Politik | Gastbeitrag
Mutbürgerliches Vermächtnis
Foto: AVS
In einer Welt, in der unsere Erde immer heißer, dafür aber unsere Gesellschaft immer kälter wird, scheint ein Politikertyp vom Schlage des scheidenden Bürgermeisters der Gemeinde der Drei Zinnen in Toblach, Guido Bocher, wie aus der Zeit gefallen zu sein.
Schwarz und Weiß sind die Renner, während das Graue in Verwaltung und Politik zunehmend ausgemustert wird.
Wenn in diesen Tagen allerorten die Gemeinden zur Wahl schreiten, wird sich weisen, wie es mit der Aktualität dieses Politikertyps bestellt ist.
Wird der in über 30 Jahren in der Gemeindeverwaltung seine Spuren hinterlassende Politikstil dieses Mannes in den Geschichtsbüchern verstauben oder irgendwann als seiner Zeit weit voraus anerkannt werden?
Welchen Wert kann sich in einer polarisierten Welt mit oft kraftmeierischer Gebärde, inklusive zur Verbalfaust geballter Worte, noch jenes oft im Stillen vollzogene Ringen um Konsens und - horribile dictu – gar Kompromiss bewahren?
Wie steht es um den Dialog in einer Gesellschaft im Kleinen wie im Großen und wie um den Zusammenhalt, sobald dieser politische Schwerstarbeiter, der stets für alle da war, die Stafette der Verantwortung für den (abgesehen von Familien und Vereinen) kleinsten Schauplatz demokratischer Begegnung zwischen Mehr- und Minderheiten übergeben haben wird?
Schwarz und Weiß sind die Renner, während das Graue in Verwaltung und Politik zunehmend ausgemustert wird.
Dieser Mann des steten Ausgleichs der Interessen mit unverrückbarem Festhalten an der gesellschaftlichen Mitte hat immer wieder das Gemeinsame vor das Trennende gestellt.
Nie hat er es an Respektbekundung für einen jeden mangeln lassen; ja selbst die Unbelehrbaren und doppelbödig Agierenden, die je nach Bedarf vorgegaukelt haben, die Klaviatur der Allgemeinheit zu bedienen, während sie doch nur das eigene Lied pfeifen wollten, hat er immer wieder für eine Zusammenarbeit zum Wohle aller zu gewinnen versucht.
Dieser moralische Kompass, dieses Arbeitsethos und Selbstverständnis von Amt und Amtsführung sind sein bleibendes geistiges mutbürgerliches Vermächtnis.
Dennoch ist dessen Fortbestand in einer zunehmend von einer durch eine Wut-Social Media Community und Bar-Pudel und Stammtisch-Polterer sirenenhaft verführten Gesellschaft alles andere als ausgemacht.
Mit Guido Bocher tritt in Südtirol zudem vom obersten Posten einer Gemeindeverwaltung jemand ab, der noch dazu kraft seiner Biographie, seines Wesens und seiner tiefen Überzeugung beide in Gemeinschaft lebenden Sprachgruppen in gegenseitigem Respekt in europäischem Geist fest verankert hat.
Am Beispiel der von ihm entscheidend mitgeprägten Gemeinde lässt sich erahnen, wie auch dem Land Südtirol allerorten und irgendwann einmal der beherzte Sprung vom desinteressierten Nebeneinander hin zu einem Anteil nehmenden Miteinander gelingen könnte.
Vielleicht und nicht erst seit Corona erschlafft diese kritiklose Begeisterung für die Systembrecher, die für alles und jeden eine Lösung schon parat haben, wenn man sie nur machen ließe. Vielleicht leiten die Wähler am Sonntag und Sonntag ja Trump von Trampeln ab.
Vielleicht reift dann auch die Erkenntnis, wie brüchig demokratische Gefüge sein können und wie wertvoll sich der Zusammenhalt einer Gesellschaft erweist, in der es vermehrt auf die Integrität auch seiner politischen Führungsfiguren ankommt.
Sich selbst zurückzunehmen, um dadurch der Allgemeinheit besser dienen zu können, mag in der Ära des Selfie-Protagonismus herrlich altbacken wirken.
Sich selbst zurückzunehmen, um dadurch der Allgemeinheit besser dienen zu können, mag in der Ära des Selfie-Protagonismus herrlich altbacken wirken. Es bleibt aber dennoch nur zu hoffen, dass dieser Stil nicht gänzlich von Facebook, Instagram und Co in Kürze ins endgültige Aus geschossen wird.
Denn die Biographie dieses Mann zwischen beiden Sprach- und Kulturgruppen, dessen stets um einen Konsens ringendes ehrliches Bemühen, dessen urtypische Überzeugung, jedem noch so geringen Anliegen eines Bürgers stets eine ureigene Wichtigkeit nie abzusprechen und gleichzeitig in den Kontext und Prioritätenkatalog des übergeordneten Ganzen einer Gemeindeverwaltung einzuordnen steht symbolhaft für jenen Begriff eines Bürgermeisters/einer Bürgermeisterin als wahre/n Kümmerer/in um das Wohlergehen des Einzelnen und in Folge der ganzen bunten Allgemeinheit.
Wer daher als Nachfolger in diese sowie manch anderen Bürgermeisters in unseren Gemeindestuben große Fußstapfen treten will, auf den wartet, wie es im Italienischen so stimmig heißt, onere ed onore, eine gewaltige Bürde und gleichzeitig eine überragende Ehre.
Wer dem Amt des Bürgermeisters möglichst mit ähnlicher Demut und Respekt begegnet und bestenfalls an seiner Seite sich schon das eine oder andere an diplomatischem Geschick abschauen durfte idealerweise auch bei der Bekleidung eines Amtes mit klaren Zuständigkeiten wird aller Voraussicht nach eher das Wohls der gesamten Bevölkerung ins Blickfeld nehmen mit langfristigem Planungshorizont anstatt diese für kurzfristige Etappenziele gegeneinander auszuspielen.
Am Beispiel Toblach lässt sich erahnen, wie in Südtirol der beherzte Sprung vom desinteressierten Nebeneinander hin zu einem Anteil nehmenden Miteinander gelingen könnte.
So würde es sich anbieten, anknüpfend an durch Guido Bochers vorgelebte Art, Politik zu betrieben, auch bis 2025 die Grundlage für weitere Jahre einer guten und auf Zusammenhalt gepolten Zukunft zu legen!
Dem gegenüber will jeder Wähler-Sprung ins Dunkle und politische Abenteuer mit der bewussten Abkehr von diesem Weg wohl überlegt sein.
Wehe, mehr Abgrenzung und Konturzeichnung würde zu Ausgrenzung und Einzementierung der Lebensrealitäten einer Gemeinschaft führen: hier die Wirtschaft, da die Kultur, hier das Soziale, hier die Landwirtschaft und dort der Tourismus: nein, denn so einfach und schablonenhaft spielt es sich leider nicht!
Schließlich ist alles ein großes Rad, an dem zeitweise drehen darf, wer den Wagen der Allgemeinheit ein weiteres Stück des Weges weiter zu schieben sich vorgenommen hat.
Auch darin war der scheidende Bürgermeister der Gemeinde der Drei Zinnen Meister und Vorbild.
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Nicht an den "gelernten
Nicht an den "gelernten Juristen" Furtschegger, sondern an die Salto-Redaktion: Wer wie ihr sich gegen jede Art Hasssprache verwahrt, darf zu dem Treibhausdeusch dieses Artikels nicht schweigen. Wer nämlich so geschwollen schreibt, um nichts zu sagen, fordert Spott geradezu heraus. Ich beherrsche mich.
Lieber Flor, wenn auch dein
Lieber Flor, wenn auch dein Schreibstil eine Spur gefälliger und angenehmer sein mag und es da keiner zweiten Lesung bedarf, um das Grobe zu erfassen (für's Rausziehen aller Hintersinnigkeiten braucht's dann doch a bissl mehr...): Nichts gesagt wird in diesem Artikel in meinen Augen nicht, im Gegenteil. Ich habe mich trotz manch Wellenschlags im aufgewühlten Sätzemeer auch noch passabel auf den Inhalt konzentrieren können. Hier ist von einem "Mann mit guten Eigenschaften" die Rede; Eigenschaften, die in heutigen Amtsstuben leider vielfach abhandengekommen sind. Ich habe den "politischen Bocher" persönlich nie kennengelernt, sein Tun aber aus der geografischen Ferne stets mit Wohlwollen und Interesse verfolgt und bin ihm für sein "interethnisches" Wirken, abseits ideologischer Grabenkämpfe und nahe am Bürger, sehr dankbar. Ich glaube, Guido Bocher hat eine große Fangemeinde weit über seine eigene Gemeinde Toblach hinaus aufgebaut, ohne dies je anzustreben.
Insofern - ein schöner und wertschätzender Artikel. Darf ja auch mal sein.
Der Bürgermeister Guido
Der Bürgermeister Guido Bocher
War nicht ein Eigen Süppchen Kocher
Ausgeglichen trug er Bürden
Und zugleich des Amtes Würden
Seine Demut, sein Respekt
Zielten nie auf Knalleffekt
Weil sein Ziel, an jedem Tag,
Stets auf dem Gemeinwohl lag.
Billant hat seinen Ton erwischt
Der Futschegger, als Kron-Jurischt.
Dagegen gibt es immer Zochen
Die stets nur gegen Bochers pochen!
Doch deshalb bist Du, guter Flor,
Noch lang kein schellenlauetr Tor.
Die treffende Aussage steht
Die treffende Aussage steht im Beitrag von Alois Spath:
"Ich glaube, Guido Bocher hat eine große Fangemeinde weit über seine eigene Gemeinde Toblach hinaus aufgebaut, ohne dies je anzustreben."
Alles Gute Guido Bocher und danke.