In der Landeshauptstadt steht er auf einem Sockel inmitten des bekanntesten Stadtplatzes mit seinen zahlreichen Terrassencafes und hat somit einen Ehrenplatz. Viele können aber nicht sagen bzw. wissen nicht, wer der nachdenkliche Herr ist. Er gilt zwar als der bedeutendste Lyriker des deutschsprachigen Mittelalters und zählt zu den "Zwölf Alten Meistern" des Minnesangs, ist aber nahezu in Vergessenheit geraten.
Am 15. September 1889 wurde das Brunnen-Denkmal im Rahmen zweitägiger Feierlichkeiten im damaligen Johannsplatz enthüllt. Es war auf Bestreben eines eigens dafür gegründeten Vereins errichtet worden und ist ein Werk, aus Laaser Marmor, des Bildhauers Heinrich Natter.
Als Markwart deutscher Kultur in einem Grenzgebiet verstanden (bzw. instrumentalisiert und vielleicht auch missbraucht – 1896 wurde in Trient das Dante-Denkmal eingeweiht), wurde es während des Faschismus 1935 wegen seiner Symbolkraft in den weniger zentral gelegenen Rosegger-Park verlegt. 1985 wurde das Denkmal an seinen ursprünglichen Standort zurückgebracht.
Der Geburtsort von Walther von der Vogelweide ist umstritten. In der Diskussion über seine Herkunft wurde kürzlich die einzige urkundliche Erwähnung des Dichters herangezogen, um davon abzuleiten, dass "Vogelweide" ein Herkunftsname und kein Künstlername ist. Er wäre somit im Lajener Ried oberhalb von Waidbruck geboren.
Und nun sei uns ein Spiel oder eine freundliche Provokation erlaubt. In Anlehnung an das Buch von Jacques Le Goff "Die Geburt Europas im Mittelalter" könnten wir den reisenden Boten und Sänger Walther von der Vogelweide einfach als Beispiel eines entstehenden europäischen Selbstbewusstseins oder einer sich bildenden europäischen Identität betrachten (denn u.a. war Walther als Mensch des Mittelalters nationalistisches Denken ja fremd).