Politik | Bombenjahre

Rückgrat aus Gummi

Die Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier ging heuer coronabedingt im kleinen Kreis über die Bühne. Die Forderungen des Schützenbundes bleiben aber laut genug.
kerschbaumer feier
Foto: Südtiroler Schützenbund / Egon Zemmer
Dort, wo normalerweise 2.000 Schützen stehen, waren es diesmal nicht einmal ein Zwanzigstel davon. Am Dienstagvormittag ging am Friedhof St. Pauls die traditionelle Sepp-Kerschbaumer-Gedenkfeier über die Bühne.
Die kirchliche Feier am 8. Dezember, mit der zum Todestag des BAS-Gründers Sepp Kerschbaumer an alle Opfern der Südtiroler Attentate erinnert wird, hat sich seit Jahrzehnten auch zu einem politisch-patriotischen Hochamt entwickelt.
Das war auch heuer nicht anders. Trotz der strengen Corona-Regeln schafften es der Südtiroler Heimatbund und der Südtiroler Schützenbund eine würdige Gedenkfeier zu organisieren. Die Mander hielten dabei die vorgeschriebenen Abstände und die Maskenpflicht ein.
Die Feier begann mit der Begrüßung des Obmannes des Südtiroler Heimatbundes Roland Lang. Anschließend zelebrierte Pater Benedikt Sperl einen Wortgottesdienst. Die Gedenkrede hielt der Landeskommandant-Stellvertreter des Südtiroler Schützenbundes Major Renato des Dorides. Er unterstützte in den 60er Jahren tatkräftig die Familien der gefangenen Freiheitskämpfer mit finanziellen Mitteln:
Wir gedenken heute auch der aktiven Freiheitskämpfer der 60er Jahre, die noch im Exil, fern der Heimat, leben und immer noch vom italienischen Staat verfolgt werden“, sagte des Dorides. Und weiter: Ihre Sehnsucht, die Heimat wieder zu sehen, für die sie gekämpft und ihr Leben riskiert haben, ihre Freunde und Nachbarn zu besuchen, an den Gräbern der Eltern und Familienangehörigen zu verweilen – diese große Sehnsucht berührt uns alle tief im Herzen.
 
 
 
Die Begnadigung der noch lebenden Attentäter war dann auch das Leitmotiv der Feier. Renato des Dorides: „Es ist Zeit, dass dieser sogenannte ,Demokratische Italienische Staat' - in dem immer wieder Verbrecher, politische Attentäter und Mörder großmütig begnadigt werden, die noch wenigen im Exil lebenden Südtiroler Freiheitskämpfer nach über 50 Jahren Entbehrungen ohne weitere Verfolgung zurück in die Heimat lässt. Es wäre ein menschlicher Akt der Versöhnung von einem Staat, der sich vor aller Welt rühmt, vorbildlich für Freiheit, Demokratie, Völkerrecht und Menschlichkeit zu stehen“.
Im Anschluss an die Gedenkrede spielte ein Musikant aus Eppan das Lied vom „Guten Kameraden“. Am ehemaligen Grab von Sepp Kerschbaumer wurden Kränze niedergelegt. Gedacht wurde dabei auch der verstorbenen Mitstreiter Sepp Kerschbaumers, Franz Höfler, Anton Gostner, Luis Amplatz, Jörg Klotz, Kurt Welser.  Die Ehrensalve feuerte die Schützenkompanie „Sepp Kerschbaumer“ Eppan ab.
Wir Südtiroler durften in diesem Jahr für ungefähr 70 Tage unser Heim nicht verlassen. Dann gibt es da noch drei Männer, die seit 19.000 Tagen ihr Heim nicht mehr betreten dürfen“, mahnte der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes Jürgen Wirth Anderlan in seinen Dankesworten. Und er appellierte direkt an die Südtiroler Politik: „Geschätzte Landesvertreter! Zeigt uns, dass ihr kein Rückgrat aus Gummi habt und holt Heinrich Oberleiter, Josef Forer und Siegfried Steger endlich heim. Viel Zeit habt ihr nicht mehr!“.
Danach folgten die Tiroler Landeshymne und die österreichische Bundeshymne.
Ob man die Töne bis ins Palais Widmann oder bis in die Bozner Brennerstraße gehört hat, wird sich in den nächsten Monaten und Jahren zeigen.
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Klemens Riegler Mi., 09.12.2020 - 09:47

Antwort auf von Anonymous Südtirol

Die "bunten Kostüme" nennt man hier und andernorts Tracht und gehören zur Tradition in ziemlich allen Völkern dieser Erde. Und für "Spielzeugwaffen" krachen diese Dinger dann recht ordentlich.
In gewisser Weise haben wir ganz sicher 365 Tage Fasching ... nicht der Trachten wegen. Und andererseits würde uns allen etwas mehr Fasching und Gelassenheit (auch Ausgelassenheit) gut tun.

Mi., 09.12.2020 - 09:47 Permalink
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Arne Saknussemm Mi., 09.12.2020 - 10:42

Antwort auf von Klemens Riegler

Diese "Tracht" kann sich mit einer derartigen Kleigeistigkeit schnell in eine Tracht Prügel verwandeln ... und was man, in Zeiten einer Pandemie, am wenigsten braucht ist Ausgelassenheit! Die Leute benehmen sich seit Monaten eh schon als ob sie kei Hirn besäßen! Sowas braucht man mit diesem Gockel-Testosteron-gesteuerten Traditions-Gehabe nicht noch befeuern!

Mi., 09.12.2020 - 10:42 Permalink
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Christian I Mi., 09.12.2020 - 15:43

Antwort auf von Arne Saknussemm

Ich sehe Sie Arne verstehen nicht wie die salto-Kommentare aufgebaut sind... ;-) denn meine Antwort war für "Anonymous". Wäre meine Antwort an Ihnen gerichtet, dann wäre diese ein bisschen weiter rechts als Ihr Kommentar abgebildet.
Und so ganz nebenbei, Leute die sich an einem "Sie" anhängen, na ja, kenn ich mehrere :-) Schönen Tag noch.

Mi., 09.12.2020 - 15:43 Permalink
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Hartmuth Staffler Mi., 09.12.2020 - 18:08

Antwort auf von Anonymous Südtirol

Irgend etwas muss jeder Mensch anziehen, wenn er nicht nackt gehen will, was vor allem im Winter nicht zu empfehlen ist. Jede Bekleidung ist im Grund eine Tracht, weil man damit etwas ausdrückt und sich damit identifiziert. Ich ziehe meine Tiroler Tracht an, weil ich ein Tiroler bin. Ich respektiere auch den Menschen, der eine zerrissene Jeanshose trägt. Das ist für mich ein seltsames Kostüm. Der Träger identifiziert sich aber mit seiner zerrissenen Jeanshose, was sein gutes Recht ist. Ich sehe aber nicht ein, warum man verschiedene Kleidungs- und damit Identifizierungsarten gegeneinander ausspielen will. Wer eine Tracht trägt, trägt kein Kostüm, sondern ein Bekenntnis seiner Identität. Die sogenannten "Spielzeugwaffen sind eine Erinnerung" daran, dass unsere Schützen uns einst, damals mit echten Waffen, gegen Aggressionen von außen geschützt haben, zuletzt - leider vergeblich - 1915 bis 1918. Sie haben niemals andere Gebiete angegriffen. Das unterscheidet sie zum Beispiel von den italienischen Alpini, die ja in ihrer Geschichte ausschließlich Angriffskriege geführt haben.

Mi., 09.12.2020 - 18:08 Permalink
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Harry Dierstein Fr., 11.12.2020 - 02:49

Antwort auf von Hartmuth Staffler

Italien hat weder den Ersten, noch den Zweiten Weltkrieg vom Zaun gebrochen, Hartmut Staffler, sondern für beide Katastrophen zeichnen jedesmal zwei Österreicher (maßgeblich) verantwortlich. 1914 war dies der Habsburger Franz Joseph I. und 1939 der Braunauer Adolf Hitler.

Was Sie hier permanent betreiben, ist wiederholte Geschichtsverdrehung mit Verkürzung der historischen Fakten, um antiitalienische Ressentiments zu schüren. Woanders wären Sie schon längst rausgeflogen.

Fr., 11.12.2020 - 02:49 Permalink
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Karl Trojer Do., 10.12.2020 - 10:28

Selbstbestimmung für Südtirol hat sich im "Ja zur Autonomie" seitens der großen Mehrheit der SüdtirolerInnen bereits ausgedrückt. Selbstbestimmung bedeutet nicht, wie so oft fälschlich dargestellt, "los von Italien". Die Grenzen zwischen Nord-Süd-Ost und Welsch-Tirol sind , Dank der Europäischen Union soweit offen, dass SüdtirolInnen beliebig und jederzeit Beziehungen mit anderen TirolerInnen pflegen können. Die Grenzen der europäischen Nationen sind kein Hindernis mehr für persönliche, geschäftliche oder verbandbezogene Begegnungen; es gilt diese Chancen wahrzunehmen ! Die Staaten stellen inzwischen strukturelle Größen dar, ähnlich den Regionen, Provinzen, Gemeinden... und dafür machen sie weiterhin Sinn.

Do., 10.12.2020 - 10:28 Permalink
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Karl Trojer Do., 10.12.2020 - 10:35

Die Forderung nach Begnadigung der Freiheitskämpfer sollte ehestens von komptenter politischer Stelle aus lautstark und zielführend auf Staatsebene eingebracht werden !

Do., 10.12.2020 - 10:35 Permalink
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a richter Do., 10.12.2020 - 12:57

vieleicht waere eine Begnadigung eher möglich wenn zumindest ein Wort der Versoehnung den Familien der italienischen Opfer zukommen wuerde. Diese haben wahrscheinlich durch den Verlust ihrer Lieben sehr gelitten. Betone den Familien nicht dem Staat.
Davon hoehrt man nie was. Vieleicht meinen noch viele die haben sich alle sebst umgebracht. Hoffe wirklich nicht.
Waere jedenfalls eine nette Geste der Versoehnung

Do., 10.12.2020 - 12:57 Permalink