Gesellschaft | Gastkommentar

Raum für Sexualität

Warum ganzheitliche sexuelle Bildung wichtig ist.
Doughnuts
Foto: Leighann Blackwood on Unsplash

Die Schlagzeilen der internationalen Protestbewegungen gegen das Abtreibungsgesetze, die Werbekampagne zum Thema Schwangerschaftsabbruch des Vereins „Bewegung für das Leben“ in Südtirol, sowie die Finanzierungskürzungen von sexualpädagogischen Projekten, als auch Präventionsprojekten zu sexualisierter Gewalt von Seiten der Landesregierung, veranlassen die Plattform Sexualpädagogik Südtirol (PSPS) noch einmal mehr das Bewusstsein für Aufklärung und Informationsvermittlung sexueller Bildung zu schärfen. 

Eine ungewollte Schwangerschaft abzubrechen ist eine Entscheidung, die nie spurlos an der*n Betroffenen vorbeigeht. Wir, als PSPS, erachten es als sinnvoller, durch präventive Maßnahmen der sexuellen Bildung, ungeplante Schwangerschaften zu verhindern, als durch Botschaften, wie jene der genannten Plakataktion, die Betroffenen zu belasten. Während der verantwortliche katholisch geprägte Verein großzügig mit öffentlichen Geldern finanziert wird, finden sexualpädagogische Projekte nur schwer eine unterstützende Lobby. Dabei ist ein ganzheitliches Wissen, über Beziehung und Sexualität, die Voraussetzung, um bewusste und verantwortungsvolle Entscheidungen treffen zu können.

Die jungen Menschen haben ein Recht darauf, altersgemäße Antworten zu bekommen, in ihrem Interesse abgeholt zu werden und dabei auch zu lernen, ihre Grenzen zu achten

Sexuelle Aufklärung löst generell eher Unbehagen aus als viele andere Themen. Viele Menschen wuchsen und wachsen mit Unsicherheit, Scham, Ängsten, sowie Fehlinformationen und Schweigen auf, wenn es um Körper, Gefühle und Sexualität geht. Viele Erwachsene sind nach wie vor überfordert, wenn Kinder und Jugendliche Fragen rund um das Thema Sexualität stellen, auch weil es neben der eigenen Befangenheit im alltäglichen Leben kaum Möglichkeiten gibt, sich darüber auszutauschen oder sich fachkundig weiterzubilden.  

Kinder und Jugendliche stellen Fragen. Das beginnt etwa im Kita-Alter und zieht sich weiter durch die Zeit der Pubertät sowie darüber hinaus. Nicht nur in vielen Familien, auch in Bildungsstätten, wie Kindergarten oder Schule, fehlt häufig ein offener Dialog zum Thema Sexualität, obwohl die jungen Menschen ein Recht (siehe Rahmenrichtlinien Kindergarten, Lehrplan Schule, WHO-Standards für Sexualaufklärung) darauf haben, altersgemäße Antworten zu bekommen, in ihrem Interesse abgeholt zu werden und dabei auch zu lernen, ihre Grenzen zu achten.

Während der verantwortliche katholisch geprägte Verein großzügig mit öffentlichen Geldern finanziert wird, finden sexualpädagogische Projekte nur schwer eine unterstützende Lobby

Bekommen Kinder und Jugendliche unzureichende Antworten von Erwachsenen, holen sie sich die Informationen von Peers oder im Internet. Die Informationen, die sie im Netz finden, sind meist weder altersangemessen, noch vielfaltsbejahend oder diskriminierungsarm und überfordern Kinder und Jugendliche, insbesondere, wenn es sich um pornographisches Material handelt.

Umso wichtiger ist es, Inhalte der sexuellen Bildung in sexualpädagogischen Projekten für junge Menschen, aber auch für Erwachsene zu vermitteln und die Informationsvermittlung, durch geschulte Sexualpädagog/en*innen, mit ihrem fundierten Wissen in einem offenen Dialog-, Lern- und Sensibilisierungsraum für die verschiedenen Themen rund um Sexualität, Körper, Körperwahrnehmung, Gefühle, Kommunikation, Grenzen, Rollenbilder, Diversitäten und Vielfalt einzubetten. Auf diese Weise können Fehlinformationen aufgedeckt, Wissen korrigiert und erweitert werden. 

Eine ganzheitliche Sexualaufklärung mit dem Ziel der Entwicklung eines sexuellen Selbstbewusstseins ist nicht nur ein unverzichtbarer Baustein in der Prävention gegen sexuelle Übergriffe, sondern bereitet den Weg in eine selbstbestimmte, respektvolle, gewaltfreie, positive und verantwortungsvolle Sexualität.

 

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Salto User
Sepp.Bacher Fr., 16.04.2021 - 14:38

Sicher ist Aufklärung und altersgerechte Sexualpädagogik wichtig. Ich glaube aber, dass nicht alles, was man im Leben einmal gut brauchen könnte, schon in der Schule oder in Jugendstrukturen vermittelt werden kann. Oft lernt man auch erst, wenn man auf ein Problem stößt und es lösen muss. Es würde genügen, wenn es dann ein Beratungsangebot gibt und die Betroffene davon erfährt und es nutzt.

Fr., 16.04.2021 - 14:38 Permalink
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Christian I Fr., 16.04.2021 - 15:06

Antwort auf von Sepp.Bacher

Wenn man mit 14 schwanger ist, ist es zu spät... manchmal ist es besser bescheid zu wissen, bevor die Probleme auftreten. Leider hat Corona alle Sanitätsassistentinnen im Department für Präventionsmedizin umgeleitet. Auf einer Seite verständlich und gut; auf der anderen Seite sind aber leider wichtige Vorsorge- und Bildungsprojekte in der Schule verloren gegangen.

Fr., 16.04.2021 - 15:06 Permalink