Politik | Funkstille

Entscheidet Bozen über Leifers?

In Leifers stellt Bürgermeister Christian Bianchi die Verhandlungsgespräche mit der SVP ein. Weil diese in Bozen Renzo Caramaschi unterstützt.
Christian Bianchi & Roberto Zanin
Foto: Facebook/Christian Bianchi

Dass es nicht ganz so einfach wird, das wusste die SVP in Leifers. Nach den jüngsten Gemeinderatswahlen könnte der mit 57,5 Prozent wieder bestätigte Bürgermeister Christian Bianchi auch ohne den bisherigen Partner Volkspartei regieren. Das Mitte-Rechts-Bündnis, das Bianchi bei den Wahlen unterstützt hat – seine Liste Uniti per Laives, Lega, Fratelli d’Italia, Laives Futura und Indipendenti per Laives – hat mit insgesamt 55,9 Prozent und 16 von 27 Sitzen eine satte Mehrheit. Die SVP hingegen, die nach 2015 mit Bianchi und dem Movimento 5 Stelle regierte, verlor 4,4 Prozentpunkte und kommt nur noch auf vier Sitze.

Trotzdem wollten der bisherige Vizebürgermeister Giovanni Seppi und seine Volksparteikollegen Bianchi davon überzeugen, sie erneut in die Mehrheit zu holen – trotz der ungeliebten Fratelli d’Italia, über die Parteiobmann Philipp Achammer vergangene Woche sagte: “Eine Koalition mit solchen Kräften wäre für die SVP eine Verleumdung der eigenen Prinzipien, das kann die SVP nicht tun.” Allerdings meinte Achammer damit Bozen. In der Nachbarstadt zeichnete sich Anfang der Woche folgendes Szenario ab: Seppi bleibt Vizebürgermeister und Urbanistikstadtrat, Fratelli d’Italia erhält keinen Stadtrat, dafür aber Beauftragungen wie etwa im Verwaltungsrat von Seab und Sasa. Bianchi selbst meinte noch unmittelbar nach den Wahlen über die SVP: “La mia volontà è quella di sedermi con loro attorno a un tavolo per proseguire quanto di buono abbiamo fatto sinora.”

Doch nun herrscht Funkstille.

 

Bozen soll nach rechts rücken

 

Denn dem Leiferer Bürgermeister gefällt es nicht, dass sich die Volkspartei in Bozen auf die Seite von Renzo Caramaschi geschlagen hat und ihn am Sonntag (4. Oktober) bei den Stichwahlen gegen den Mitte-Rechts-Kandidaten Roberto Zanin unterstützt. Dieser hatte von der SVP keine Wahlempfehlung für ihn gefordert, sondern sie gebeten, bei den Stichwahlen blockfrei zu bleiben. Dass nun am Sonntag auf dem Wahlzettel das Edelweiß-Symbol neben Caramaschis Namen zu finden sein wird, verärgert Christian Bianchi. Nicht zuletzt, weil die SVP auf Landesebene mit der Lega regiert und laut Bianchi auch in anderen Gemeinden SVP-Mitte-Rechts-Lega-Koalitionen kommen werden. So zumindest schreibt er es in einem langen Facebook-Post, den er am Dienstag Nachmittag veröffentlicht: “Non ho apprezzato l’appoggio della Svp a Caramaschi, perché un sindaco uscente che prende gli stessi voti di un altro candidato, vuol dire che non ha riscontrato grande successo in città. Inoltre la Svp governa la provincia con la Lega, Laives con il centrodestra, e vari comuni saranno governati nei prossimi 5 anni con coalizioni Svp-centrodestra-Lega. Per rispetto di un’area politica importante, la Svp avrebbe dovuto mantenersi neutrale, e rimettersi alla decisione degli elettori di Bolzano.”

Bozen solle sich ein Beispiel an Leifers nehmen und nach 50 Jahren unter Mitte-Links-SVP, Wandel, Erneuerung und Veränderung wählen, meint Bianchi weiter. Dafür sei Zanin der richtige Bürgermeister, während Caramaschi “allzu oft Entscheidungen getroffen hat, die in völligem Widerspruch zu den Leiferer Interessen standen”.

 

Abwarten und nach Bozen schauen

 

Mit den Worten sind auch Taten einher gegangen. Bianchi hat die Verhandlungen über eine weitere Zusammenarbeit mit der SVP ausgesetzt. Auch wenn er persönlich gerne mit ihr weiterarbeiten würde, “können wir nicht auf der einen Seite der SVP die Hand reichen, während wir gleichzeitig Entscheidungen wie in Bozen haben, die ein Misstrauen dem Mitte-Rechts-Lager gegenüber zeigen”, erklärt Bianchi seinen Beschluss, die Gespräche vorerst auf Eis zu legen. Muss die SVP in Leifers also büßen und in die Opposition, wenn in Bozen Renzo Caramaschi erneut Bürgermeister wird? “Wir werden das Wahlergebnis abwarten und dann die nächsten Entscheidungen treffen”, sagt Bianchi zur Tageszeitung.

Bei der SVP herrscht Verwunderung. “Ich würde es mir als Leiferer Gemeindepolitiker nicht erlauben, mich in die Wahlen in einer anderen Gemeinde einzumischen und dadurch eine Art Druck aufzubauen. Die Bozner SVP hat autonom und eigenständig entschieden. Das hat mit Leifers überhaupt nichts zu tun”, zitiert die Dolomiten Giovanni Seppi. Doch bleibt ihm nichts anderes übrig, als die Stichwahlen am 4. Oktober abzuwarten. Dann könnten die Wähler in Bozen auch über die Geschicke von Leifers entscheiden.

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△rtim post Mi., 30.09.2020 - 10:13

Müsste der Einleitungssatz oben nicht heißen: "Dass es NICHT ganz so einfach... "?
Das würde Sinn machen, wie wohl auch eine gemeindeübergreifende Botschaft des SVP-Parteiobmanns über die Zusammenarbeit mit demokratie- und minderheitenfeindlichen Kräften.

Mi., 30.09.2020 - 10:13 Permalink
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Johannes A. Mi., 30.09.2020 - 15:01

Die SVP sollte am Beispiel von Christian Bianchi lernen, dass es keine besonders gute Idee ist, den italienischen Rechtsparteien zur Macht zu verhelfen. Es war ein eindeutiger Fehler der SVP, mit Christian Bianchi einen ehemaligen Exponenten des neofaschistischen MSI auf den Thron zu hieven. Heute sitzen mit Fratelli d`Italia plötzlich halbfaschisten im Stadtrat von Leifers, die der deutschen Minderheit in Südtirol nur schaden möchten.

Mi., 30.09.2020 - 15:01 Permalink