Die Zustände sind absurd.
Am Sonntagvormittag verschickt die Bildungsdirektion eine Rundmail an die Direktoren. Es ist ein Schreiben, das den Schulführungskräften, dem Lehrpersonal und Tausenden von Schülerinnen und Schülern endlich Klarheit darüber verschafft, was sie 20 Stunden später tun müssen.
Es sind einige wenige lapidare Sätze, die an diesem schulfreien Sonntag von Bildungsdirektor Gustav Tschenett und Landeschuldirektorin Sigrun Falkensteiner verschickt werden.
„Nachdem das Unterrichtsministerium zwar grünes Licht für eine Öffnung der Schulen der Oberstufe vor Weihnachten gegeben hätte, das Gesundheitsministerium dazu trotz zahlreicher Bemühungen aber keine Rückmeldung gibt, bleiben die Schulen der Oberstufe weiterhin im Fernunterricht, mit Ausnahmen laut dem letzten Rundschreiben aus den 3 Bildungsdirektionen.“
Am frühen Sonntagnachmittag erhalten dann auch die Eltern und die Schülerinnen und Schüler endlich die Information, dass der Fernunterricht bis zu den Weihnachtsferien fortgesetzt wird.
„In welcher Form ab dem 7. Jänner 2021 der Unterricht fortgesetzt wird, ist im Moment noch unklar, da offen ist, ob Südtirol auch hier wieder versuchen wird, einen Sonderweg zu gehen oder nicht“, heißt es im Schreiben.
Da das Gesundheitsministerium trotz zahlreicher Bemühungen keine Rückmeldung gibt, bleiben die Schulen der Oberstufe weiterhin im Fernunterricht.
Seit Wochen redet man davon, dass man an den Südtiroler Oberschulen mit 14. Dezember den Präsenzunterricht wieder aufnehmen möchte. Weil die Elternverbände Druck machen, haben Südtiroler Bildungspolitiker klare Zusagen in dieser Richtung gemacht.
Doch bis Sonntag wusste niemand etwas Genaues. Es gab keine klare Dienstanweisung. Südtirols Schulen und Lehrpersonal stehen seit Tagen stand by. Während man in der Politik und in der Öffentlichkeit über eine mögliche Rückkehr in die Schule debattierte, mussten die Lehrpersonen den Online-Unterricht für die kommende Woche vorbereiten. Ohne zu wissen, ob es diesen noch geben wird oder nicht.
Dabei kritisieren Schulführungskräfte, Lehrpersonen oder auch Heimleiter seit längerem offen, dass eine Öffnung ohne klaren Vorlauf kaum sinnvoll sei (man bedenke die Schwierigkeiten etwa für die Heimschüler). Vor allem aber würde diese vollkommene Unsicherheit in der Planung den Bildungsauftrag der Schulen nachhaltig gefährden.
Die Landespolitik scheint sich davon nicht beeindrucken zu lassen, denn man hielt anscheinend bis zum allerletzten Moment an dem Vorhaben fest. Laut der offiziellen Information sei die Umsetzung nur an der noch ausstehenden Antwort des römischen Gesundheitsministeriums gescheitert. Hätte Rom demnach am Samstag Ja gesagt, hätten Schüler und Lehrer am Sonntag erfahren, dass sie am Montagfrüh in der Schule zu erscheinen haben.
Die Schulöffnung vor Weihnachten wäre als Propagandashow für die Politik vielleicht sinnvoll gewesen, für die Schülerinnen und Schüler wohl kaum.
Die Öffnung der Oberschulen vor Weihnachten war anscheinend der Politik so wichtig, dass man alle organisatorischen und pädagogischen Bedenken beiseite schieben wollte. Dabei zeigt sich auf den ersten Blick, welche Schnapsidee man hier ausgebrütet hat.
Durch die Corona-Maßnahmen dürfen nicht alle Schüler gleichzeitig in die Schule. Demnach hat die halbe Klasse eine Woche Fernunterricht, während die andere halbe Klasse in die Schule kommt. (In vielen Schule ist die Teilung auch anders organisiert). Jene Schüler, die in der kommenden Woche im Fernunterricht gewesen wären, hätte dann genau für drei Tage Präsenzunterricht gehabt, bevor die Weihnachtsferien beginnen.
Sinnvoll?
Vielleicht als Propagandashow für die Politik.
Für die Schülerinnen und Schüler wohl kaum.