Politik | Frauensache?

“Das ist herabwürdigend”

Martha Stocker geht mit der SVP hart ins Gericht – wegen deren Umgang mit Frauen vielerorts. Auch die Abschaffung der Quote in den Baukommissionen sei unverständlich.

“Ich dachte, die Zeit sei vorbei, wo mit bestgewählten Frauen so umgegangen wird – scheinbar wertschätzend, aber halt nicht sofort! Leider bei diesen Gemeinderatswahlen ein Trend und das nicht nur in Meran!”
Zwei Sätze, hinter denen durchaus Zündstoff steckt. Geschrieben und veröffentlicht hat sie Martha Stocker. Unter einem Facebook-Post von Madeleine Rohrer. Die meist gewählte Kandidatin der Liste Rösch/Grüne und Frau bei den Gemeinderatswahlen in Meran hat am Dienstag Stellung zum Plan der Meraner SVP genommen, sie bis auf weiters nicht in den Stadtrat aufzunehmen.

Martha Stocker nimmt das Tauziehen um die Koalitionsbildung zwar “nur von außen” wahr, wie sie im Gespräch mit salto.bz vorwegschickt. Dennoch sei es ihr wichtig gewesen, mit der Solidaritätsbekundung für Rohrer ein Signal auch an ihre Partei, die SVP, zu senden, betont die ehemalige Landesrätin, die von 2000 bis 2011 auch Vorsitzende der SVP-Frauenbewegung war und sich weiterhin für die Gleichberechtigung stark macht.

 

“Nicht akzeptabel” nicht nur in Meran

 

“Die verschiedentlich kolportierten Meldungen, dass die SVP Frau Rohrer verhindern will, entbehren jeder Grundlage. Es hat nie ein Veto gegen Madeleine Rohrer gegeben, die wir als Person schätzen und die ein sehr gutes persönliches Wahlergebnis erzielt hat”, ließ die SVP Meran am Dienstag ausrichten. Von vornherein im Stadtrat haben will man sie trotzdem nicht. Sondern erst, wenn die Aufstockung desselben um einen Posten über die Bühne ist – und das kann Monate dauern, weil dafür eine Änderung des Gemeindestatuts notwendig ist. “Diese Art – ‘wir schätzen dich schon, aber halt nicht sofort’ ist herabwürdigend. Wie hier mit der bestgewählten Frau umgegangen wird, ist nicht akzeptabel”, sagt Martha Stocker empört, aber bestimmt.

Sie beobachte diese Umgangsart “quer durch” die Gemeinden. Als Beispiel nennt sie Kaltern, wo die langjährige Assessorin Margareth Greif als meist gewählte SVP-Rätin bei der Ausschussbildung nicht berücksichtigt wurde. In Naturns “hätte Astrid Pichler aufgrund ihres Wahlergebnisses Vizebürgermeisterin werden müssen”, fährt Stocker fort. Und auch in ihrem Heimatbezirk, dem Pustertal, gebe es gar einige Beispiele. Auf die will sie aber “nicht weiter eingehen”. Bei den nicht berücksichtigten Frauen handle es sich aber durch die Bank um “Kandidatinnen, die in der SVP für die Allgemeinheit und keine bestimmte Interessengruppe stehen”.

Auch eine andere jüngste Episode stößt bei Stocker auf Unverständnis.

 

Ist ein Drittel wirklich so schwer?

 

Am Mittwoch hat der zuständige Gesetzgebungsausschuss im Landtag einen Abänderungsantrag zum Urbanistikgesetz angenommen, mit dem die “ausgewogene Vertretung beider Geschlechter” in den Baukommissionen der Gemeinden abgeschafft werden soll. Der Passus war im neuen Raumordnungsgesetz 2018 nicht vorgesehen und erst 2019 eingeführt worden. “Ausgewogen” bedeutet laut Gleichstellungsgesetz, dass mindestens ein Drittel der Mitglieder dem anderen Geschlecht angehören müssen. Dadurch soll eine angemessene weibliche Vertretung in Gremien garantiert werden.

Im Zuge der Änderungen zum Raumordnungsgesetz, die Landesrätin Maria Hochgruber Kuenzer vorgeschlagen hat, hatte sich der Gemeindenverband skeptisch geäußert und vorgeschlagen, den entsprechenden Artikel so abzuändern, dass in den Baukommissionen nur mehr “beide Geschlechter vertreten sein müssen”, ohne Quote. Denn andernfalls, so die Argumentation des Gemeindenverbands, “werden sich die Gemeinden sehr schwer tun, eine gesetzeskonforme Gemeindenkommission zu bilden”.

 

Die Sorge, dass die Verwalter nicht genügend Frauen finden würden, kann SVP-Landesfrauenreferentin Renate Gebard absolut nicht nachvollziehen: “Wir wissen nur zu genau, dass frau kann, wenn man(n) sie nur endlich lässt und sich darum bemüht, kompetente und engagierte Frauen ins Boot zu holen.” Martha Stocker stimmt ihr zu. Seit in den Baukommissionen der Gemeinden nicht mehr traditionell männliche Funktionsträger wie der Feuerwehrkommandant säßen, sondern Fachleute bzw. Sachverständige, sei es “natürlich auf jeden Fall absolut möglich”, ein Drittel der Mitglieder mit weiblichen Vertretern zu besetzen, ist Stocker überzeugt. Auch wenn es schon so sei, dass “in den technischen Bereichen Frauen nicht so präsent sind”. “Da muss man halt auch bei den Sachverständigen dahinter sein”, meint Stocker. Die ein Drittel Frauen aber “kriegt man bis auf Gegenbeweis schon zusammen”.

Der Änderungsantrag, der die Forderung des Gemeindenverbands aufgreift, stammt von Peter Faistnauer (Team K) und wurde mit seiner und den Stimmen von Franz Locher, Helmut Tauber, Manfred Vallazza (alle SVP) und Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) im II Gesetzgebungsausschuss genehmigt. Magdalena Amhof (SVP), Riccardo Dello Sbarba (Grüne) und Sandro Repetto (PD) stimmten dagegen. “Damit haben einmal mehr eine Handvoll ewiggestriger Männer dafür gesorgt, dass wir um Jahrzehnte zurückgeworfen werden”, kommentiert Renate Gebhard.