Wirtschaft | schwer getroffen

Mir reicht´s, Herr Pinzger!

Während gewisse Bereiche einige wenige Wochen schließen müssen, wird vergessen, dass andere seit 11 Monaten im Lockdown sind.
Hinweis: Dieser Artikel ist ein Beitrag der Community und spiegelt nicht notwendigerweise die Meinung der SALTO-Redaktion wider.
Pinzger-Fake
Foto: HGV - bearbeitet KMR

... am schwersten betroffen ... Heute beim Mittagessen. Auf UKW 99.00 läuft auf  RAI-Südtirol das Mittagsmagazin; Moderator Andreas Feichter wünscht Mahlzeit und einen Guten Nachmittag. Thema neben Rom ist natürlich Corona und die Maßnahmen der Landesregierung bzw. die erneute Schließung von Bars und Restaurants. Und wer die Ausfälle bezahlt. Rai-Redakteur Otwin Nothdurfter bringt dann schon anfangs O-Töne von Schuler, und Deeg ... ein Blick auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen. Kollegin Petra Gasslitter beginnt dann ihren Beitrag über die Gastronomie mit dem HGV-Zitat: „Wer nicht arbeiten und Geld verdienen darf, braucht Geld.“ Dann folgt die Einspielung der Stimme von HGV-Präsident Manfred Pinzger; „... ja, ... wir hoffen ... das ist klar ... wir danken, dass die Einsicht da ist, dass unser Sektor bekannterweise, ... und das steht ja außer Frage, der am meisten gebeutelte Sektor ist ...“
Der letzte Teil ist der Spruch, den ich einfach nicht mehr hören kann: ... der am meisten betroffene Sektor ... der am meisten gebeutelte Bereich ... die am schlimmsten getroffene Branche ... usw.
Zum Glück hatte ich in Sachen Mittagessen das gröbste schon hinter mir, bzw. schon weit unten, und jetzt sollte nur noch der „Liscio“ folgen. Aber da war er wieder ... dieser Spruch von Pinzger, den ich nicht mehr hören kann. Mir reicht´s, Herr Pinzger! Warum müssen Sie mir mindestens zwei Mal die Woche den Appetit verderben? Oder war ich schon beim „Speiben“?
Was ich schreiben wollte? Die Aussage oder Bezeichnung „Am schwersten betroffen“ betrifft jene, die seit Mitte Feber des letzten Jahres GESCHLOSSEN haben. Somit gehört die Phrase „Am schwersten betroffen“ auch ihnen - nicht Ihnen. Es ist beleidigend, schmerzhaft, böse. Lieber Herr Pinzger, lassen Sie es einfach bleiben, verderben Sie mir nicht andauern den Appetit. Ich will die drei Worte „am schwersten betroffen“ aus Ihrem Mund einfach nicht mehr hören. Und sonst, liebe RAI, schneidet es einfach raus!

HGV, HDS, LVH, ASGB usw. können sich immer noch ausschnapsen wer die Bezeichnung „am zweit-schwerst-betroffen“ in den Mund nehmen darf. Klingt freilich weniger gut, aber es wäre halt seriös und ehrlich. Oder vielleicht doch noch den Fitnessstudios Silber geben und dann um Bronze streiten?

Wer ist am schwersten betroffen?

- Eine reine Messebaufirma, die auf der Klimahaus-Messe im Jänner 2020 zum letzten Mal gearbeitet hat.
- Eine Zeltverleihfirma, die das letzte große Festzelt im Sommer 2019 aufgestellt hat.
- Ein Bühnenverleih-Betrieb, der im Herbst 2019 seinen Truck auf „Pause“ gestellt hat.
- Ein großer Sound- und Lichtservice der in der Sommersaison 2019 das letzte Mal „laut und hell“ gemacht hat.
- Der Caterer, ohne Restaurant dahinter, der nur von Event- und Firmen-Catering lebt.
- Der professionelle Konzertveranstalter, der seit 12 Monaten „Dornröschen“ im Programm hat.
- Das Reisebüro, in dessen Schaufenster seit März „Storno“ steht. 

Zusammenfassend gesagt ist es die gesamte Veranstaltungs-, und Eventwirtschaft, der gesamte Kultur-, Sport und Freizeitbereich, Künstler und Solo-Selbstständige des Sektors und die Reisebranche.

Wer nicht zu diesen Sektoren gehört und behauptet „am schwersten betroffen zu sein“ verbreitet Fake-News und ist ein Lügner. Amen!

Und bitte nicht falsch verstehen! Auch die Hotellerie, Gastronomie sowie alle Zulieferbetriebe (von der Weinwirtschaft über den Getränkehandel, Hotelausstatter bis zum Bio-Metzger) leiden teils unter dieser Pandemie und den fehlenden Gästen. Ebenso diverse Geschäfte, der Handel, oder auf Tourismus spezialisierte Handwerker. Jeder Betroffene hat das Recht auf Unterstützung. Nur die Messlatte muss neu geeicht werden. Nur 20 oder 30% Minus wäre für die wirklich schwerst Betroffenen ein Glücksfall. Oder sogar eine Nullnummer, wenn die Angestellten im Lohnausgleich sind.