Als neulich der Philipp und dann auch noch Ulli Mair bei „Pro und Contra“ gefordert haben, dass wir an den Weihnachtsfeiertagen frei zirkulieren dürfen, um unsere Liebsten zu besuchen, da wird nicht nur eine Hausfrau in Südtirol vor Entsetzen ins Geschirrtuch gebissen haben. Lass stecken, Philipp! Aus, Ulli! So schlimm ist das gar nicht, wenn wir an diesen zwei Tagen weder Opa Franz noch Tante Mitzi zu Gesicht bekommen. Schade für sie vielleicht, aber was für eine Entlastung für uns. Denn was sind die Weihnachtsfeiertage anderes als die Olympischen Spiele der Hausfrau: Von wegen „Dabeisein ist alles“. Die Disziplinen sind knallhart: Ganze Bude auf Hochglanz polieren, Christbaum und Geschenke (natürlich auch für die angeheiratete Verwandtschaft) besorgen, mehrgängiges Festtags-Menu unter Berücksichtigung aller Vorlieben, Abneigungen und Intoleranzen auf den Tisch bringen, und dabei auch noch apart aussehen und die charmante Gastgeberin spielen - obwohl frau innerlich alles andre als jinglebellt und am liebsten alle raushauen und sich mit einem Buch und einem Glasl Wein auf die Couch schmeißen würde.
Hören wir doch auf mit diesen Spielchen. Es gibt Interessanteres im Leben als Couchtisch polieren und Unterhosen bügeln
Weihnachten ist schön, aber für die Hausfrauen und Mütter ist es vor allem eines: Arbeit. Ich erinnere mich, wie wir als Kinder am 24. Dezember immer mit dem Tata verschickt wurden, damit die Mama ungestört ihr beinhart getaktetes Weihnachtsprogramm abarbeiten konnte. Wir hatten es nett im Schnee, die Mama schuftete im Akkord, damit abends dann alles passte. Haben wir uns dafür bedankt? Nein, wir mussten ja schnell die Paktln aufreißen, ob schon das Richtige drin war. Da hat man keine Zeit, das über Stunden zubereitete Essen zu würdigen, es wird pragmatisch runtergeschlungen. Dass alles drumherum stimmte, das war einfach so. Komisch, dass die Mama immer froh war, wenn’s vorbei war. Zu gewinnen gibt’s ja auch nicht wirklich was bei diesen Spielen, weder Lorbeerkranz noch Medaille, vielmehr ist die Teilnahme Pflicht und das Resultat, wie übrigens generell bei Hausarbeit, eine Selbstverständlichkeit. Wann haben Sie zuletzt ihrem*ihrer Partner*in dafür gedankt, dass er*sie das Klo geputzt hat? Für das Machen der Steuererklärung hingegen schon? Beides ist nervig und kostet die meisten Menschen Überwindung, aber letzteres macht man nur einmal im Jahr, ersteres hingegen dauernd, und deshalb wird es, genau: unsichtbar. Was wiederum die hochphilosophische Frage aufwirft: Wenn man das Klo putzt und keiner merkt’s, hat man es dann überhaupt geputzt? Frustrierend.
Eine Freundin beginnt beinah jeden ihrer Anrufe mit einer Aufzählung der Hausarbeiten, die sie an diesem Tag schon erledigt hat. Ich habe mich lange gewundert, wieso sie das macht, aber geduldig der Litanei von A wie Abstauben bis Z wie Zwetschgen einkochen zugehört, manchmal ein „Bravo“ eingeworfen und gehofft, das Gespräch nimmt noch eine Wendung zu Interessanterem. Mittlerweile hab ich’s kapiert: Wenn sie es mir nicht erzählt, dann ist es gar nicht passiert. Denn all diese superöden Arbeiten, die, zumindest so, wie ich sie ausführe, auch ein gut dressierter Aff erledigen könnte, sie führen nur dazu, dass alles so ist, wie es sein sollte. Es fällt keinem auf, es gibt keinen Dank, und in ein paar Tagen ist es meist eh wieder fällig. Trotzdem sind sie zeitaufwändig und verlangen doch grad so viel Konzentration, dass man nebenher nicht hochkomplexe Fragestellungen lösen oder eine Roman diktieren kann. Fragen Sie mich, ich räume regelmäßig Wäsche und Besteck falsch ein, gern in den Kühlschrank. Wen wundert’s, dass immer mehr Frauen sich eine Putzfrau leisten. Wobei die ganze Formulierung schon eine schreckliche ist: Als mache bloß die Frau den Dreck, als wäre es in ihrer DNA festgeschrieben, dass der Haushalt ihre ureigene Aufgabe sei. „Die gönne ich mir“, heißt es dann meistens ein bisschen verschämt, was genauso problematisch ist, wie das obligatorische „Entschuldige, do schaug‘s aus“ von Gastgeberinnen, sobald man ihre picobello aufgeräumten Wohnungen betritt.
Wenn man das Klo putzt und keiner merkt’s, hat man es dann überhaupt geputzt?
Hören wir doch auf mit diesen Spielchen. Es gibt Interessanteres im Leben als Couchtisch polieren und Unterhosen bügeln; ja, eigentlich ist so ziemlich alles interessanter als das. Ich rufe nicht zu Chaos und Schmutzkruste auf, aber zu mehr Lockerheit. Dann schaut’s halt mal aus. Dann kommt halt die Putzfrau. Dann feiern wir Weihnachten halt mal ein paar Nummern kleiner. Dann kaufen wir halt den Kekslteig oder gleich die Kekse beim Beck, anstatt die Ingredienzien selbst handwerklich zu gewinnen und mundgeblasene Vanillekipferln auf Facebook zu posten. Dann gibt’s halt den 5-Euro-Schoko-Adventkalender vom Interspar statt den selbstgebastelten mit selbstgebasteltem Inhalt. Ich geb’s zu, einen Moment lang ist da ein schlechtes Gewissen, aber dann: egal. Mache mit, wer wolle. Wir sind so viel mehr als Putzautomaten und Kochmaschinen. Da ist es eine gute Übung, wenn Opa Franz und Tante Mitzi heuer mal nicht vorbeischauen dürfen, und das Weihnachtsfest notgedrungen stressfreier ablaufen wird. Vielleicht liegt die Mama dann wirklich mit Buch und Wein auf der Couch.