Der grassierende Impfkrieg treibt obszöne Blüten. Bei vielen Kundgebungen der letzten Tage gegen den Impfschein Green Pass waren ultrarechte Bewegungen in vordersten Front. So auf der römischen Piazza del Popolo, wo Casa Pound und Forza Nuova trotz des Demonstrationsverbots einen Guerillakrieg gegen die Polizeikräfte entfachten.
Auf Plakaten verglichen viele der Demonstranten die Verfolgung der Juden im Dritten Reich mit dem Kampf gegen den Impfpass. Etliche zeigten den Judenstern mit der Aufschrift „Non vaccinato“ und Bilder des Impfscheins Green Pass mit einem Hakenkreuz. In Libertà, Libertà-Sprechchören wandten sie sich gegen jede Form von Impfzwang. Auch in Genua und Mailand zeigten sich zahlreiche Impfgegner mit dem Judenstern und forderten einen „neuen Nürnberger Prozess“ gegen den Impfzwang, den sie als „frutto di una dittatura“ anprangerten. Die Impfung sei eine „stella gialla virtuale.“
Der Auschwitz-Überlebende Sami Modiano äusserte Empörung: „E' un paragone inacettabile, la stella gialla è stata dolore, ha significato abbandonare la propria casa, è stata sofferenza. Nulla di ciò che che ho visto è stato uguale a tutto questo, nulla.“
Ruth Dureghello, Präsidentin der Jüdischen Gemeinde in Rom: „Sta montando un clima di odio e di intolleranza molto pericoloso. Far riferimento alla Shoah con tanta superficialità, è un segnale di forte allarme. La politica inizi a moderare i toni.“ Davide Romano, Kulturassessor der jüdischen Gemeinde Mailand: „Trovo assolutamente di cattivo gusto che la stella gialla, simbolo di discriminazione prima e morte poi per 6 milioni di ebrei venga usata per motivi politici.“
Italiens täglicher Impfzirkus bleibt jedenfalls das vorherrschend politische Thema - mit all seinen Wirrnissen. Regierungschef Mario Draghi hat einen Aufruf von Lega-Chef Matteo Salvini an die Jugendlichen, sich nicht impfen zu lassen, scharf krititisiert: „L´appello a non vaccinarsi è un appello a morire. Non ti vaccini, ti ammali, muori. Oppure fai morire: non ti vaccini, ti ammali, contagi, qualcuno muore."
Sta montando un clima di odio e di intolleranza molto pericoloso. Far riferimento alla Shoah con tanta superficialità, è un segnale di forte allarme. La politica inizi a moderare i toni.
Ein Wink mit dem Zaunpfahl an Salvini, der bisher die Impfung verweigert hatte. Er werde das im August nachholen, kündigte der Lega-Chef an. Der Regierungschef verteidigte entschieden die von der Regierung beschlossenen Massnahmen: „Il provvedimento disposto dal governo unisce due aspetti fondamentali e strettamente correlati. Il primo: tenere alto il ritmo di vaccinazione. Il secondo: fermare un certo rilassamento da parte dei cittadini.“
Dann der unerwartete Paukenschlag: der Lega-Vorsitzende liess sich überraschend in Mailand impfen – „per scelta“ - aber ohne Fotografen. Der Impftermin sei bereits seit Wochen vereinbart gewesen. Salvini: „Mica si può decidere dalla sera alla mattina.“
Zu den vielen Städten, in denen Impfgegner auf die Strasse gingen, gehörte am Samstag auch Bozen. Am Waltherplatz protestierten rund 1000 Impfgegner unter dem Motto No vax-No pass gegen staatliche oder regionale Zwangsmassnahmen. Zu den Redner gehörten Renate Holzeisen und Hannes Loacker.
Innenministerin Luciana Lamorgese macht sich nun für ein Demonstrationsverbot zum Thema Impfung stark: „Sono da condannare tutte le manifestazioni, peraltro non autorizzate, in cui si attaccano i vacini, si urlano slogan violenti contro i provvedienti varati dal governo per tutelare la salute pubblica e il lavoro dei giornalisti che informano sui rischi della pandemia.“
Wirft man einen Blick auf diw aktuellen Zahlen, scheint die Propaganda kaum zu fruchten: in nur einer Woche haben sich 350.000 junge Italiener unter 30 impfen lassen, 118.000 zwischen 12 und 19 Jahren. Die Lust auf Ferien ohne Virus wirkt offenbar stärker als die Propaganda.