Gesellschaft | Stellungnahme

„Eine angemessene Performance“

Sanitätsdirektor Pierpaolo Bertoli hat Salto.bz folgende Gegendarstellung zum Artikel „Die große Konfusion“ zukommen lassen.
Frauen in der Sanität
Foto: Pixabay
Sanitätsdirektor Pierpaolo Bertoli hat Salto.bz folgende Gegendarstellung zum Artikel  „Die große Konfusion“ zukommen lassen:
 
Der im Artikel erzeugte Eindruck, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb planlos und willkürlich agieren würde, kann nicht unwidersprochen bleiben. Die Corona-Pandemie stellt weltweit die Gesundheitssysteme, aber auch die Gesetzgeber und politisch Verantwortlichen, vor noch nie da gewesene Herausforderungen. Ein Großteil der Änderungen bei den Testverfahren und Überwachungsprozeduren ist allein dieser Tatsache geschuldet. Wir sind der Überzeugung, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb  – auch im Vergleich mit anderen Regionen – dank der Unterstützung vieler Akteure bisher eine angemessene Performance hingelegt hat. 
 Laufend sind Änderungen und Anpassungen in den Behandlungsmethoden und -abläufen notwendig, um mit den neuen Erkenntnissen und Anforderungen Schritt zu halten. Richtigerweise wird im Artikel erwähnt, dass oft der staatliche Gesetzgeber buchstäblich über Nacht neue Normen einführt, die von Südtirol rezipiert und vom Südtiroler Sanitätsbetrieb, ungeachtet der organisatorischen und IT-technischen Implikationen, sofort umzusetzen sind. Gleichzeitig gibt es neue Testverfahren, wie z.B. die Antigentests, die hochinteressant sind, aber deren Einsatz oft noch nicht restlos geklärt ist, vor allem hinsichtlich ihrer Konsequenzen. 
Der im Artikel erzeugte Eindruck, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb planlos und willkürlich agieren würde, kann nicht unwidersprochen bleiben.
Konkret hat es seit Beginn der Pandemie bis weit in den Oktober hinein eine Unzahl von Verordnungen und Rundschreiben des Gesundheitsministeriums gegeben, die die Verfahren des Betriebes beeinflusst haben und beeinflussen. Zu nennen ist beispielsweise das Rundschreiben Nr. 31400 vom 29. September 2020, mit dem das Gesundheitsministerium die Antigentests als im Schulbereich einsetzbares Instrument auswählt, für den Fall, dass eine große Anzahl an Personen getestet werden muss. Oder das Rundschreiben des Gesundheitsministeriums Nr. 32850 vom 12. Oktober 2020, das Antigentests als Alternative zu den Molekulartests zur Abkürzung der Quarantäneperiode von 10 Tagen bei asymptomatischen Personen verwendet werden können, falls diese als enge Kontakte eines positiven Falls gelten. Das jüngste Dokument des Gesundheitsministeriums, welches mit Rundschreiben Nr. 53324 vom 30. Oktober 2020 verschickt wurde, sieht operative Handlungsanweisungen für die verschiedenen Typologien von Tests aufgrund der derzeit zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Kriterien vor. 
 
 
Gleichzeitig stehen wesentliche Klärungen noch aus bzw. sind in der operativen Umsetzung aufwändig: Ein positiver Antigentest bedarf eines molekularen PCR-Tests zur Bestätigung; nur auf dieser Grundlage konnte bis jetzt die Quarantäne verfügt werden. Es ist klar, dass hier wichtige Zeit verloren geht, wobei der Südtiroler Sanitätsbetrieb auf allen Ebenen seit Wochen im Einsatz ist, um hier einfachere Handhabungen zu erreichen. 
 Damit zusammen hängt die Frage der Krankschreibung. Das Rundschreiben der Sanitätsdirektion vom 9. Oktober rät den Hausärzten, ärztliche Atteste auch für asymptomatische Personen, welche als enger Kontakt eines positiv Getesteten gelten,gleich auszustellen in Erwartung der Quarantäneverfügung durch das Departement für Prävention. Diese Möglichkeit eines Attests für Asymptomatische wurde lange mit den Vertretern der Haus- und Kinderärzte diskutiert; einige wichtige Aspekte konnten dabei als geklärt betrachtet werden. 
Wir sind der Überzeugung, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb  – auch im Vergleich mit anderen Regionen – dank der Unterstützung vieler Akteure bisher eine angemessene Performance hingelegt hat.
 Vor allem weisen wir darauf hin, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb eine fixe Arbeitsgruppe mit VertreterInnen der Hausärzte eingerichtet hat, um den Informationsfluss zu unterstützen und  bestimmte Problematiken im Zusammenhang mit der Bekämpfung der Corona-Pandemie vor Ort zu klären. Diese Plattform hat über die eigentlichen Thematiken hinaus mittlerweile einen intensiven Austausch bewirkt, der in dieser Form in Südtirol bisher nicht gegeben war und der gerade in der Bekämpfung der Corona-Pandemie zusehends genutzt wird. 
 Die einseitige Darstellung von bestimmten Unzulänglichkeiten, die von außen gesehen gegeben sein mögen, de facto aber vor allem der außerordentlichen Komplexität der pandemischen Situation geschuldet sind, wird demnach noch einmal zurückgewiesen. 
 
Dr. Pierpaolo Bertoli 
Geschäftsf. Sanitätsdirektor
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Harald Knoflach Do., 12.11.2020 - 11:36

Es ist also "der außerordentlichen Komplexität der pandemischen Situation geschuldet", dass es der Sanitätsbetrieb nicht schafft, vorübergehend genügend Leute einzustellen, um auf E-Mails zu antworten oder mehrere Telefonleitungen einzurichten, um für Menschen in Quarantäne erreichbar zu sein.
Auf meine E-Mails habe ich nie eine Antwort bekommen und bei mittlerweile über 100 Versuchen hab ich die zuständige Stelle telefonisch nicht erreichen können.
Die medizinische Performance auf den Covid-Stationen kann ich nicht beurteilen, aber die Organisation und Kommunikation ist eine komplette Katastrophe, die neben dem gesundheitlichen auch wirtschaftlichen Schaden verursacht, und die relativ einfach zu vermeiden gewesen wäre.

Hier habe ich meine Geschichte aufgeschrieben.
https://www.brennerbasisdemokratie.eu/?p=61580
Fortsetzung folgt

Do., 12.11.2020 - 11:36 Permalink
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Elisabeth Hammer Do., 12.11.2020 - 14:06

Antwort auf von Harald Knoflach

@Harald: Habe gerade deine Geschichte gelesen, ich könnte eine ähnliche schreiben. Traurig nur, dass soviel Energie vom Kranken gefordert wird, sich durch den organisatorischen Dschungel zu bewegen, Energie, die man eigentlich für den Kampf gegen den Virus braucht. Die Hausärzte und das "Bodenpersonal" beim Testen leisten derzeit übermenschliches. Was aber ehrlicherweise überhaupt nicht klappt, ist die Kommunikation mit den zentralen Stellen in Bozen und deren Vernetzung mit den Teststellen ausserhalb. Solange diese Organisation nicht besser klappt, kann ich mir eine "scuola in sicurezza" nicht vorstellen ... Nachverfolgung und sofortige Quarantäne für Kontaktpersonen müsste da schon garantiert sein.

Do., 12.11.2020 - 14:06 Permalink
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G. P. So., 15.11.2020 - 23:05

Antwort auf von Harald Knoflach

Der pure Wahnsinn! Nach neun Monaten Corona kennt immer noch kein Normalsterblicher - aber noch nicht mal der Sanitätsbetrieb selbst - die genauen Regeln für die Quarantäne und in der Quarantäne. Es gibt keine verständliche, klaren, strukturierten Regelungen.

So., 15.11.2020 - 23:05 Permalink
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rotaderga Do., 12.11.2020 - 12:22

Seit mehreren Monaten einen Termin für Visite. Pünktlich vor dem Untersuchungszimmer. Wen suchen sie, hier ist alles zu. Habe Termin für xy Visite/Untersuchung. Aha, woher kommen sie. Aus... Das ist weit. Wir finden eine Lösung. Wartete nach den Untersuchungen ca 10 min auf schriftlichen Befund und
sollte Zahlungsaufforderung kommen, Ticket bezahlen- wenn nicht nicht lange suchen!
Es ist der Menschlichkeit verständnisvoller und verantwortungsbewusster Ärzte und Pfleger zu verdanken, wenn in der Sanität noch Einiges weitergeht und sicher nicht der "Perfektion" der "leitenden Strukturen" geschuldet.

Do., 12.11.2020 - 12:22 Permalink
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Martin Sitzmann Do., 12.11.2020 - 13:11

Kritisieren ist in dieser Lage sicher leichter als die Verantwortung zu übernehmen. Ich weiß das aus meinem Bereich zur Genüge!

Aber da scheint schon einiges nicht zu klappen im Sanitätsbetrieb.
Experten haben seit dem Juni davor gewarnt, dass eine 2. Welle im Herbst schwieriger sein könnte als die 1. Welle. Ich verstehe nicht, warum da beim Contact Tracing nicht Nägel mit Köpfen gemacht wurden: War ja klar, dass man mit 100 Personen eine große Welle nicht nachverfolgen kann. Hätte man halt 200, 300, 400 Leute im Sommer schulen müssen. Dieses Geld ist mit 1 Tag Lockdown mehr als verbraten...
Die Aufgabe des Contact Tracing war aus meiner Sicht fatal. Seitdem läuft die Pandemie im Grunde kaum gebremst.

Do., 12.11.2020 - 13:11 Permalink
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Harald Knoflach Do., 12.11.2020 - 14:05

Antwort auf von Martin Sitzmann

Genau so ist es. In der Organisation gibt es sehr viele Arbeiten, die nicht von medizinischem Fachpersonal erledigt werden müssen, dessen Ausbildung Jahre dauert. Im contact tracing hätte man Leute über die Sommermonate einschulen können. Und auch was die Kommunikation mit den Menschen in Quarantäne betrifft, bräuchte es nur Leute, die lesen und schreiben und ein standardisiertes Prozedere abarbeiten können. Der finanzielle und gesamtgesellschaftliche Schaden dieser Versäumnisse ist enorm viel höher, als die Kosten für ein paar Dutzend Leute, die diese Aufgaben übernehmen.

Do., 12.11.2020 - 14:05 Permalink
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Profil für Benutzer Michael Kerschbaumer
Michael Kerschbaumer Do., 12.11.2020 - 14:01

Immer brav Kopf nach oben, Fehler wegkehren, archivieren, leugnen, vertuschen und oben drein noch nachlegen dass Sudtirol wie immer viel viel besser schöner und reicher ist wie viele andere Regionen. l' arroganza che non conosce confini.

Do., 12.11.2020 - 14:01 Permalink
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Daniele Menestrina Do., 12.11.2020 - 20:12

"Wir sind der Überzeugung, dass der Südtiroler Sanitätsbetrieb – auch im Vergleich mit anderen Regionen – dank der Unterstützung vieler Akteure bisher eine angemessene Performance hingelegt hat."
Es zählen nicht Überzeugungen sondern Fakten und Fakt ist, dass die Provinz Bozen zur Zeit in Europa diejenige Region/Provinz ist, die die schlechtesten Zahlen hat Punkt

Do., 12.11.2020 - 20:12 Permalink
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Profil für Benutzer Harald Knoflach
Harald Knoflach Do., 12.11.2020 - 22:26

Antwort auf von Daniele Menestrina

@ menestrina
Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Performance zumindest im kommunikativen und organisatorischen Bereich alles andere als angemessen ist.
Hätten sie die Quelle für mich, wonach Südtirol sogar die Region mit den schlechtesten zahlen in Europa ist. Auf dem Dashboard des ECDC kann ich das leider nicht finden.

Do., 12.11.2020 - 22:26 Permalink
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Profil für Benutzer Arne Saknussemm
Arne Saknussemm Fr., 13.11.2020 - 00:28

Der Sprachgebrauch dieses Herrn Bertoli spricht Bände und jagt mir einen kalten Schauer über den Rücken. Diese Bürokraten, die mit ihren Beschwichtigungen, Floskeln und Halbwahrheiten nichts anderes im Sinn haben, als ihren Betrieb, und somit sich selbst, abzusichern, werden unserer hart errungenen Sozialisierung noch den Garaus machen.

Fr., 13.11.2020 - 00:28 Permalink