Gesellschaft | Corona-Test

Korrigierte Entscheidung

Nach der Veröffentlichung des Salto-Artikels „Die Strafaktion“ hat der Sanitätsbetrieb den Vertrag mit dem Osttiroler Virologen Gernot Walder wieder aufgenommen.
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Foto: Ramona Waldner/dolomitenstadt.at
Der Anruf kam am Montagmorgen.
Der zuständige Amtsdirektor im Südtiroler Sanitätsbetrieb Martin Matscher überbrachte dem Osttiroler Virologen Gernot Walder eine frohe Botschaft. Der Sanitätsbetrieb habe die Entscheidung den Vertrag mit der „Walder Labor GmbH“ aufzulösen, noch einmal überdacht und korrigiert. „Der Vertrag bleibt aufrecht“, erklärte Gernot Walder gegenüber RAI Südtirol.
Man habe einige Missverständnisse klären können.
Demnach wird der Sanitätsbetrieb weiterhin täglich bis zu 300 Covid-19-Proben in Walders Labor in Außervillgraten auswerten lassen.
Dass der Anruf zu einem Zeitpunkt kommt, an dem der Salto.bz-Artikel bereits seit drei Stunden online ist, dürfte wohl kaum ein Zufall sein.
 

Der Vertrag

 
Salto.bz hat am Montag früh detailliert nachgezeichnet, wie und warum Gernot Walder plötzlich in Ungnade gefallen war.
Die Anzahl der Covid-19-Tests ist täglich so groß, dass man rund ein Viertel der Tests außerhalb des Landes analysieren muss. Am 31. März 2020 schließt der Südtiroler Sanitätsbetrieb mit drei Einrichtungen einen Vertrag ab. Das Institut für Pathologie und Molekularpathologie, am Krankenhaus St. Vinzenz in Zams, das Institut für Virologie an der Uniklinik in Innsbruck und das Labor von Gernot Walder in Außervillgraten sollen für Südtirol „molekularen Nachweistests Sars-CoV-2 PCR“ durchführen.
 
 
Zams soll laut Vertrag täglich 200 Südtiroler Tests auswerten, die Uniklinik Innsbruck und Walders Labor jeweils 100 Tests. Zur Laufzeit des Vertrages heißt es im Beschluss: „Zeitraum: 31.03.2020 bis zum Ende der COVID19-Notlage“.
Am 7. April 2020 wird der Vertrag mit Zams abgeändert und deutlich aufgestockt: Auf bis zu 500 Tests täglich. Zwei Wochen später am 21. April stockt der Sanitätsbetrieb auch den Vertrag mit Gernot Walder „auf bis zu 300 Tests täglich“ auf.
Man ist mit der Arbeit des Osttiroler Virologen sichtlich zufrieden. Vor allem die COVID-19 Proben aus dem Gesundbezirk Bruneck gehen täglich zu ihm nach Osttirol.
 

Überraschende Kündigung

 
Dann aber gibt Gernot Walder Salto.bz und der Tageszeitung zwei Interviews in denen er – absolut vorsichtig und nachvollziehbar – auch leise Kritik an den Südtiroler Zuständen übt. Das stößt den Verantwortlichen in der Südtiroler Sanität so sehr auf, dass man sich zu einer Kurzschlussreaktion hinreißen lässt.
Generaldirektor Florian Zerzer verfügt, dass der Vertrag mit Gernot Walder umgehend aufgelöst wird. Das geht eindeutig aus einer E-Mail hervor, die Salto.bz zugespielt und am Montag von uns veröffentlicht wurde.
 
 
Am Mittwoch vergangener Woche verfügte Florian Zerzer die Vertragsauflösung und Martin Matscher weist den Leiter des Labors am Krankenhaus Bruneck am nächsten Tag an, ab Freitag keine Proben mehr an Walder zu schicken.
Dabei geht aus der Dienstanweisung auch hervor, dass der Bedarf weiterhin da ist. Denn der Sanitätsbetrieb soll gleichzeitig einen neuen Vertrag mit der „PharmGenetix GmbH“ in Salzburg anschließen. Sie soll ab sofort vertraglich jene 300 Tests machen, die man dem Labor von Gernot Walder über Nacht entzogen hat.
Das auf Gentechnik spezialisierte Unternehmen PharmGenetix hat seinen Sitz in Anif bei Salzburg. Gut drei Stunden Fahrzeit und fast 300 Kilometer vom Brunecker Krankenhaus entfernt. Das heißt der Transport der Proben wird dreimal solange dauern wie bisher.
Der Kopf der PharmGenetix GmbH ist zufällig ein Vinschger: Markus Paulmichl
 

Der Preis

 
Nach der Veröffentlichung dieser Hintergründe hat man jetzt einen Rückzieher gemacht.
Eine schriftliche Anfrage von Salto.bz bei den zuständigen Stellen im Sanitätsbetrieb über die Gründe des Meinungsumschwungs wurde bisher nicht beantwortet.
Gernot Walder hat bereits vergangene Woche versucht, sowohl mit Gesundheitslandesrat Thomas Widmann, als auch mit Generaldirektor Florian Zerzer Kontakt aufzunehmen. Was nicht gelungen ist. Auch die Verantwortlichen des Gesundheitsbezirkes Bruneck konnten dem Osttiroler Arzt keine einleuchtende Erklärung für die plötzliche Kündigung geben.
Am Montag kam dann eine neue Mutmaßung auf: Der Preis.
Aber auch der Preis ist transparent. Laut Vertrag bekommt Waldners Labor 105 Euro pro Test. Die Uniklinik Innsbruck 98 Euro und das Krankenhaus St. Vinzenz in Zams 85 Euro. Das dürfte auch der Grund sein, warum man 500 Proben am Tag nach Zams schickt. Vor allem aber wurde in keinem Gespräch der Preis als Grund für die Vertragsauflösung genannt.
Demnach dürfte man an der Spitze des Sanitätsbetriebes eingesehen haben, einen Fehler gemacht zu haben.
Und man hatte das Ganze noch rechtzeitig korrigiert.
 
 
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Andergassen Thomas Mo., 18.05.2020 - 22:05

Bisher habe ich noch nirgends gelesen wie man die Personen die täglich getestet werden auswählt. Ich schätze es wäre nicht uninteressant das zu wissen. Weiters frage ich mich ob es jetzt nicht höchst an der Zeit wäre jede krankgeschriebene Person über den Hausarzt automatisch zu testen. Wenn ich schon Tests mache, dann doch dort wo es augenscheinlich Covid-19 Fälle geben könnte. Sonst hat man doch nie ein halbwegs reales Bild von der aktuellen Situation. Damit könnte man gegenüber Bevölkerung und dem Ausland etwas an Glaubwürdigkeit zurückgewinnen. Würde es toll finden wenn Salto hier Antworten finden könnte.

Mo., 18.05.2020 - 22:05 Permalink
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Daniele Menestrina Mo., 18.05.2020 - 22:09

Kann es sein, dass gerade das Gezetere der Parteipatrioten hier auf Salto, dass die Beendigung sicherlich auf eine Preisfrage zurückzuführen sei, es gewesen ist, welches zu einem Einlenken geführt hat ? Denn womöglich hätte sich bei näherem Hinschauen ergeben, dass Salzburg nicht so oder gar nicht billiger ist, und dann wäre der Rechnungshof wohl auf die Bühne getreten.

Mo., 18.05.2020 - 22:09 Permalink
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Hartmuth Staffler Mo., 18.05.2020 - 22:37

Die Kriterien, nach denen die zu testenden Personen ausgewählt werden, sind schon so oft veröffentlicht worden, dass es langsam langweilig wird. Das Hauptproblem ist die begrenzte Testkapazität in Südtirol, die nur zum Teil durch die Hilfe aus Nord- und Osttirol ausgeglichen werden kann. Die Vorstellung, dass ein Hausarzt den Test machen kann, ist absurd. Dazu braucht es ein gut ausgestattetes Labor wie z. B. jenes von Dr. Walder in Außervillgraten.

Mo., 18.05.2020 - 22:37 Permalink
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Klemens Riegler Mo., 18.05.2020 - 23:38

... also davon ausgehend dass die im Beitrag angegebenen Preise stimmen, ergäben sich folgende Kosten bei 300 Test - 30 Tage (also pro Monat):
- Labor Walder = 945.000 Euro
- Labor Unik.-IBK = 882.000 Euro
- Labor Zams = 765.000 Euro
In Zams zahlt der Sanitätsbetrieb also für 300 Tests 180.000 Euro pro Monat weniger als in Osttirol. Denke jeder was er wolle !_:)
Privat verlangt das Labor Walder übrigens 100€ pro Test - vom Sanitätsbetrieb verlangt es bei 300 Stück 105€ ?!?
Fest steht, dass es auch bei diesen Tests um schöne Summen Geld geht. Entspricht z.B. bei 1000 täglichen Tests durchschnittlich fast 2,9 Millionen € pro Monat. - Hier kriegt man ein Gefühl für Geldbeträge + Kosten.
Zusatzinfo: Seriöse PCR-Test kosten für Private zwischen 70 € (Medizinische Uni Graz) und 250 €. Antikörper-Tests (IgA/IgM) kosten nur einen Bruchteil davon.
Übersicht Kosten PCR-Tests in Österreich: https://www.advantageaustria.org/sk/COVID-19_Testmoeglichkeiten_Oesterr…

Mo., 18.05.2020 - 23:38 Permalink
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Profil für Benutzer Manfred Tschenett
Manfred Tschenett Di., 19.05.2020 - 08:53

Antwort auf von Klemens Riegler

Sind in Ihrer Berechnung (oder darf ich du sagen, warst beim Sterzinger MC-Falkentreffen der Soundingenieur - ich glaube war 2011 oder 2012 rum - ich war der mit dem kaputten Bassdrumfell ;-) ) auch die Fahrtkosten miteinkaluliert? Laut meiner Berechnung sind es von Bruneck nach Villgraten um die 50km. Von Bruneck nach Innsbruck hingegen 107 km. Oder würde man von Bozen kommend auch die Brunecker Tests auf der Fahrt mitnehmen, sind es zweimal 35 km zusätzliche Fahrt von Brixen nach Bruneck und zurück zur Autobahn. Ich denke mir, da ist der "kleine" Preisunterschied zwischen Innsbruck und Villgraten annehmbar. Daß Zams wirklich so dermaßen preislich abfällt, scheint mir selber erstaunlich, aber wohl auch der Grund, warum man dort 500 Tests durchführen lässt und lediglich 300 in Villgraten. Und eventuell kann es auch ganz gut möglich sein, daß Zams nicht mehr als diese 500 Tests zusätzlich durchführen darf/kann und man dann gezwungenermaßen auf andere Testlabors die Fühler ausstrecken muß. Vielleicht hatte man am Ende bei dieser Notsituation auch nicht die große Auswahl an Labors, die wohl alle tief in der Arbeit stecken. Allerdings der Preisunterschied Land 105,00 € und 100,00 € für private gibt mir schon zu denken. Da müsste man effektiv recherchieren, wie das zustande kommt oder lediglich ein Kommunikationsfehler ist.

Di., 19.05.2020 - 08:53 Permalink
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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler Di., 19.05.2020 - 20:54

Antwort auf von Manfred Tschenett

Hallo Drummer-Manfred ;-) ... Es geht natürlich auch um Auswertungs-Kapazitäten, Zusatzspesen usw. Aber ich erwarte mir von einem Sanitätsbetrieb auch, dass er Verträge nachverhandelt wenn es um derartige Summen geht. Vielleicht kam der Beitrag von CF sogar recht gelegen ... um beim Preis nachverhandeln zu können. Inzwischen sind die Kapazitäten europaweit ziemlich hochgefahren worden und die Preise sinken Woche um Woche ... solange es bei diesen Infektionszahlen bleibt. Auch Masken kosten auf dem internationalen Markt inzwischen nur mehr einen Bruchteil.
Und schließlich sind auch private Labors keine Heiligen ...
Sehr schade ist hingegen, dass wir hier im Land nicht höhere Testkapazitäten aufweisen können.

Di., 19.05.2020 - 20:54 Permalink
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Profil für Benutzer Benno Kusstatscher
Benno Kusstatscher Di., 19.05.2020 - 21:18

Antwort auf von Klemens Riegler

"Sehr schade ist hingegen, dass wir hier im Land nicht höhere Testkapazitäten aufweisen können."

Warum? Tut es den Tests weniger weh, von Bruneck nach Bozen zu reisen, als nach Villgraten im "Pustertaler Ausland"? Oder weil das Vertrauen in hiesige Gesundheitsdienste so viel größer ist, als jenes in die österreichischen?

Di., 19.05.2020 - 21:18 Permalink
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Profil für Benutzer Klemens Riegler
Klemens Riegler Mi., 20.05.2020 - 09:49

Antwort auf von Benno Kusstatscher

Auch in Zeiten wie diesen geht es speziell im Gesundheitswesen um sehr viel Geld, welches auch hinter den Kulissen fließen muss. Südtirol hatte Pre-Corona nicht annähernd die nötigen Testkapazitäten. Es fehlten zudem Auswertungs-Geräte ebenso wie die Testgrundlagen (Reagenzien) und leider auch das Personal. Entsprechender Lehrgang startete nur mehr alle 3 Jahre. Schade ist, dass nicht sofort reagiert wurde, denn die Labors die jetzt für uns testen haben umgehend nachgerüstet und aufgestockt.
Moderne Testauswertungsgeräte mit einer gewissen Kapazität kosten heute zwischen 400t. und 900t. € Die sind lt. Angaben der Hersteller sogar intuitiv bedienbar. Nicht alle Mitarbeiter müssten also ausgebildete LabortechnikerInnen sein. Aber ... in Italien und Südtirol drehen die Uhren anders; Hierarchien, Wichtigkeitsebenen, Gewerkschaften, Politische Spielchen usw. machen gewisse Dinge unmöglich. Siehe Gesundheitswesen im Allgemeinen, Schule usw.
Schade! Bzw. Beantwortet vielleicht auch die Frage warum wir fast alle Test „ausgeben“ müssen.

Mi., 20.05.2020 - 09:49 Permalink
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Profil für Benutzer Stefan S
Stefan S Di., 19.05.2020 - 08:59

Antwort auf von Klemens Riegler

Einen Kostenvergleich ohne die detaillierten Leistungs und Lieferbedingungen der jeweiligen Vertragsnehmer zu kennen, halte ich für sehr gewagt, insbesondere da wir die letzten Tage und Wochen gelernt haben das die Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen nicht allein an erster Stelle stehen sollte.
Um ein Gefühl für die gehandelten Summen zu bekommen, ja dafür ist der Kalkulationsansatz durchaus geeignet.

Di., 19.05.2020 - 08:59 Permalink
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Profil für Benutzer Sebastian Felderer
Sebastian Felderer Di., 19.05.2020 - 06:25

Ja hallo, haben die noch alle Tassen im Schrank? Wenn ich denke, wieviele Wochenenddienste als Notarzt dieser Dr. Gernot Walder in Schlanders absolviert hat. Und dann wird so umgegangen mit ihm. Wer entscheidet da eigentlich in der Sanität? Engl von Oberalp? Wenn Widmann und Zerzer nicht bald den Laufpass bekommen, dann mache ich was.

Di., 19.05.2020 - 06:25 Permalink