Gesellschaft | Covid-Tests
Unbequeme Fragen
Foto: upi
Karin Adami kann nur mehr den Kopf schütteln.
Seit vergangenem Donnerstag ist die Girlanerin, wie sie sagt „endlich wieder frei“. Über 50 Tage lang waren die Frau und eine ihrer Töchter in Zwangsquarantäne. Vom 8. April bis zum 28. Mai. Einige Wochen war auch der Ehemann in verordneter Quarantäne.
Dabei gibt es niemand in der Familie, der je einen positiven Coronatest erhalten hat. Das Problem: Mehrere Tests waren zweifelhaft.
Dabei gibt es niemand in der Familie, der je einen positiven Coronatest erhalten hat. Das Problem: Mehrere Tests waren zweifelhaft.
Salto.bz hat bereits Adamis Erfahrungsberichte veröffentlicht. Sie sind ein Tagebuch für das völlige Versagen einer Behörde und den menschenverachtenden Umgang der Südtiroler Sanität mit den eigenen Bürgern.
Denn diese Praxis ist eine Südtiroler Besonderheit, die es sonst nirgends auf der Welt gibt. Doch das schert die Verantwortlichen anscheinend wenig. Karin Adami hat schriftlich bei Gesundheitslandesrat Thomas Widmann, Generaldirektor Florian Zerzer, Hygiene-Chefin Dagmar Regele, Pflegedirektorin Marianne Siller und Sanitätsdirektor Pierpaolo Bertoli nachgefragt. Niemand der Verantwortlichen hat sich in den vergangenen zwei Monaten bemüßigt gefühlt, auf ihre Fragen zu antworten.
Jetzt aber wird man es tun müssen.
Die Anfrage
Denn das Team K hat im Landtag eine Anfrage zu dieser Thematik gestellt. In der Landtagsanfrage heißt es:
„Beim PCR-Sars-CoV-2Test handelt es sich um ein molekulares Testverfahren, das das Erbgut des Virus Sars-CoV-2 nachweist. Der Test ist relativ robust und kann zwischen positiv und negativ genau unterscheiden. Alle virologischen Institute im deutschsprachigem Ausland geben wegen der hohen Spezifität des Testes, wegen der Robustheit des Tests und wegen der Tragweite des Befundes auf die persönliche Einschränkung der Freiheit nur negative oder positive Testergebnisse aus.“
Dann stellen Franz Ploner, Paul Köllensperger, Maria Elisabeth Rieder, Alex Ploner und Josef Unterholzner einige mehr als unbequeme Fragen:
- Wie viele zweifelhafte PCR-Corona-CoV-2 Testergebnisse wurden bisher vom virologischen Landeslabor befundet und ausgegeben? Ersuchen um schriftliche Zusendung der positiven, negativen und zweifelhaften PCR-Testergebnisse nach Wochen beginnend mit l. Februar 2020 bis zum heutigen Zeitpunkt.
- Wie erklärt das virologische Landeslabor den relativ hohen Anteil an zweifelhaften PCR-Sars-CoV-2 Testergebnissen? Wie werden diese Befunde an die getesteten Personen kommuniziert? Gibt es ein eigenes Protokoll, das die Personen mit zweifelhaften Testergebnissen betreut und nachverfolgt?
- Wie erklärt man sich, dass Personen mit zweifelhaftem Testergebnis bis zu zwei Monaten in Quarantäne verbleiben müssen? Warum müssen auch die Angehörigen der untersuchten Person bei zweifelhaftem PCR-Sars-CoV-2 Testergebnis in Quarantäne gehen? Gibt es hierfür entsprechende Vorgaben des Istituto Superiore di Sanità (ISS)?
- Führt das virologische Landeslabor Qualitätstest der PCR-Sars-CoV-2-Tests mit dem nationalem Referenzlabor am ISS durch? Wenn ja, wie häufig werden diese durchgeführt? Wenn nein, warum sind diese Qualitätstest nicht mehr notwendig?
Alle virologischen Institute im deutschsprachigen Ausland gebenwegen der Tragweite des Befundes auf die persönliche Einschränkung der Freiheit nur negative oder positive Testergebnisse aus.
- Warum werden die Personen, die einen zweifelhaften Befund haben, nicht direkt informiert? Warum folgt auf einen zweifelhaften PCR-Test nicht unmittelbar ein Folgetest?
- Gibt es psychologische Betreuung der Personen, die in einer längeren Quarantäne wegen eines zweifelhaften PCR-Tests sind? Wenn nein, was ist der Beweggrund?
Die Realität
Dass diese Landtagsanfrage für den Sanitätsbetrieb durchaus brisant ist, liegt an der Unbekümmertheit mit der man in Südtirol die Quarantänemaßnahmen umsetzt.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass eine so einschneidende Freiheitsbeschränkende Maßnahme begründet sein und dem Betroffenen auch transparent kommuniziert werden muss. Karin Adami hat bis heute aber nie einen offiziellen, schriftlichen Befund für ihre „zweifelhaften Testergebnisse“ bekommen. „Ich habe explizit gefordert, dass man mir die Testergebnisse vorlegt“, sagt die Girlanerin. Die verantwortlichen Stellen haben nur gemeint, dass das nicht vorgesehen sei.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, dass eine so einschneidende Freiheitsbeschränkende Maßnahme begründet sein und dem Betroffenen auch transparent kommuniziert werden muss. Karin Adami hat bis heute aber nie einen offiziellen, schriftlichen Befund für ihre „zweifelhaften Testergebnisse“ bekommen. „Ich habe explizit gefordert, dass man mir die Testergebnisse vorlegt“, sagt die Girlanerin. Die verantwortlichen Stellen haben nur gemeint, dass das nicht vorgesehen sei.
Es gibt inzwischen eine ganze Gruppe von Menschen, denen es ähnlich oder noch schlimmer ergangen ist, wie der Familie Adami. Sie überlegen jetzt eine Sammelklage gegen den Sanitätsbetrieb. Dann könnte es aber eng werden.
Denn eines ist sicher. Es hat in diesem Bereich Fehler und Unterlassungen gegeben, die man nur schwer mit der Einmaligkeit des Ereignisses und einer allgemeinen Arbeitsüberlastung begründen kann.
Denn eines ist sicher. Es hat in diesem Bereich Fehler und Unterlassungen gegeben, die man nur schwer mit der Einmaligkeit des Ereignisses und einer allgemeinen Arbeitsüberlastung begründen kann.
Dass dieser Schlendrian im Sanitätsbetrieb munter weitergeht, wird am Fall Adami mehr als deutlich.
Karin Adami und ihre Tochter wurden am 28. April zum zweiten Mal negativ getestet. Am Tag darauf erhielten sie den erlösenden Anruf. Während ihre Tochter danach die schriftliche Benachrichtigung erhalten hat, dass die Quarantäne damit beendet sei, wartet Karin Adami immer noch auf diese Mitteilung. Sie hat beim Hausarzt darauf bestehen müssen, dass er sie gesundschreibt und sie wieder arbeiten gehen kann.
Dafür erhielt Adami vor drei Tagen einen Anruf von den Sanitätsbehörden. Man wollte wissen, wie es ihr gehe. Als sie erklärte, dass sie bereits vergangene Woche aus der Quarantäne entlassen wurde, regierte der Anrufer verwundert. Man sei davon nicht informiert worden.
Karin Adami kann sich nach zwei Monaten Horrortrip erst gar nicht mehr wundern: „Wahrscheinlich hat man mich wieder einmal vergessen.“
Update am 3.6.2020 um 13.10 Uhr
Die Antwort
Am späten Mittwocnvormittag bekam Karin Adami eine offizielle Antwort des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Das Schreiben.
Sehr geehrte Frau Adami,
was Sie uns melden tut uns natürlich sehr leid, ich kann Ihren Unmut und den Ihrer Familie sehr gut nachvollziehen. Sie haben Ihre Corona Chronik sehr ausführlich und beschaulich dargestellt. Dafür möchte ich Ihnen danken. Was sich jedoch bei Ihnen zu Hause, in diesen Wochen der Pandemie, abgespielt hat betrifft natürlich mehrere Familien und Haushalte in Südtirol - und ganz Italien. Niemand war auf diese außergewöhnliche Notfallsituation vorbereitet und das komplette Sanitätssystem stand an der Kippe.
Wie Sie sicherlich auch in den Nachrichten verfolgt haben, waren Tage darunter, da wusste man nicht mehr, ob der Sanitätsbetrieb dem Ganzen noch länger standhalten konnte. Es wurde an vorderster Front gekämpft und das Unmögliche geleistet, um die Verbreitung des Virus zu stoppen. Das Risiko einer Ansteckung, einer unvorhersehbaren Verbreitung der Pandemie, die steigenden Todesfälle und die ausgehende Gefahr für die gesamte Bevölkerung hat zu diesen gesetzlichen Maßnahmen zum Schutz vor dem Coronavirus geführt. Wir alle haben eine schwere und außergewöhnliche Zeit durchgemacht und die Auswirkungen werden noch lange, auch nach der Corona Krise, spürbar sein.
Ihnen wurden die Abstriche vom Team von Bruneck angeboten und auch geplant. Auch wenn Sie mit dem Testergebnis „Dubbio" nicht einverstanden waren, musste Ihre ganze Familie in Quarantäne gesetzt werden. Für die eigene und für die Sicherheit aller.
Mittlerweile ist es bekannt, dass Südtirol mehr Tests durchführt als die umliegenden Regionen, mit der Ausnahme von Tirol. Es wurden auch bereits Antikörperschnelltests vom Sanitätsbetrieb bestellt. Diese sollen zunächst für die Mitarbeiter des Weißen Kreuzes und das Sanitätspersonal, sowie in den Altersheimen zum Einsatz kommen.
Wir hoffen, dass Ihnen die eigens dafür eingerichteten Anlaufstellen für Coronafälle nähere Auskunft über das weitere Procedere in Ihrem Fall erteilen können.
Dies ist jedoch nur ein erster Schritt, denn es braucht noch eine große Anzahl von Antikörperschnelltests, damit weite Teile der Bevölkerung flächendeckend getestet werden können. Damit soll verhindert werden, dass man die gesamte Bevölkerung isolieren muss und vielleicht „gesunde" Personen zuhause einsperrt.
Wir hoffen, dass Ihnen die eigens dafür eingerichteten Anlaufstellen für Coronafälle nähere Auskunft über das weitere Procedere in Ihrem Fall erteilen könnenAuch möchte ich Ihnen diese zusätzliche Information übermitteln, wie man das Testergebnis
Coronavirus, vielleicht schneller anfragen kann: https://www.sabes.it/de/news.asp?aktuelles_action=4&aktuelles_article_id=640037
Ich hoffe Ihnen irgendwie ein wenig geholfen zu haben und wünsche Ihnen und Ihrer Familie, dass Sie mit der Corona Chronik bald abschließen können.
Mit freundlichen Grüßen
Der geschäftsführende Direktor des Amtes für Kommunikation und Bürgeranliegen
Dr. Gunther Faltus
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Wieder einmal hat der
Wieder einmal hat der Südtiroler Sanitätsbetrieb bewiesen, dass er trotz der enormen Steuergeldbeträge, die ihm zur Verfügung stehen, aufgrund offensichtlicher gravierender Defizite in der Ausübung von Schlüsselpositionen, nicht die den Südtirolern zustehende Leistung garantiert. Das muss sich endlich grundlegend ändern!
Sehr „geehrte“ un- „
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Salto Community Management
... und zur Komplettierung
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Salto Community Management
Antwort auf ... und zur Komplettierung von SALTO Communit…
„Lokale Gruppe“
„Lokale Gruppe“
„Virgo Superhaufen“
„Laniakea“
„Fische-Wal Superhaufenfilament“
:-)
nun ja, die stellungsnahme
nun ja, die stellungsnahme des sanitätsbetriebes ist, gelinde ausgedrückt, nichts als blah, blah. dass in umliegenden ländern das testergebnis innert 24 stunden dem getesteten schriftlich vorliegt ist tatsache. dass es ein testergebnis "dubbio" nur hier gibt ist auch tatsache. dass die santätsbetriebe im ausland genauso viel zu tun hatten wie in südtirol ist auch tatsache. dass die sanitätsbetriebe im ausland auf e-mails zeitnah antworten ist auch tatsache und, und, und...
es fällt einem schwer, die "netiquette" einzuhalten...
Antwort auf nun ja, die stellungsnahme von ueli wyler
Es ist auch Tatsache, dass
Es ist auch Tatsache, dass die Aussagekraft von Tests (egal welcher!) ziemlich begrenzt ist...Je nach Standpunkt, den man einnimmt, sind somit *zweifelhafte* Tests nicht so ein großer Tadel und ausschließlich *zweifelsfreie* Tests nicht unbedingt eine Tugend...
Antwort auf Es ist auch Tatsache, dass von Elisabeth Garber
Dass die Aussagekraft egal
Dass die Aussagekraft egal welcher Tests ziemlich begrenzt ist, würde ich so verallgemeinernd nicht unterschreiben. Dass man z.B. bei Aussagen zu Antikörpertests genau darauf achten muss, auf was für einen Antikörpertest es sich handelt und dementsprechend die richtigen Schlüsse daraus zieht (Vorsicht z.B. bei den Schnelltests), da stimme ich zu.
Aber dass Südtirol die einzige Gegend ist, die ich kenne, die den Status "zweifelhaft" hat, finde ich schon interessant - dazu hätte ich gerne mal eine Stellungnahme von Virologen.
Und bei PCR-Tests scheint ja auch entscheidend zu sein, in welcher Phase der Infektion man den Test macht - in den ersten Tagen liefert er noch sichere Ergebnisse, danach sind im Rachen anscheinend nicht mehr viele Vieren vorhanden, dementsprechend wohl auch die Infektionsgefahr deutlich geringer.
Ich bin kein Mediziner, aber beim Drosten-Podcast wurde das so für Laien recht einleuchtend erklärt.
Antwort auf nun ja, die stellungsnahme von ueli wyler
... man muss Ihnen hier
... man muss Ihnen hier zustimmen; dieses Schreiben erscheint wenig konkret, nicht „für den Bürger“, sondern für die Struktur gemacht, und ist in dieser Art sehr typisch.
Ein einziger Satz, „Entschuldigen Sie, wie bei Ihnen hätte das wirklich nicht geschehen dürfen“ wäre respektvoller gewesen, als diese brave und seitenlange Selbstrechtfertigung.
Nach über 50 Tagen
Nach über 50 Tagen ungerechtfertigte Quarantäne, da nie positiv getestet, klingt der Schlusssatz wie blanker Hohn: "Ich hoffe Ihnen irgendwie ein wenig geholfen zu haben und wünsche Ihnen und Ihrer Familie, dass Sie mit der Corona Chronik bald abschließen können."