Politik | Kurios
Brunecker Schizophrenie
Foto: griplan
Es passiert schon öfters, dass Auftraggeber gegen ihren Projektanten prozessieren. Meistens wenn sie mit der Leistung des Freiberuflers nicht zufrieden sind. In diesem Fall gibt es aber keinerlei Zwistigkeiten oder Differenzen zwischen den Bauherrn und ihrem Planer.
Trotzdem haben sie den Mann jetzt vor den Kadi gezerrt. Dort steht er aber nicht in der Rolle des Projektanten, sondern als oberster Vertreter einer öffentlichen Verwaltung. Einer Verwaltung, die nach Ansicht der Bauherren, die Gesetze falsch auslegt und damit die privaten Unternehmer um viel Geld bringt.
Im Verfahren steht der Mann damit irgendwie auf beiden Seiten. Er ist der technische Berater, Ausführende und Dienstleister bei einer Immobilienoperation der Kläger. gleichzeitig aber auch der Beklagte in einem Verfahren in dem genau dieses Bauprojekt im Mittelpunkt steht.
Wie das geht?
Das zeigen die Gemeinde Bruneck und ihr rühriger Bürgermeister Roland Griessmair.
Politische Sanierung
Die besondere Situation des Bürgermeisters von Bruneck Roland Griessmair ist bekannt. Griessmair von Beruf Bauingenieur ist ein vielbeschäftigter Projektant, der seit Jahren mit seinem Unternehmen „Griplan GmbH“ Bauprojekte überall in Südtirol betreut. Der SVP-Politiker ist dabei auch in jener Gemeinde als Projektant tätig, in der er als Bürgermeister amtiert.
Die gesetzlichen Vorgaben sind hier eigentlich recht klar. In Artikel 64 des Kodex der örtlichen Körperschaften der Autonomen Region Trentino-Südtirol heißt es:
„Die für die Sachbereiche Raumordnung, Bauwesen und öffentliche Arbeiten zuständigen Mitglieder des Gemeindeausschusses dürfen in dem von ihnen verwalteten Gebiet keine berufliche Tätigkeit im Bereich des privaten und öffentlichen Bauwesens ausüben.“
Mehrmals haben die Oppositionsparteien im Brunecker Gemeinderat, die Grünen, das Team K aber auch die 5-Sterne-Bewegung darauf hingewiesen, dass diese Projektantentätigkeit des Bürgermeisters in der Stadt Bruneck gegen geltende Bestimmungen und Gesetze verstoße. Roland Griessmair hat sich dabei immer herausgeredet. Die Argumentation des SVP-Politikers: Er habe die Agenden für Raumordnung und Bauwesen an einen Stadtrat delegiert und würde sich keinesfalls in diese Entscheidungen einmischen. Deshalb bestehe hier weder eine Unvereinbarkeit noch ein Interessenkonflikt.
Genau das ist dann auch die Argumentation innerhalb der SVP. Weil man sich aber anscheinend nicht ganz sicher ist, haben Arno Kompatscher & Co im Dezember 2020 im Regionalrat eine „authentische Interpretation“ dieses Gesetzespassus vorbereitet, die auf den Fall Griessmair zugeschnitten ist. Nach Protesten der Opposition hat man diesen Rettungsversuch vorerst vertagt.
Die Ermittlungen
Dass die SVP ausgerechnet jetzt eine Lex Griessmair aus dem Boden stampft, hat einen konkreten Hintergrund.
Am 12. August 2020 haben der 5-Sterne-Landtagsabgeordnete Diego Nicolini und der Brunecker 5-Sterne-Exponent Davide Barbieri bei der Staatsanwaltschaft Bozen eine Eingabe gegen Roland Griessmair wegen Amtsmissbrauchs gemacht.
In der Eingabe, die vom renommierten Anwalt Mattia Alfano aus Florenz betreut wird, werden eine Reihe von Staats- und Regionalbestimmungen angeführt, die genau das ausschließen, was Roland Griessmair seit Jahren in Bruneck unbekümmert tut. Die Vermischung zwischen politischer Verantwortung und privater beruflicher Bautätigkeit.
Anfang des Jahres hat der stellvertretende Staatsanwalt Igor Secco die Archivierung der Vorermittlungen wegen Amtsmissbrauch gegen den Brunecker Bürgermeister beantragt. Secco kommt in seinem Antrag zwar zum Schluss, dass durchaus ein Interessenkonflikt bestehe, aber kein Amtsmissbrauch vorliege. Dagegen haben Nicolini und Barbieri über ihren Anwalt Alfano Berufung eingelegt.
Ausgerechnet ein anderes Gerichtsverfahren zeigt jetzt aber auf, wie eklatant der Interessenkonflikt Roland Griessmairs ist.
Griessmair gegen Griessmair
Das Unternehmen „Living Bruneck GmbH“, das renommierter Brunecker Geschäftsleuten gehört, hat die ehemalige Brunecker Carabinierikaserne erworben, um das Gebäude abzureißen und eine neue Wohnanlage zu errichten. Geplant sind in dem vierstöckigen Gebäude 40 Wohneinheiten und eine Tiefgarage. Insgesamt sollen 11.440 Kubikmeter verbaut werden.
Roland Griessmair und seine Griplan GmbH haben die Einreichplanung, die Ausführungsplanung, die Statik inklusive den Baugrubenverbau, die Bauleitung und Sicherheitskoordination übernommen. Der Bürgermeister und sein Büro sind damit die Generalplaner des Projekts.
Das Projekt wurde im vergangenen Jahr von der Gemeinde Bruneck anstandslos genehmigt und soll 2021/22 verwirklicht werden. Es kommt aber zu einem Streit über die Baukostenabgabe. Die Gemeinde Bruneck forderte für den geplanten Bau, mit Schreiben vom 7. Mai 2020, eine Konzessionsgebühr von 316.887,23 Euro, davon 304.019,12 Euro als Baukostenabgabe.
Die Bauherren aber wehren sich dagegen. Sie sind der Ansicht, dass die Baukostenabgabe nicht auf der gesamten Bestandskubatur berechnen werden kann, da die Hälfte der Kaserne als Dienstwohnungen genutzt worden war. Demnach wären diese Wohnräume von der Baukostenabgabe befreit, weil sie durch den Baueingriff keine Änderung der Zweckbestimmung erfahren würden.
Weil die Gemeinde Bruneck auf die Bezahlung der Baukostenabgabe besteht, zog die „Living Bruneck GmbH“ vor das Bozner Verwaltungsgericht. Die Rechtsanwälte Dieter Schramm und Franz Complojer klagten gegen die „Gemeinde Bruneck, in Person des Bürgermeisters“.
Roland Griessmair ist der oberste Verantwortliche für die Gemeinde und deren Bautätigkeit. Damit wird das Ganze zu einem absurden Spiel Griessmair gegen Griessmair. Griesmair ist nicht nur in diesem Fall auf der einen Seite Projektant und auf der anderen Seite oberster Hüter der Baubestimmungen.
Das Bozner Verwaltungsgericht hat am 1. März 2021 per Urteil (Verfasserin Edith Engl) den Rekurs der „Living Bruneck GmbH“ als unbegründet abgewiesen. Demnach müssen die privaten Bauherren die Baukostenabgabe voll bezahlen.
Dazu wird es letztlich nicht kommen. Denn Gemeinde und Bauherren haben schon vorab eine andere Lösung gefunden. Die Unternehmer haben eine einseitige Verpflichtungserklärung unterzeichnet, alle geplanten Wohnung einer Konventionierung zu unterstellen. Damit entfällt die Baukostenabgabe.
Allein dieser Fall dürfte aber anschaulich machen, wie unhaltbar die Doppelrolle des Roland Griessmair in Wirklichkeit ist.
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Klingt nach einem tollen
Klingt nach einem tollen Geschäftsmodell des SVP Bürgermeisters. Wenn man als Bauherr sein Büro als Planer beauftragt, geht das Projekt wahrscheinlich schneller und reibungsloser durch die Baukommission.
jetzt ganz ehrlich, dass ist
jetzt ganz ehrlich, dass ist ja Südtirol....& die SVP....
Irgendwas schein wohl schief
Irgendwas schein wohl schief zu laufen.
Der Kopf muss richtig koordinieren. Dann wäscht eine Hand die andere, um zusammen das Gesicht sauber zu halten. So war es in der guten, alten Zeit mit ehrenwerten Menschen in der Politik.
Meine Frage lautet: wurde den
Meine Frage lautet: wurde den Bauherren durch die Beauftragung des prominenten Planers Möglichkeiten eröffnet, die sie mit einem anderen Planer nicht gehabt hätten?
Wenn ja, ist es ein Skandal.
Wenn nein, ist es ein Sturm im Wasserglas.
Nach diesem Artikel tendiere ich eher zu zweitem.
Antwort auf Meine Frage lautet: wurde den von ceteris paribus
kennen sie einen anderen
kennen sie einen anderen planer mit einen direkterem weg in die gemeindestube? zum bgm?
ein grundproblem ist, dass es
ein grundproblem ist, dass es in den riehen der mehrheitspartei das wort sowie auch die haltung zu RÜCKTRITT nicht gibt.
wir haben uns aber daran schon sehr gut gewöhnt…. steter tropfen höhlt den stein…
Wieso dies Anschuldigungen???
Wieso dies Anschuldigungen???
Sollte der Herr Griesmair seine Beruf nicht mehr ausüben??
Entstand der Gemeinde ein Schaden??
Ich sehe nur einige Familien bekommen ein Zuhause.
Neider gibt es immer und überall.