hinsicht kann sich eine solche virtuell entstandene Demokratie im konkreten Alltagsleben von Politik und Gesellschaft niederschlagen?
Die Sprengkraft der neuen Medien besteht u.a. darin, dass diese überall und jederzeit eingesetzt werden können, weil wir sie immer bei uns mittragen, und weil diese Medien interaktiv sind. Von Cyberdemocracy oder e-democracy spricht man ja schon lange, weil man von der These ausgeht, dass die altgriechische agorà-Demokratie im Netz wieder verwirklichbar wird. Allein der Umstand, dass Informationen, Meinungen usw hierarchielos zirkulieren und die neuen Medien jedem/jeder von uns den Zugang zur Öffentlichkeit ermöglichen, gibt diesen gegenüber den alten Medien einen erheblichen Mehrwert.
Welchen Wunsch oder Ratschlag geben Sie der Redaktion von salto.bz mit auf den Weg?
Trotz des neuen Mediums bleibt die alte journalistische Regel: Seid neugierig!
Seid neugierig
… und unterscheidet zwischen Anführungs- „“ und Zoll-Zeichen "" ; )