Politik | Es lebe Phase zwei

Lieber Arno!

Der etwas andere offene Brief an unseren Landeshauptmann
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
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Foto: Christoph Tappeiner

Sehr geehrter Herr Landeshauptmann,

ich möchte mich an dieser Stelle mit einem offenen Brief an Sie wenden. Ich möchte weder kritisieren noch fordern, nicht meinem Sier Ausdruck verleihen oder ähnliches. Ich möchte mich ganz einfach bei Ihnen bedanken.

Dies sind schwere Zeiten, und man sieht es Ihnen an. Dass Sie – wie viele andere auch – vielleicht weniger und schlechter schlafen, dass Sie sich Sorgen um die Zukunft machen. Und da diese Zukunft jene von uns allen Südtirolern und Südtirolerinnen ist, kann ich auch verstehen, dass Ihre Sorgen die größeren als die von vielen unter uns sind.

Es fällt leicht, vom Diwan aus mit dem Tablet zu kommentieren, zu fordern, zu kritisieren, und ich bin da keineswegs besser als viele andere. Aber es ist sicher sehr viel schwieriger, sich einer Herausforderung zu stellen, wie sie die letzte Zeit noch nicht gesehen hat. Auf Sicht navigieren, und zwischen Pest und Cholera wählen zu müssen. Ich beneide Sie nicht um Ihren Job.

Dass mit den Schlauchtüchern und den Lieferungen aus China nicht gerade alles bestens geklappt hat, ist offensichtlich. Weniger offensichtlich, für uns Laien, sind wahrscheinlich die großen Schwierigkeiten, welche man als kleines Land auf einem Weltmarkt hat, auf dem ganz andere Kaliber von Playern um die nächsten paar Millionen Schutzmasken ranggeln.

Auch das mit den Radwegen und der Kernfamilie sind wirklich nur Kleinigkeiten, eigentlich gar nicht der Rede wert. Und im Nachhinein sind sowieso alle immer schlauer. Deshalb möchte ich mich ausdrücklich dafür bedanken, dass Sie im Rahmen Ihrer Möglichkeiten Ihr Bestes geben. Dafür, dass Sie es uns – durch eine geniale Definition von Nähe zur eigenen Wohnung – ermöglicht haben, wieder in unsere geliebten Berge zu gehen. Dafür, dass Sie unsere Ordnungshüter zu Vernunft und Besonnenheit aufgerufen haben. Dafür, dass der Verkehr auf Südtirols Straßen recht bald nach dem 9. März doch wieder merklich zugenommen hat, ohne dass deshalb die Notaufnahmen explodiert sind. Dafür, dass trotz des grassierenden Restoacasismo die Südtiroler Wirtschaft vielleicht doch etwas besser dastehen könnte als jene vieler anderer Regionen ringsum.

Herr Landeshauptmann, Sie sind Ihr Geld wert.

Mit den besten Grüßen

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gorgias Mo., 20.04.2020 - 15:27

Ich frage mich, wieviel fehlte, dass der Brief nicht mit "Lieber Tata," angefangen hätte.
Ist es möglich, dass in diesem Land so viele nur zwischen maulenden Mob (siehe u.a. Rentenskandal) und Regression zum Untertan der sich am Rockzipfel des Landesvaters festhält, wählen können?

Warum sind hier so wenige fähig aus kritischer Distanz zu beobachten und differenziert und argumentativ zu kommentieren?

Des weiteren finde ich eine Bemerkung wie "Sie sind Ihr Geld wert" absolut deplaziert. Arno Kompatscher wurde nicht angeheuert, sondern ins Amt gewählt. Außerdem sollte man das Resümee über das Krisenmanagement für danach aufschieben, solange nicht so grobe Patzer passieren, das es zu so einem radikalen Schritt von Nöten ist, wie das Niederlegen des Amtes zu fordern.

Diese Fokussierung auf Politikergehälter ist beben bei mehr Zeichen einer politischen Unreife, die nur Fähig das eigene Einkommen mit jenem von Amtsträgern zu vergleichen, weil man dafür eine Bezugsgröße kennt. Doch wenn schon sollte man sich mehr Gedanken machen, ob die Millionen und Milliarden, die für Sanität, Infrastruktur, Mobilität, und Subventionen sinnvoll ausgegeben wurden. Denn dagegen sind das eine nur Peanuts.

Mo., 20.04.2020 - 15:27 Permalink
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Salto User
Sepp.Bacher Mo., 20.04.2020 - 16:41

Antwort auf von gorgias

Nachdem Rechtsanwalt Tappeiner erst vor wenigen Tagen den kritischen Beitrag "Die Zweihundertmeterläufer" geschrieben hatte und dadurch eine sehr lange Diskussion ausgelöst hat (z.Z. 154 Kommentare), hatte ich den Eindruck, es kann nur um eine Ironie handeln. Er schreibt genau das Gegenteil, als er meint - ist meine Hypothese. Ich bin auch überzeugt, dass ihn der Arno nicht sehr ernst nehmen wird!

Mo., 20.04.2020 - 16:41 Permalink
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Christoph Tappeiner Mo., 20.04.2020 - 17:08

Antwort auf von Sepp.Bacher

Ich hatte in dem Artikel vor ein paar Tagen in erster Linie die rechtliche Grundlage der Bürgermeisterverordnungen angezweifelt; daneben ganz am Rande auch die Legitimität der bei uns geltenden Maskenpflicht hinterfragt. Alles möglichst sachlich. Aber Sie können mir gerne auch eine bipolare Störung unterstellen, denn das was ich heute geschrieben habe meine ich auch genauso wie es da steht. Ebenso stehe ich noch zu dem was ich im alten Artikel geschrieben habe. Ich sehe da keinen Widerspruch. Was mit der ganzen Notstandsgesetzgebung einmal geschehen wird nachdem die Gerichte wieder öffnen (Verfassungskonformität), das steht auf einem anderen Blatt. Aber einstweilen müssen wir mit dem einzigen "Gratten" fahren den wir haben, und da sitzen wir bei unserem recht gut im Sattel.

Mo., 20.04.2020 - 17:08 Permalink
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Profil für Benutzer Christoph Tappeiner
Christoph Tappeiner Mo., 20.04.2020 - 17:21

Antwort auf von gorgias

Was die Politikergehälter anbelangt, vertrete ich darüber hinaus die heute etwas unkonventionelle Ansicht, dass die Gehälter ruhig hoch sein können. Denn es sollte sich bei politischen Führungspositionen immer noch um Topjobs handeln, weshalb auch die Entlohnung einen Anreiz für gute Leute bieten sollte, diesen Job auch zu machen. Wohin die gegenteilige Ansicht führt, das exerzieren uns die 5Stelle in Rom gerade vor. Ich nenne an dieser Stelle auch gleich ein paar Nachnamen: DiMaio, Toninelli, Bonafede.

Mo., 20.04.2020 - 17:21 Permalink
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Profil für Benutzer Blaas Walter
Blaas Walter Mo., 20.04.2020 - 18:01

Wie schnell Dinge und Ansichten sich verändern, ganz so wie die Wetterlage im Hochgebirge. Wer kann da schon verlässlich sagen, wie die Sachlage in einigen Wochen aussieht? Ich halte nichts von vorauseilender Kritik oder gar Lobhudelei. Die derzeitige Situation lässt sich erst nach einer gewissen Zeit und dem nötigen Abstand, sowie unter Zuhilfenahme aller dann vorliegenden Fakten und Daten annähernd auswerten und analysieren. Ganz nach dem Motto: im Nachhinein ist man Gschaider.

Mo., 20.04.2020 - 18:01 Permalink