Politik | Masken-Affäre

Maulkorb für den Präsidenten

SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz fordert jetzt ernsthaft Sanktionen gegen den Präsidenten des Untersuchungsausschusses Franz Ploner. Es ist ein peinliches Trauerspiel.
Masken-U-Ausschuss
Foto: Südtiroler Landtag/Werth
Welche Sanktionen sind gegenüber dem/der Präsidenten/Präsidentin eines Ausschusses zu treffen, wenn er/sie sich nicht an die Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages hält?“, lautet eine der vier Fragen die Gert Lanz in der aktuellen Fragestunde des Landtages heute vorlegen wird. Der SVP-Fraktionssprecher hat eine aktuelle Anfrage zum „Bericht Untersuchungsausschuss Schutzmasken“ an Landtagspräsidentin Rita Mattei gerichtet.
Es ist der bisher letzte Versuch dem Präsidenten des Untersuchungsausschusses Franz Ploner (Team K) einen Maulkorb zu verpassen.
Gert Lanz übt dabei das aus, was man im Neudeutsch „Message Control“ nennt. Seine Partei will bestimmen, was über jenen Skandal an die Öffentlichkeit kommen darf, den Salto.bz vor 14 Monaten aufgedeckt hat. Der Grund dafür ist einfach: Der Maskenskandal ist hausgemacht und könnte innerhalb der SVP zu nachhaltigen Verwerfungen führen.
Weil Franz Ploner diesen Plan aber durchkreuzt hat, will ihn die SVP jetzt ans Kreuz nageln.  „Am Freitag, 28. Mai 2021, tagte der Untersuchungsausschuss zur Schutzausrüstung im Südtiroler Sanitätsbetrieb. Präsident Franz Ploner hat den Entwurf seines Berichtes dem Ausschuss zur Abstimmung vorgebracht und anschließend mit dem Abstimmungsergebnis der Öffentlichkeit übermittelt, ohne ihn vorher den Abgeordneten des Südtiroler Landtages zur Debatte vorgelegt zu haben“, lautet die Anklage in der Lanz-Anfrage. Der Chef der SVP-Fraktion will deshalb wissen: „Ist es gemäß Geschäftsordnung des Südtiroler Landtages zulässig, im Rahmen einer nicht öffentlichen Sitzung Dokumente aus derselben zu veröffentlichen?“.
Franz Ploner lässt sich durch diese Attacke nicht aus der Ruhe bringen. „Ich habe jeden meiner Schritte vorab mit dem Rechtsamt des Landtages abgeklärt“, sagt der Team K-Abgeordnete zu Salto.bz.
 

Operation Versenken

 
Im Zentrum des Konflikts steht der Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses.
Franz Ploner hatte alle Mitglieder des Ausschusses aufgefordert bis zum 19. Mai ihre Berichte bei ihm einzureichen, damit er als Präsident den Vorschlag eines gemeinsamen Abschlussberichtes dem Ausschuss vorlegen könne. Brigitte Foppa (Grüne), Sven Knoll (Südtiroler Freiheit). Diego Nicolini (M5S) und Josef Unterholzner (Enzian) sind dieser Aufforderung nachgekommen und haben eigene Bemerkungen abgegeben, die in jenen Bericht eingeflossen sind, den Ploner am 28. Mai dem Ausschuss vorgelegt hat.
Dabei war seit langem klar, was passieren wird.
 
 
Vor allem die SVP hat mit dem Untersuchungsausschuss des Landtages ein ernsthaftes Problem. Gedacht zur Entlastung der Landespolitik und der Spitze des Südtiroler Sanitätsbetriebes ist genau das Gegenteil herausgekommen. In den Anhörungen hat sich das Bild, das bisher von der Südtiroler Maskenaffäre gezeichnet wurde, noch einmal deutlich verschärft. Deshalb ist seit Wochen klar, dass die SVP-Lega-Mehrheit mit ihren 20 Stimmen jeden Bericht versenken wird.
Genau das passierte dann auch.
 

Die Nebelgranate

 
 
Um das Ganze aber nicht zu auffällig zu machen, wendete man dabei einen bereits praktizierten Kunstgriff an.
Die ersten 12 Seiten von Ploners Abschlussbericht wurden als sogenannter „technischer Bericht“ klassifiziert, für den dann auch der SVP-Vertreter Franz Locher und die Lega-Vertreterin Rita Mattei stimmten. Damit kann man sagen, man habe nicht alles niedergestimmt.
Um die Tragweite dieser politischen Nebelgranate zu verstehen, muss man wissen, dass der angebliche „technische Teil“ aus 12 Seiten besteht, die nicht anderes sind, als das offizielle Protokoll und der Fahrplan des Untersuchungsausschusses. Dort steht wie der Ausschuss zusammengesetzt ist, welches seine Zielsetzungen und seine Arbeitsweise sind (Dokumente, die bereits vor rund einem Jahr im Ausschuss beschlossen worden sind) und wer genau wann vom Ausschuss angehört wurde. Es waren insgesamt 79 Personen, die zwischen dem 12. Juni 2020 und dem 7. Mai 2021 79 angehört wurden. Es ist die trockene Abbildung der Realität. Gegen diesen Teil zu stimmen, wäre ungefähr dasselbe wie einen Beschlussantrag gegen den Sonnenaufgang im Landtag einzubringen.
Der „politische Teil“ in dem sich sachliche Kritik an der Vorgangsweise der Führung des Sanitätsbetriebes und der zuständigen Landespolitik findet, wurde hingegen von den beiden Regierungsvertretern planmäßig versenkt.
 

Ploners Ungehorsam

 
Franz Ploner und der gesamten Opposition war von vornherein klar, dass die SVP nicht nur jeden kritischen Abschlussbericht versenken wird, sondern auch alles tun wird, damit die Details aus den Untersuchungen nicht bekannt werden.
Deshalb hat der Präsident nach der Abstimmung eine kurze offizielle Pressemitteilung über das Presseamt des Landtages verschickt, in der nicht nur das Abstimmungsergebnis enthalten, sondern auch der Bericht beigefügt ist, der zum Teil genehmigt und zum Teil abgelehnt wurde.
 
 
Das ist jetzt der Stein des Anstoßes. SVP-Fraktionssprecher Gert Lanz wirft seinem Landtagskollegen eine Art Geheimnisverrat vor. Seine Argumentation: Alle Dokumente des Untersuchungsausschusses seien geheim und nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, solange sie nicht dem Landtag vorgelegt werden. „Sobald eine Abstimmung vorbei ist“, kontert Ploner, „und ein Dokument genehmigt oder abgelehnt wurde, ist nichts mehr geheim“.
Dass sich der Konflikt so zuspitzt, liegt auch daran, dass es der Landtag bisher verabsäumt hat, eine Geschäftsordnung für die Untersuchungsausschüsse zu erstellen. So navigiert man seit Jahrzehnten irgendwie auf Sicht.
Dass dabei vor allem die SVP die Spielregeln immer wieder nach ihren Bedürfnissen auslegt, wird ausgerechnet an jener Person deutlich, die jetzt so energisch die Bestrafung von Franz Ploner einfordert: Gert Lanz.
 

Aufpasser Lanz

 
Ursprünglich hatte die SVP ihren Fraktionssprecher in den Maskenuntersuchungsausschuss entsandt. Doch Gert Lanz stolperte im vergangenen Spätsommer dann über die 600-Euro-Bonus-Affäre und musste auf Weisung der SVP-Führung seinen Sitz im Untersuchungsausschuss abgeben. Den Lanz-Platz im Ausschuss übernahm damit Franz Locher.
 

Der SVP-Fraktionssprecher scheint seinem Sarner Kollegen aber nicht ganz zu trauen. Nur so ist es zu erklären, dass Lanz plötzlich als Zaungast im Untersuchungsausschuss wiederaufgetaucht ist. So wollte der SVP-Politiker unbedingt bei der vorletzten Sitzung des Ausschusses dabei sein, auf der der Generaldirektor des Südtiroler Sanitätsbetriebes Florian Zerzer und der Unternehmer Heiner Oberrauch (zum zweiten Mal) angehört wurden.
Damit aber tauchte die Frage auf, kann ein Nicht-Mitglied die anscheinend „geheime Arbeit“ eines Untersuchungsausschusses verfolgen?
Man löste diese Frage in dem man kurzerhand jene Regelung herangezogen hat, die auch für die Gesetzgebungsausschüsse des Landtages gilt. Landtagsabgeordnete, die nicht Ausschussmitglieder sind, dürfen als Beobachter dabei sein, aber nicht das Wort ergreifen.
Nur mit dieser Auslegung konnte Gert Lanz bei der Sitzung vom 7. Mai als Zuhörer mit dabei sein. „Als Aufpasser für Locher“, spotteten damals gleich mehrere Mitglieder des Untersuchungsausschusses.
Diese Regelung ist für einen angeblich „geheimen Untersuchungsausschuss“ bereits mehr als obsolet. Dass aber ausgerechnet der Nutznießer dieser großherzigen Auslegung, jetzt Sanktionen gegen Franz Ploner einfordert, weil sich dieser angeblich nicht an eine Geschäftsordnung gehalten hat, die es in Wirklichkeit gar nicht gibt, dürfte dem Fass den Boden ausschlagen.
Man darf gespannt sein, was die neue Präsidentin des Landtages auf die Anfrage antworten wird. Denn Rita Mattei kennt die Materie aus eigener Erfahrung. Ausgerechnet sie hat im Untersuchungsausschuss der SVP jene vier Stimmen geliefert, die es zum Versenken von Ploners Abschlussbericht brauchte.

 

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Sebastian Felderer Di., 08.06.2021 - 09:07

Es sind die zwei "L" im Landtag, die schon lange vor die Tür gesetzt werden müssten. Beide sind die Steuergelder nicht wert, die sie einstecken und über die sie verfügen. Aber es sind beide Freunde des Landeshauptmannes und dadurch disqualifiziert sich dieser auch. Als Folge der Maskenaffäre würde auch ein "W" vor die Tür zu setzen sein und die "D" würde ich auch gleich mitnehmen wegen Unfähigkeit. Na dann, Herr Landeshauptmann, stützt dich nur mehr die neue Landtagspräsidentin? Wohl bekomm's.

Di., 08.06.2021 - 09:07 Permalink
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S. Bernhard Di., 08.06.2021 - 12:34

Lanz, geheim halten können Sie den ganzen Sumpf, wenn Sie aus eigener Tasche alles bezahlen, nicht wenn es um Millionen von verschwendeten Steuergeldern geht! Wo bleibt die von Ihnen Herr Landeshauptmann vielgepriesene Transparenz? Warum liest man in den Ebner-Medien nichts von dieser Sauerei?

Di., 08.06.2021 - 12:34 Permalink