Die Titelzeile ist nicht ganz
Die Titelzeile ist nicht ganz korrekt. Mattarella hat keinen Rücktritt angekündigt. Er hat gesagt, dass er für den Posten des Staatspräsidenten nicht erneut kandidieren will.
Staatspräsident Sergio Mattarella hat Presseberichte über eine mögliche zweite Amtszeit dementiert. Der Staatschef, der in wenigen Wochen seinen 80. Geburtstag feiert, verwies darauf, dass Italien mit sieben Jahren die längste Amtszeit aller EU-Staaten aufweise. In den letzten Monaten hatten sich die Gerüchte verdichtet, Mattarella sei bereit, noch ein oder zwei Jahre im Amt zu bleiben - so wie es Giorgio Napolitano vorexerziert hatte. Dann sollte ihm Draghi für einige Jahre folgen - Wahl vorausgesetzt. Ein bizarres Szenario. Matarella wählte als Schauplatz für seine Erklärungen eine römische Volksschule, in der er bereitwillig Fragen der Schüler beantwortete: "Il lavoro di un presidente della repubblica è molto impegnativo. Tra otto mesi il mio incarico termina. Io sono vecchio, potrò riposarmi." Das harmlose Gespräch mit den Schülern sorgte umgehend für Schlagzeilen: "Mattarella non vuole il rinnovo", meldete die römische Tageszeitung Il Messaggero in grosser Aufmachung. Draghi konnte es sich so sparen, auf die Spekulationen einzugehen. Mit dem erstmals offiziell ausgesprochenen Verzicht auf eine weitere Kandidatur ist das Rennen um die Neubesetzung des Quirinals eröffnet. Und die Klarstellung des Präsidenten ebnete den Weg für neue Spekulationen. Wer wird Nachfolger Mattarellas, der am 23. Juli seinen 80. Geburtstag feiert? Die Liste der möglichen Kandidaten ist lang und reicht von Walter Veltroni über den Präsidenten des EU-Parlaments David Sassoli bis zu Romano Prodi, Paolo Gentiloni und Maria Elisabetta Casellati. Zweifelsohne wäre es wünschenswert, endlich eine Frau ins höchste Staatsamt zu wählen. Dafür wäre Marta Cartabia als ehemalige Präsidentin des Verfassungsgerichts geradezu prädestiniert. Doch auch die ehemalige Justizministerin Paola Severino gehört zu den (inoffiziellen) Kandidatinnen. Freilich gilt hier eine wichtige Regel: wer sich zu früh aus der Reserve wagt, wird verheizt.
Italiens Verfassung sieht für die Wahl des Staatspräsidenten ein bizarres Regelwerk vor, das in wenigen Wochen in Kraft tritt. Bereits am 3. August beginnt das semestre bianco - jenes Halbjahr, in dem das Parlament nicht mehr aufgelöst werden kann und vorzeitige Parlamentswahlen untersagt sind. Doch die im Oktober bevorstehenden Gemeindewahlen in grossen Städten wie Rom, Mailand, Bologna, Turin, Triest sorgen bereits jetzt für hitzige Polemiken - in deren Rahmen sich die Ultrarechte Giorgia Meloni gleich als zukünftige Regierungschefin anbietet: "Potrei fare il premier, mi preparo a governare la Nazione. Vorrei andare lì con una classe dirigente all'altezza di questo compito." In ihrer Selbstüberschätzung maßt sich Meloni - seit fast einem Vierteljahrhundert in der Politik - offenbar ähnliche Kompetenzen wie Draghi an. Das Terrain dafür hat sie bereits geebnet - mit der soeben erschienenen Autobiographie Io sono Giorgia - le mie radici e le mie idee. Dort preist sie sich - obwohl länger in der Politik als Berlusconi - als frische und zupackende politische Kraft an. Der ehemalige Alleanza Nazionale-Parteichef Gianfranco Fini, der Meloni zur jüngsten Ministerin Italiens befördert hatte, zeigt sich ernüchtert: "Che delusione."
Die Titelzeile ist nicht ganz korrekt. Mattarella hat keinen Rücktritt angekündigt. Er hat gesagt, dass er für den Posten des Staatspräsidenten nicht erneut kandidieren will.
"Mattarella steht für weitere Amtszeit nicht zu Verfügung" - das liest doch dann niemand. Ist halt so, sind eben doch nur dieselben Journalist:* Innen wie anderswo.
Vielkeicht wäre es gut die Überschrift genau zu lesen, denn ein Rückzug wie im Titel geschrieben ist kein Rücktritt. Schade dass so viele Kommentare nach oberflächlicher Lektüre geschrieben werden.
Sie sind im Unrecht, aber ich kann Ihnen keinen Vorwurf machen, schließlich wurde der Titel ohne Hinweis der Redaktion, bzw. des Schreibenden geändert. Gut, weil der Titel jetzt korrekt ist, schlecht, weil jede Änderung an einem Online-Artikel einfach gekennzeichnet gehört.
Danke an alle, die sich hier gemeldet haben! Ehrlich gesagt, so viel Interesse hatte ich nicht erwartet. Meine Mitteilung war eigentlich für die Salto-Redaktion bestimmt. In anderen Online-Medien, z.B. in Deutschland, wenn ein Leser auf eine Überschrift, falsche Information oder auf die Schreibweise aufmerksam macht wird geantwortet in der Art: "Danke für die Mitteilung. Die Stelle wurde korrigiert. Anm.d.Red." Sehr einfach.
Dank so einem Hinweis hätten wir uns hier fünf Mails sparen können. Und wer weiß, ob noch andere folgen ;)
Sonst Schade, dass Mattarella geht, und Emma Bonino nicht kandidieren will. Geeignete Frauen für das Amt wären Marta Cartabia oder Elisabetta Belloni.