5-Sterne-Bewegung
Foto: Facebook/M5S
Politik | Regionalwahlen

Vom Himmel in die Hölle

Nach der Euphorie über die Volksabstimmung: Im M5S löst das Wahldesaster in Regionen und Gemeinden heftige Polemiken aus.

Die Euphorie der Fünf-Sterne-Bewegung über den Sieg bei der Volksabstimmung war lautstark und grenzenlos. Denn sie musste das beispiellose Debakel übertönen, das die 5 stelle bei den Regionalwahlen erlitten haben und das die römische Tageszeitung Il Messaggero treffend als Caporetto dei pentastellati  definiert. Seit den Europawahlen im Vorjahr hat die Bewegung 7 von 10 Wählern verloren - 1.218.000 Stimmen in den sechs betroffenen Regionen. Im Veneto stürzten sie von 220.000 auf 55.000 ab, in Apulien von 419.000 auf 165.000 und in Kampanien, der Heimatregion von Luigi Di Maio, Kammerpräsident Roberto Fico und Sportminister Spadafora, von 141.000 auf 44.000 Stimmen.  In Bozen verlor die Bewegung alle 6 Sitze im Gemeinderat. In Florenz stimmte 45 Prozent der M5S-Wähler für den PD-Kandidaten Giani. Es waren diese enttäuschten Wechselwähler, die den Partito Democratico im Handumdrehen mit fast 20 Prozent zur stärksten Partei Italiens machten - sechs Punkte vor der Lega. Eine überraschende politische Wende.

Jetzt brodelt es in der Bewegung – auch eine Folge der dauernden Verschiebung des Parteitags mit dem hochtrabenden Namen stati generali, der für März geplant war und seither immer wieder hinausgrschoben wurde, um die internen Rivalitäten zu kaschieren. Luigi Di Maio zieht es sofort wieder in den Wahlkampf: "Da stasera sarò sui territori in campagna elettorale per sostenere i nostri candidati ai ballotaggi per le Comunali." Alessandro Di Battista, selbsternannter Anwärter auf die Führungsposition: 

"Le regionali sono state la piú grande sconfitta del M5S . Abbiamo perso voti e identità - da soli e in alleanza. In Campania siamo passati dal 17 al 10 per cento, due anni fa alle politiche abbiamo sfiorato il 50 per cento. Gli stati generali vanno fatti subito, ben partecipati, con un agenda da uscire al buio."

Kammerpräsident Fico will für die schwere Krise nicht allein das Debakel bei den Regional- und Gemeindewahlen verantwortlich machen: "Il M5S ha perso le Regionali, ma la sua crisi d'identità non va collegata al voto, viene da molto prima. Non è tempo di guerra per bande, non vanno date colpe."  

Nur in einem Punkt herrscht Einvernehmen: Die Bewegung benötigt dingend ein handlungsfähiges  Führungsgremium – wie alle anderen Parteien auch. Auf einem Entwurf stehen dafür 10 Namen. Di Maio will das Gremium sofort wählen, Di Battista erst nach dem Parteitag. Die erste harte Auseinandersetzung wird am morgigen Donnerstag auf der gemeinsamen Sitzung der  M5S-Parlamentsfraktionen erwartet. Di Battista kreuzt bereits die Klingen: "Di Maio ha festeggiato il sì al taglio dei parlamentari, mentre il M5S ha subito la sconfitta più dolorosa della storia."

Mittlerweile bastelt man in der Haupstadt bereits an einer anderen gefährlichen Front: eine erneute Kandidatur der gescheiterten römischen M5S-Bürgermeisterin Virginia Raggi soll verhindert werden. Stattdessen soll der Bewerber aus den Reihen des Partito Democratico kommen – im Gespräch sind Polizeichef Franco Gabrielli und der Präsident des EU-Parlaments, Davide Sassoli. Zingaretti will nach Indiskretionen als Präsident der Region Latium zurücktreten. Und die dann erforderlichen Neuwahlen würden gleichzeitig mit der Bürgermeisterwahl stattfinden – eine willkommene Gelegenheit, um Raggi loszuwerden.

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Andergassen Thomas Mi., 23.09.2020 - 21:24

Mir scheint die Wähler in Italien leiden an Demenz. Die letzten 30 Jahre haben uns von Links bis Rechts alle durchregiert (PD, Forza Italia, Lega ...) mit dem Ergebnis dass es immer weiter bergab ging mit diesem Staat. Und jetzt laufen die Wähler wieder zu diesen Parteien zurück!! Wenn die 5S Bewegung (immerhin als einzige bisher ohne Korruptionsskandale, Konzern- und Lobbypolitik) es nicht schafft den Karren aus dem Dreck zu ziehen, sehe ich schwarz für diesen Staat.

Mi., 23.09.2020 - 21:24 Permalink