Wirtschaft | Medien
Gekaufte Berichterstattung
Foto: upi
Auch Südtirols Medien haben in und an der Corona-Krise zu beißen. Am Beispiel Salto.bz zeigt sich, wie dramatisch die Situation werden kann. Im Frühjahr 2020 sind die Werbeeinnahmen auf diesem Portal um 80 Prozent eingebrochen.
Da gibt es andere, die es besser haben. Allen voran der Medienkonzern Athesia. Anhand des Flaggschiffs „Dolomiten“ lässt sich nachzeichnen, in welch komfortabler Situation sich der Ebner-Konzern befindet.
Die „Athesia Druck GmbH“ bekommt als Herausgeber der Dolomiten über die Minderheiten-Zeitungsförderung durch das Ministerratspräsidium 6.180.000 Euro im Jahr (Beitrag für das Jahr 2018). Das heißt – rechnet man die Sonn- und Feiertag weg, in denen das Tagblatt nicht erscheint – über 20.000 Euro pro Ausgabe. Mit oder ohne Corona. Dazu kommen täglich in den Dolomiten mehrere tausend Euro an Werbung des Landes und der öffentlichen Körperschaften.
In der Coronakrise zeigt sich zudem eine ganz besondere Spielart.
Es gibt in den vergangen vier Monaten keine Ausgabe der Dolomiten oder des Alto Adige, in der man nicht mindestens eine größere Werbeschaltung der IDM oder des Landes findet. Wochenlang durften die Leserinnen und Leser so viertelseitig etwa auf die Wattkarten schauen. Dazu kommen seit Monaten Werbeschaltungen und Kampagnen des Südtiroler Sanitätsbetriebes. Und jetzt muss natürlich auch der Restart werbetechnisch täglich begleitet werden.
Doch damit ist noch nicht genug.
Köllenspergers Anfrage
Paul Köllensperger hat im Südtiroler Landtag eine recht einfache Anfrage gestellt.
Unter dem Titel „IDM: Ankauf von Werbeschaltungen in der Tageszeitung Dolomiten“ will der Kopf des Team K wissen, wie viel die öffentliche Gesellschaft (Land/Handelskammmer) IDM für ihre Kampagnen im Tagblatt der Südtiroler in den vergangenen Monaten ausgegeben hat.
In der Einleitung zur Anfrage heißt es:
„In questo difficile periodo per l’economia del territorio, Idm si è impegnata in un’”offensiva informativa” su diversi canali: la campagna "Io.Tu.Noi.Alto Adige" (I.You.We.South Tyrol), la campagna social #passionealtoadige e contributi editoriali sul Dolomiten.“
Dann stellt Paul Köllensperger zwei konkrete Fragen:
- I "contributi editoriali" citati nella missiva sopracitata riguardano il solo Dolomiten e se sì perché non si è ritenuto di coinvolgere anche altri media?
- A quanto ammonta la spesa complessiva per la pubblicazione dei contenuti citati nella premessa, indicando quanto già speso (alla data della risposta a questa interrogazione) e quanto previsto in totale?
Dass es dabei vordergründig um die Summe jener Gelder geht, die an die Dolomiten geflossen sind, geht allein aus dem Titel der Anfrage hervor.
Schützende Hand
Es ist hinlänglich bekannt, dass SVP-Obmann und Wirtschaftlandesart Philipp Achammer ein besonderes Nahverhältnis zum Athesia-Konzern hat. Die durchgängige Darstellung als Lichtgestalt der Südtiroler Politik, scheint nicht nur dem Fluss der öffentlichen (Werbe)Beiträge des Landes zuträglich zu sein, sondern gleichzeitig auch als Schutz vor zu viel Transparenz zu wirken.
Nur so ist die Antwort zu verstehen, die Philipp Achammer auf die Anfrage von Paul Köllensperger gegeben hat. Denn der Wirtschaftslandesrat sagt in der Antwort alles. Nur nicht, wieviel Geld die Tageszeitung Dolomiten bekommen hat.
Philipp Achammer erklärt, dass für die IDM-Kampagne "Ich.Du.Wir.Südtirol" in allen Südtiroler Medien Inserate, Artikel und Beitrage veröffentlicht wurden. Dann schreibt der SVP-Obmann:
"Alla data di presentazione dell’interrogazione sono stati spesi euro 118.765,80 su 10 media diversi. In totale è prevista una spesa di euro 230.390,00. Tale importo può essere modificato in base allo sviluppo della crisi attuale e le conseguenti misure necessarie."
Da mehr als die Hälfte dieser Medien dem Medienhaus "Athesia" gehören, wäre interessant, wie viel davon in Richtung Weinbergweg fließt. Doch will der SVP-Obmann das nicht mitteilen.
Die vergessenen Zahlen
Dass diese Intransparenz in Sachen Athesia nicht nur beim Wirtschaftslandesrat System hat, macht auch eine andere Antwort auf eine ähnliche Landtagsanfrage deutlich.
Sven Knoll und Myriam Atz Tammerle haben am ersten April eine Landtagsanfrage zu Informationskampagnen über das Corona-Virus des Südtiroler Sanitätsbetriebes im Landtag eingereicht. Auch in diesem Fall sind die Fragen mehr als deutlich gestellt:
- In welchen Medien (Radio, Fernsehen, Online, Print etc.) und mit welchem Betrag wurden die Informationskampagnen über das Corona-Virus in Auftrag gegeben? Bitte um detaillierte Aufstellung.
- Wann sind die jeweiligen Aufträge erfolgt?
- Nach welchen Kriterien wurden die Medien für die Veröffentlichungen der Inserate bzw. Schaltungen ausgewählt?
- Wie hoch waren die Kosten für die graphische Ausarbeitung und Koordination der Inserate?
Ende Mai ersuchte Landesrat Thomas Widmann die beiden Abgeordneten der Südtiroler Freiheit um ihr Verständnis, „dass aufgrund der massiven Arbeitsbelastung in den letzten Wochen die Antwort der oben angeführten Anfrage nachgereicht wird.“
Vergangene Woche kam dann die Antwort. Thomas Widmann schreibt:
"Bei der zum Zeitpunkt der Anfrage laufenden Kampagne von Südtiroler Sanitätsbetrieb und Land zu Phase 1 ging es um eine breite Sensibilisierung der Bevölkerung, um den Menschen die Verhaltens- und Hygieneregeln näher zu bringen. Dafür wurden in den Südtiroler Medien in den zwei Monaten nach dem Lockdown 528.000 EUR für Informations- und Aufklärungsmaßnahmen investiert. Auftraggeber ist der Südtiroler Sanitätsbetrieb (siehe Anlage).
Ziel in der Planung war eine möglichst breite, flächendeckende Abdeckung aller Medien. Berücksichtigt wurden Printmedien (landesweit sowie Bezirksmedien), elektronische Medien (Radio, TV) und Online-Medien"
Wie diese über eine halbe Million Euro an Werbegeldern verteilt wurden, bleibt aber ein Geheimnis des Glaubens. Denn der Anfrage ist folgende Tabelle beigelegt.
Auch das ist natürlich nur ein Zufall oder ein unbewusster Fehler.
Ein Fehler, der seit sieben Tagen anscheinend niemandem aufgefallen ist und der vom Sanitätsbetrieb bisher auch nicht richtiggestellt wurde.
Redaktionelle Beiträge
Besonders interessant ist aber ein weiteres Detail. In der Anfragebeantwortung hatte Philipp Achammer auch ausgeführt, dass die IDM auch für sogenannte „redaktionelle Beiträge“ bezahlt habe. Ausschließlich in den Dolomiten. "I comunicati stampa sono stati inviati a tutti i media locali, mentre singoli contributi redazionali hanno riguardato Dolomiten, in quanto testata con il maggiore numero di lettori", schreibt der Wirtschaftslandesrat in seiner Antwort.
Was darunter gemeint ist, sind Dutzende von ganzseitigen Artikeln in den Dolomiten, die von der IDM bezahlt werden. Dabei werden die Texte von der IDM oder dem Landepresseamt geschrieben, sind aber grafisch so aufgemacht, als handle es sich um normal recherchierte Artikel. Es ist politisches Product Placement.
Dabei ist genau das eine Gratwanderung. Denn vom Gesetz her ist es verboten, redaktionelle Artikel zu verkaufen. Bezahlte Werbung oder PR müssen deutlich als solche gekennzeichnet sein. Die Athesia macht es so, dass oben auf der Seite "in Zusammenarbeit mit" steht und dann das Südtirol-Logo.
Dass die gesamte Seite gekauft ist, versteht damit kaum jemand. Genau das ist dann auch der Sinn dieser Aktionen. Dem Leser und der Leserin werden redaktionelle Artikel vorgegaukelt, in Wirklichkeit handelt es sich aber um bezahlte Werbetexte, die aus der Feder der IDM-Werbeabteilung oder aus jener des Landespresseamtes stammen.
Dabei ist das eigentlich verboten. So hat auch die Journalistenkammer schon mehrmals Verfahren eingeleitet, weil Medien bezahlte Werbung als redaktionelle Inhalte verkaufen. Auch gegen Athesia-Medien.
Dass aber ausgerechnet das Land diese zweifelhaften Methoden mit viel Steuergeld fördert, dürfte eine ganz neue Qualität haben.
Dass aber ausgerechnet das Land und die Landesgesellschaften diese zweifelhaften Methoden, mit denen die Grenzen zur bezahlten Berichterstattung ganz bewusst überschritten werden, mit viel Steuergeld fördert, dürfte eine ganz neue Qualität haben.
Selbst Corona dient dabei wohl kaum als Ausrede.
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Das nennt man "Transparenz"
Das nennt man "Transparenz" Herr Achammer und Widmann ?????? Die nächsten Wahlen kommen!!!Danke Herr Franceschini für ihre wie immer wieder gut recherchierten Berichte!
Antwort auf Das nennt man "Transparenz" von Günther Alois …
Ja, natürlich kommen die
Ja, natürlich kommen die nächsten Wahlen. Und natürlich wird sie die SVP wieder gewinnen. Und ziemlich wahrscheinlich wird "Du, Philipp" Achammer nächster Landeshauptmann mit tatkräftiger Unterstützung des Verlagshauses. Und dann?
"Ein Fehler, der seit sieben
"Ein Fehler, der seit sieben Tagen anscheinend niemandem aufgefallen ist und der vom Sanitätsbetrieb bisher auch nicht richtiggestellt wurde."
Au contraire Herr Franceschini. Der Fehler ist uns Einbringern sofort aufgefallen. Deshalb hat die Süd-Tiroler Freiheit auch umgehend eine weitere Anfrage diesbezüglich eingebracht: http://www2.landtag-bz.org/documenti_pdf/IDAP_607614.pdf
Im Titel hat sich nur leider ein Fehler eingeschlichen, was am Inhalt der Anfrage natürlich nichts ändert.
Die Bilder in der etablierten
Die Bilder in der etablierten TZ sind wie aus einem Dreigroschen-Roman, alla Rosamunde Pilcher oder U. Danella. Auf den Titel "Das Glück beim Espressotrinken" muss man übrigens erst einmal kommen. Wahrscheinlich eine Inspiration durch das viele Händewaschen.
Wo habe ich geschrien? Die
Wo habe ich geschrien? Die Antwort auf ihre Frage nach Vorschlägen haben Sie sich selbst gegeben: "So ist es eben in Südtirol."
Bin ganz bei Ihnen. Da wird
Bin ganz bei Ihnen. Da wird sich nicht viel tun bei den nächsten Wahlen. Und eine im Grunde grottenschwache Opposition trägt ihr Scherflein dazu bei.
Oh - aha - ja, das sind ja
Aha...
Do Riada............da muss
Do Riada............da muss ich ihnen leider beipflichten,solange das Südtiroler Volk weiterhin so naiv ist und seinen eigenen Metzger wählt,der ihn dann schlachtet,wie wir es seit Jahrzehnten von der SVP gewohnt sind,wird wenig passieren-aber meine Hoffnung stirbt zuletzt.Ich hoffe auf die Jugend,die ist nicht mehr so BLÖD wie die alten SVP "SCHAFE"
Antwort auf Do Riada............da muss von Günther Alois …
Hmm, da lehnen Sie sich aber
Hmm, da lehnen Sie sich aber weit aus dem Fenster. Ich weiß nicht so recht. Ich möchte gerne daran glauben, tue mich damit aber verdammt schwer. Eher gilt das Sprichwort: Wie die Alten so die Jungen.
Südtirol in den Händen eines
Südtirol in den Händen eines Clans. Tolle Leistung! Das nennen die dann "Autonomie", die natürlich immer erweitert werden soll, zum Wohle der armen Minderheit, versteht sich.
Und nebenher fleißig die Gefahr des Zentralismus in Rom heraufbeschwören, das kommt bei der südtiroler Bevölkerung immer gut an. Damit werden auch die Rechtsaußen noch großteils eingefangen.
Das hat mittlerweile System (il "sistema" sudtirolese) und daran wird sich wohl in absehbarer Zeit leider nichts ändern. Es kommt ja auch selten etwas Besseres nach, vor allem in Zeiten, in denen die Kirchturmpolitik immer mehr Konjunktur hat.
@do Riada Stimmt genau, dass
@do Riada Stimmt genau, dass die nächsten Wahlen kommen, hört man schon seit Jahren. Getan hat sich gar nichts. Aber wieso Achammer nur 4 Jahre als LH tätig sein soll und evtl. für nochmals 4 Jahre? Eine Legislatur im Landtag dauert 5 Jahre.
Zum Thema: so ist es nun mal mit den Medien, speziell den Südtiroler Medien. Welches Medium "brunzt" schon seinen Klienten an? Weder die gönnerischen Politiker, welche jede Gelegenheit nutzen Positivnachrichten zu verbreiten, noch jene Eventorganisatoren welche mit fürstlich durch öffentlichen Geldern subventioniert, Veranstaltungen massiv in den Medien bewerben, werden je kritisch hinterfragt. Beispiele kennen wir zuhauf. ob Berg oder Jazz, jeder Festival hat nur positive Kritiken und eine sehr genehme Berichterstattung.