Der Staat als „Big Brother“
In der so genannten „Covid-19-Phase 2“ bewegen wir uns vom Corona-Notstand in einen Corona–„Zustand“, mit dem wir auf noch unabsehbare Zeit leben werden. Umso mehr gilt daher von nun an: Die individuellen Grundrechte, die demokratischen Grundsätze der Gesellschaft, die Bürgerrechte – und im Konkreten – der Schutz der persönlichen Daten (Privacy) – dürfen nicht gegen die Gesundheit ausgespielt werden. Die App „Immuni“ – also die geplante Handy-Kontakt-Kontrolle zur Corona-Virus-Erkennung – geht jedoch leider in diese Richtung. Denn „Immuni“ verlangt vom Smartphone-Besitzer nicht nur alle „anagrafischen“ Daten, Geschlecht, Alter, sondern auch ein regelrechtes „diario clinico“ mit der Eingabe von: bisherigen Krankheiten, Verwendung vom Medikamenten, eigenen Krankheitssymptomen.
Der Staat wird zum Verwahrer, Nutzer, zum „Big Brother“ unserer intimsten Gesundheitsdaten
Ich werde mir „Immuni“ nicht downloaden. Denn statt auf „Hot-Spots“ beschränkt zu werden, also zielgruppenorientiert zu sein, muss diese App tendenziell flächendeckend operieren (60%+ der Bevölkerung). Zudem ist sie nutzlos ohne die entsprechenden flächendeckenden Virus-Tests – und: Sie schafft unnötigen sozialen Stress. All dies würde schon reichen, um dieses System guten Gewissens abzulehnen.
Meine Ablehnung hat jedoch noch einen weiteren, wesentlichen Grund: In der Debatte um den Konflikt „Immuni“ vs. Datenschutz wird von den Betreibern dieser Corona-App gerne mit dem Argument gewuchert: „Millionen junge Menschen scheuen sich nicht, ihre persönlichsten Daten den Netz-Giganten Facebook, Instagram, Google anzuvertrauen – warum also nicht auch der obersten Gesundheitsbehörde, dem Staat, zum Schutze der eigenen Gesundheit?“
„Immuni“ schafft unnötigen sozialen Stress
Doch diese Argumentation ist irreführend. Was ich den „sozialen Netzwerken“ anvertraue, bewegt sich auf einer zwar globalen, jedoch gefühlt „privaten“ und spontanen Ebene – wobei allen bewusst ist, dass diese Kommunikation von wenigen Marktgiganten kontrolliert und kapitalisiert wird. Aber diese werden allgemein nicht als bedrohliche „Big Brothers” wahrgenommen. Gegen deren potenziellen Datenmissbrauch kann der Staat zu Hilfe gerufen werden, der – in aller Regel – die Netzbetreiber durch Datenschutzgesetze und Privacy-Regeln auf verschiedenen Ebenen im Zaum hält...
Im Fall von „Immuni“ wird aber der Staat selbst zum Verwahrer, Nutzer, zum „Big Brother“ unserer intimsten Gesundheitsdaten – und kann diese unter jedem möglichen Notstandsregime ohne weitere Kontrolle flächendeckend und millionenfach verknüpfen und nutzen.... Das möchte ich eigentlich nicht.
Ich kenne die App Immuni
Ich kenne die App Immuni (noch) nicht. Nach allem was ich bis jetzt darüber gehört habe, scheint mir eine Angabe über eingenommene Medikamente und Krankheitsgeschichte allerdings nicht zielführend und kann mir daher auch nicht vorstellen,dass diese Angaben wirklich gefordert werden. Ist wohl ein Missverständnis.
Zur Benutzung einer App selbst kann ich nur auf die Erfolge von Südkorea hinweisen. Wieso also gibt es bei uns immer diese Querdenker?
Immuni arbeitet ohne Ortung,
Immuni arbeitet ohne Ortung, und alle ausgetauschten Daten werden anonym und nur lokal gespeichert. In der persönlichen Dateneingabe, kann jeder im Grunde angeben, was er will. Die App gibt den Tests die notwendige Intelligenz, um eine erneute Ausbreitung sofort einzugrenzen und zu kontrollieren. Für mich ist sie besser als viele andere Massnahmen.
Antwort auf Immuni arbeitet ohne Ortung, von Andreas Mozzelin
Mit für mich besser meine ich
Mit für mich besser meine ich: weniger einschneidend und leichter zu ertragen
"Die offiziellen Angaben ..."
"Die offiziellen Angaben ..."
Wer mag, soll den offiziellen Angaben glauben ... ich jedenfalls nicht.
Es wundert mich sehr, den
Es wundert mich sehr, den letzten Argumentationspunkt von einem Juristen zu hören: Die Social-Media-Marktgiganten würden als "privat" und nicht als "Big Brothers" empfunden und man könne sich bei Datenmissbrauch an den Staat wenden. Facebook weigert sich bekanntermaßen seit jeher erfolgreich, dem Senat der Vereinigten Staaten selbst strafrechtlich relevante Informationen zu geben. Auch Gerichte in anderen Staaten tun sich sehr schwer, die Einhaltung ihrer Datenschutzgesetze bei diesen global operierenden Konzernen durchzusetzen. Solch einem Konzern sollen wir also problemlos persönliche Vorlieben, Aufenthaltsorte, Interessen, Beziehungen etc. preisgeben. Aber einem Rechtsstaat, indem wir bis zu Beweis des Gegenteils ja leben, sollen wir nicht vertrauen und daher nicht die App benutzen.
Die App hat ein konkretes Ziel, gesellschaftlich solidarisch die Verbreitung des Virus unter Kontrolle zu halten. Das halte ich für ein moralisch wesentlich höheres (und unriskanteres) Ziel, als das Streicheln des eigenen Egos auf Social Media.
Sagt jemand, der Social Media benutzt (und dort definitv größeren "sozialen Stress" empfindet, als bei Nutzung von Immuni)...
Antwort auf Es wundert mich sehr, den von Georg Zeller
Irgendwie habe ich bei
Irgendwie habe ich bei Lektüre des Beitrags dasselbe gedacht wie A. Mozzelin, G. Zeller und andere, die die App nicht so skeptisch sehen.
In der aktuellen Version der
In der aktuellen Version der app Immuni gibt es nicht die Möglichkeit anagrafische Daten oder ein klinisches Tagebuch einzugeben und wird auch nicht verlangt, es muß nur die Provinz angegeben werden in der man sich aufhält. Es werden auch keine Geräteinformationen gespeichert oder Ortungen durchgeführt. Selbst die Eingabe bei positiven Test ist freiwillig und wird vom Gesundheitspersonal bestätigt.
Flächendeckende Test sind absolut nicht für eine effektive Funktion der app nötig. Flächendeckende Tests sind eher für Statistiken sinnvoll. Geziehlte, schnell, umfassende, Kontaktvervolgung (mit Tests) sind für die Eindämmung oder Verhinderung einer vermehrten Ausbreitung sehr effektiv.
Mich stressen ganz besonders Meinungen und Vorurteile wie im obigen Artikel.
Irreführend ist die Aussage dass der Staat der "gute" ist wenn er uns von den "bösen" sozialen Netzwerken schützen soll und dann der "böse" wenn er die gleiche "Kontrolle" wie die Sozialen Netzwerke übernehmen könnte aber ohne der Technischen Voraussetzung.
Der Autor sollte sich auch dringendst damit Auseinandersetzen welche Daten von wem und für was mit, ohne oder indirekt Zustimmung gesammelt, verkauft und mißbraucht werden, jeden Tag und jede Sekunde auf der ganzen Welt.... und 1984 lesen der Titel ist mehr als unangemessen.
Ich bin ganz glücklich, dass
Ich bin ganz glücklich, dass wir "Querdenker" haben. Sie machen uns bewusst, dass wir gut überlegen sollten, ob und wem wir wann unsere Daten überlassen. Es muss uns auch klar sein, dass wir damit ein Werkzeug schaffen, das zukünftig für alles mögliche, ob erwünscht oder nicht, genutzt werden kann.
So viel mir bekannt ist,
So viel mir bekannt ist, kennen die "östlichen Kulturen" nicht das Individuum mit seinen Persönlichkeitsrechten, so wie wir es verstehen und gerne leben. Vor dem Individuum steht der Staat, die Familie .... und irgendwann auch das Individuum. Deshalb haben die Menschen dort auch relativ wenig Probleme, sich allen vom Staat verordneten Massnahmen zu unterwerfen. Ich weiß, das ist alles ein bisschen sehr allgemein gesagt und ich bin froh, wenn es da Präzisierungen, Korrekturen gibt.
Jedenfalls graust mir vor den "erfogreichen" chinesischen oder koreanischen Massnahmen zur Bekämpfung des Virus.
Herr Lechner hat den Nagel
Herr Lechner hat den Nagel auf dem Kopf getroffen
Hätte mir nicht gedacht, dass
Hätte mir nicht gedacht, dass es zur App so eine detaillierte technische Beschreibung und offene Entwicklung gibt. Nachdem auch die Schnittstellen zum Backend des Sanitätsinstituts dokumentiert sind könnte man sich theoretisch auch seine eigene App entwickeln.
Wenn die Umsetzung der App im Bezug auf Datenaustausch wirklich so erfolgt kann von "Big Brother", wie im Artikel, keine Rede sein.
Die App ist ein Mittel, die
Die App ist ein Mittel, die von Ihnen beschriebenen Massnahmen nicht überall und dauerhaft, sondern nur in zeitlich begrenzten Intervallen und Zonen anzuwenden. Natürlich könnte man die App technisch weiter ausreizen, aber schon so fürchten viele um ihren Seelenfrieden.
Antwort auf Die App ist ein Mittel, die von Andreas Mozzelin
Es geht nicht nur um
Es geht nicht nur um Seelenfrieden, sondern um eine falsche Sicherheit. Die App ist keine Impfung und auch kein Medikament.
Die APP ist neben den anderen
Die APP ist neben den anderen Maßnahmen EINE weitere Möglichkeit die Verbreitung einzudämmen. Sich nur darauf zu verlassen, wäre allerdings fahrlässig. Andere, wichtiger Dinge wie sie Georg Lechner im Kommentar beschreibt bleiben wohl wichtiger.
Warum?
- Weil die Voraussetzungen für die sinnvolle Nutzung (zeitnahe Tests in großer Anzahl) derzeit immer noch nicht gegeben sind. Selbst in Südkorea, wo trotz App und hoher Testkapazitäten immer wieder Ausbrüche gemeldet werden, scheint es nicht die Finale Lösung zu sein.
- Offene Frage: wie arbeitet Immuni mit den anderen Apps in Europa zusammen? Speziell in Grenz- und Urlaubsregionen immens wichtig!
- Währen wir uns mit der App zu viel in Sicherheit? Es kann schließlich bis zu 10 Tage oder mehr dauern bis ich eine Nachricht erhalte, dass ich mit einem Infizierten in Kontakt war. Bis dahin könnte ich theoretisch hunderte andere abgesteckt haben ... und diese auch schon wieder viele andere.
- Wie hoch ist die Fehlerquote? Wieviele erhalten einen Warnhinweis? Und können diese dann auch alle zeitnah getestet werden ... oder müssten sie einfach 3 Wochen in Quarantäne? Und damit auch alle anderen „Kontakte“. Oder womöglich mit zweifelhaftem Testergebnis ... https://www.salto.bz/de/article/23052020/wo-leben-wir
- Wieviele werden die App wieder löschen, wenn sie sehen, dass ihr Akku nur mehr bis Mittag hält (wenn Bluetooth im Dauerbetrieb usw. / bzw. betrachten dann wohl viele FB wichtiger als Immuni)
- Datenschutz!?! Warum dann nicht gleich eine EU-App nach dem Vorbild der Deutschen ... mit komplett dezentraler Datenspeicherung?
Für mich gibt es noch zu viele offene Fragen. Mal sehen was nach der Testphase in den drei Regionen herauskommt.
big brother Staat? Spätestens
big brother Staat? Spätestens seit Snowden wissen wir um die technologischen Möglichkeiten "unserer" Geheimdienste jeden von uns jederzeit abzuhören, können die praktischen Anwendung in den amerikanischen Spionagefilmen studieren. Die Verflechtung der Privatfirmen wie Facebook, Amazon, Google... mit dem tiefen Staat (deep state) ist auch schon lange Realität, da hatte auch Frau Merkel keine Chance. China/ Huawei ist vielleicht technologisch in Bezug auf Massenüberwachung (Fiebermessung) noch weiter voran, die Warnungen der USA vor chinesischer Überwachung sind aber reine Handelskrieg-Krokodilstränen. Das derzeitige Spiegelgefecht Trump mit Twitter darf uns nicht täuschen: er will völlige Freiheit rechtsradikaler Propaganda durchsetzen. Zur gegenständlichen App möchte ich aber keineswegs Conte mit einem Trump vergleichen, was wäre aber, falls sich COVID-19 nochmals verschärft und ein Salvini ans Ruder kommt? "Unseren" Geheimdiensten wäre es ein leichtes - ähnlich wie bei den Imkern mit ausgebüxten Bienenvölkern - die von selber fleißig gesammelten und "geschützt" in unseren smartphones gespeicherten Daten einzusammeln.
Ich finde es daher angezeigt, unser liebes Handy als potentiellen Verräter anzusehen.
Antwort auf big brother Staat? Spätestens von Klaus Griesser
Zustimmung @K. Griesser -
Zustimmung @K. Griesser - "Big Brother" ist längst unter uns...
Jetzt wo Immuni verfügbar ist
Jetzt wo Immuni verfügbar ist, kann ich bestätigen, dass keine der folgenden, im Artikel gemachten Angaben der Wahrheit entspricht: " „Immuni“ verlangt vom Smartphone-Besitzer nicht nur alle „anagrafischen“ Daten, Geschlecht, Alter, sondern auch ein regelrechtes „diario clinico“ mit der Eingabe von: bisherigen Krankheiten, Verwendung vom Medikamenten, eigenen Krankheitssymptomen."
Antwort auf Jetzt wo Immuni verfügbar ist von Georg Zeller
Heute die App installiert.
Heute die App installiert. Gefragt werden nur Provinz und Zugang zum Bluetooth.