Umwelt | Staatsrat

Ungebremst auf die Alm?

Die Zufahrtsstraße zur Antersasc-Alm darf gebaut werden. Bei Alpin- und Umweltverbänden schrillen alle Alarmglocken.
Antersasc-Alm
Foto: Mario Clara/TV San Vigilio-San Martin

Es war Anfang Dezember 2014, da fällten die Richter am Verwaltungsgericht Bozen ein viel beachtetes Urteil: Die Antersasc-Alm – gelegen im Naturpark Puez-Geisler und bislang nur über einen Fußweg zu erreichen – darf nicht mittels einer neuen Zufahrtsstraße erschlossen werden. Der Hauptkritikpunkt der Richter richtete sich damals gegen den positiven Beschluss der Landesregierung Durnwalder V, die das Projekt trotz wiederholter negativer interner und externer Fachgutachten vor Abtritt im Dezember 2013 durchgewunken hatte. Darüber hinaus würdigte das Verwaltungsgericht die besondere Bedeutung der Antersasc-Alm, die einem dreifachen Schutz unterliegt: Naturpark, Natura2000, UNESCO-Weltnaturerbe.

Gegen das Urteil legte der Besitzer der Alm, Johann Mair, Rekurs ein. Für ihn ist die Zufahrtsstraße notwendig, um die Bewirtschaftung der Alm zu gewährleisten. Knapp sechs Jahre nach dem Nein des Verwaltungsgerichts hat der Staatsrat in Rom entschieden, den Rekurs anzunehmen. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist damit aufgehoben, die Erschließung der Antersasc-Alm endgültig genehmigt. Das Urteil erging am 20. November 2020, veröffentlicht wurde es erst am 1. Juli 2021.

 

Bei AVS, Dachverband für Natur- und Umweltschutz und Heimatpflegeverband lässt das römische Urteil in zweiter und definitiver Instanz sämtliche Alarmglocken schrillen. In einer aktuellen Stellungnahme schreiben die drei Verbände: “Dieses Urteil ein Dammbruch für die Straßenerschließung bis in die letzten Winkel des Landes mit vorhersehbaren Folgen. Und das wird auch noch durch das Land und die EU finanziell gefördert bzw. gänzlich bezahlt. Wenn sogar in einem dreifach geschützten Bereich und UNESCO-Welterbe-Gebiet trotz negativer Gutachten gebaut werden darf, dann gibt es künftig keine Schranken mehr.”

 

“Lust auf Straßen bremsen”

 

Die Alpin- und Umweltverbände haben sich stets gegen den Ausbau der Zufahrtsstraße bis zum Wirtschaftsgebäude der Antersasc-Alm ausgesprochen. “Aber nie gegen die Reaktivierung der Alm”, rufen sie ins Gedächtnis. Für die Wiedererrichtung der Gebäude und Strukturen sei der Bau einer Zufahrtsstraße aber nicht zwingend notwendig, man könne auch Hubschrauber oder provisorische Materialseilbahnen nutzen.

AVS, Umweltschützer und Heimatpfleger erinnern mit Blick zurück: “Fakt ist und bleibt, dass die Strukturen der Alm nicht verfallen sind, weil 2014 die Zufahrtsstraße bis zur Alm nicht gebaut werden durfte, sondern weil die landwirtschaftliche Nutzung der Alm in den Jahrzehnten davor vernachlässigt wurde. Dies erscheint auch nicht weiter verwunderlich, fehlt – zumindest laut Gutachtern – auf der Alm ein ganz entscheidendes Element für eine sinnvolle almwirtschaftliche Tätigkeit: Wasser in ausreichender Menge. Und dieser Umstand ändert sich auch mit einer Zufahrtsstraße nicht.”

Generell gehöre die Almwirtschaft, die “ein integraler Bestandteil der Südtiroler Landwirtschaft” sei, mit öffentlichen Geldern gefördert – und nicht Zufahrtsstraßen, betonen AVS, Dachverband und Heimatpflegeverband. “Dafür soll die politisch gewollte Gleichbehandlung von erschlossenen und nicht erschlossenen Almen endlich geändert werden, indem man letzteren für die Benachteiligung und Erschwernis wesentlich höhere Beiträge als Ausgleichszahlung gewährt”, so der Vorschlag. Die drei Verbände appellieren an die Landesregierung, “ein Konzept und neue Richtlinien für Almerschließungen zu erstellen und zudem als Mindestforderung die Finanzierung für solche und ähnlich umstrittene oder landschaftszerstörende Straßen wie jene zur Antersasc-Alm zu streichen. Das würde manche Gelüste wenigstens etwas einbremsen.” 

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Johann Georg B… Di., 20.07.2021 - 18:43

Gratuliere zu dem Urteil, es gibt vielen Almbewirtschafter neue Kraft.
Alpenverein Heimatpflegeverband Natur und Umweltschutz sollen endlich aufhören sich überall einzumischen, denn nur mit einem Zufahrtsweg kann eine Alm bewirtschaftet werden. wenn ich die ganzen Protzbauten sehe welche der Alpenverein zur zeit baut kommt mir das kotzen, sie dürfen alles andere nichts, genau das denken der Grünen hat sich der Alpenverein angeeignet. Liebe Leute kehrt vor euer Tür und hofft, dass es viele fleißige Bauern gibt welche die Almen noch bewirtschaften.

Di., 20.07.2021 - 18:43 Permalink
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Eduard Gruber Mi., 21.07.2021 - 08:29

Mir ist neu, dass der Alpenvetein Protzbauten errichtet, dass er zur Zeit überhaupt etwas baut. Könnten Sie etwas genauer sein, um welche Bauten geht es da genau, können Sie Namen nennen? Wahrscheinlich eh nicht.

Mi., 21.07.2021 - 08:29 Permalink
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Michael Keim Do., 22.07.2021 - 15:19

Lieber Johann, gegen die Argumente im Artikel sind sie wohl immun?
Die nächste Frage, die sich mir aufdrängt: Was haben Bauern dann die letzten 2000 (eigentlich länger) Jahre ohne Zufahrtsstraßen gemacht? Und ohne horrente finanzielle Unterstützungen?

Aber ja, die Berufsbilder ändern sich im Wandel der Zeit.

Do., 22.07.2021 - 15:19 Permalink