Wirtschaft | Gastkommentar
Brüssler Mogelpackung
Foto: upi
Seit zwei Jahren wird in Brüssel über die Verteilung von knapp 400 Milliarden Euro gerungen: 400 Milliarden, die der EU-Haushalt für die europäische Landwirtschaft bis 2027 zur Verfügung stellt.
In den vergangenen Programmperioden der EU schöpfte die industrielle Landwirtschaft den Großteil der EU-Geldmittel ab, dieses Ungleichgewicht wollte die EU-Kommission dieses Mal ändern. Ursula von der Leyen und Frans Timmermans gingen vor zwei Jahren mit ihrem New Green Deal in die Offensive, um sowohl die Klima- als auch die Biodiversitätskrise in den Mittelpunkt der Förderpolitik zu stellen. Industrie, Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft sollten laut dem New Green Deal alle ihren Beitrag leisten.
Der ursprünglich Gedanke zielte darauf ab, dass die knapp 400 Milliarden Euro Landwirtschaftsgelder an den New Green Deal gekoppelt würden: mehr Geld für Kleinbetriebe, mehr Geld für ökologische Maßnahmen, mehr Geld für Ausgleichsflächen. Die Konzepte dafür wurden als „Biodiversitätsstrategie“ und als „Farm-to-Fork-Strategie“ bezeichnet, beides Konzepte, die in vielen Teilen der Gesellschaft Anlass zu Hoffnung gaben.
Die eiskalte Dusche kam dann im Herbst 2020, als das EU-Parlament die Vorschläge der Kommission zurechtstutzte, wobei der SVP-Parlamentarier Herbert Dorfmann eine Schlüsselrolle spielte. Mitglieder des EU-Parlaments berichteten, dass Herr Dorfmann in seiner Funktion als Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, die Unterwanderung des New Green Deals maßgeblich organisierte.
Somit kam es zu Beginn des laufenden Jahres zum institutionell vorgesehenen Trilog zwischen EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Rat. Der Trilog gestaltete sich äußerst zäh, weil neben dem EU-Parlament auch der EU-Rat die ökologischen Maßnahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik noch stärker aufweichen wollte. Das Ringen zog sich über Monate hin.
Seit Ende Juni 2021 gibt es ein Ergebnis, das aus ökosozialer Sicht eine Watschn ist. Das sogenannte Capping von maximal 100.000 Euro pro Betrieb und Jahr wurde gekippt, Flächenbetriebe kassieren auch in den nächsten Jahen ordentlich ab. Ursprünglich war angedacht, 30% der Direktzahlungen verpflichtend an Öko-Maßnahmen zu knüpfen, übrig geblieben sind 25%, die an Öko-Maßnahmen geknüpft werden können. Aus der 30 Prozent Muss- ist eine 25 Prozent Kann-Bestimmung geworden.
Es ist den politisch konservativen Kräften gemeinsam mit der Agrarlobby gelungen, die EU-Landwirtschaft aus ihrer Verantwortung zu nehmen.
Es ist den politisch konservativen Kräften gemeinsam mit der Agrarlobby gelungen, die EU-Landwirtschaft aus ihrer Verantwortung zu nehmen. Das ist angesichts der Erderhitzung und angesichts des Artensterbens, an dem die Landwirtschaft unter anderem mit den chemisch-synthetischen Pestiziden maßgeblich beteiligt ist, eine unerhörte Verantwortunglosigkeit und eine gewaltige Hypothek für unsere Enkel.
Es bleibt nur zu hoffen, dass das EU-Parlament noch zur Räson kommt und diese Mogelpackung im kommenden Herbst ablehnt. Falls das nicht passieren sollte, wird zwar die Agrarindustrie kurzfristig profitieren, die gewaltigen Kosten für die Abfederung der weiterhin zunehmenden Erderhitzung und für das massive Artensterben müssen zukünftige Generationen stemmen. Fridays for Future haben es leider nicht in die europäischen Agrozentralen geschafft!
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"Mitglieder des EU-Parlaments
"Mitglieder des EU-Parlaments berichteten, dass Herr Dorfmann in seiner Funktion als Mitglied des Ausschusses für Landwirtschaft und ländliche Entwicklung, die Unterwanderung des New Green Deals maßgeblich organisierte."
Wirklich?
Dorfmanns Intervention
Dorfmanns Intervention (sofern sie der Wahrheit entspricht) ist insofern bemerkenswert, da Südtirols Bauern allesamt geringe Flächen in kleinen Betriebe bewirtschaften. Sie würden daher besonders stark profitieren, wenn die Agrarzahlungen für größere Betriebe gedeckelt würden und im Gegensatz für kleinere Betriebe geringer ausfallen würden.
Nach der Präsentation der EU
Nach der Präsentation der EU-Farm-to-Fork-Strategie war ich voller Hoffnung, dass die Zielsetzungen dieser Strategie von den einzelnen Mitgliedsstaaten verpflichtend umgesetzt werden müssten. Inzwischen macht sich bei mir mehr und mehr die Ernüchterung breit. Landesrat Schuler will sich in Bezug auf den Anteil der Bio-Betriebe an allen landwirtschaftlichen Betrieben laut eigener Aussage "nicht auf eine Prozentzahl festlegen", obwohl eine solche in der Farm-to-Fork-Strategie klar definiert wird. Stattdessen fördert er anscheinend lieber die Züchtung und in der Folge den Anbau von gentechnisch veränderten Apfelsorten. Die gegnerische Haltung von EU-Parlamentarier Dorfmann zur Farm-to-Fork-Strategie ist bekannt, im ff-Interview bezeichnete er diese als "zu grün". Schade einmal mehr um die schönen Worte, schade um das Papier :-(
In Südtirol wird so getan,
In Südtirol wird so getan, dass Dorfmann selbstverständlich in Brüssel die Interessen der Bauern vertritt (besser gesagt: der industriellen Landwirtschaft).
Er wurde aber auf der Liste der SVP gewählt, die sich ja als Sammelpartei definiert und nicht als Bauernpartei. Warum fordert niemand - weder die anderen Richtungen in der Partei sowie öko-soziale Vereinigungen oder Fridays for Future und Jugendorganisationen - dass der einzige Südtiroler Repräsentant im europ. Parlament, die Interessen der ganzen Bevölkerung zu vertreten hat?!
Kompatscher hat erst kürzlich große Worten bezüglich Nachhaltigkeit, Erhaltung der Artenvielfalt und Maßnahmen gegen die Klimaerwärmung geschwungen. Zu dieser Angelegenheit schweigt er aber. Was kann man ihm noch glauben?
Es ist zum resignieren!
"400 Milliarden, die der EU
"400 Milliarden, die der EU-Haushalt für die europäische Landwirtschaft bis 2027"
Dorfmann, der Name entspricht genau den Einflussbereich welcher Dorfmann hat, Keinen!
Das Spiel findet auf globaler Ebene statt, ein Wettlauf zwischen den USA, EU, Australien und China. Und keiner dieser internationale Schwergewichte wird freiwillig nur einen Cent aus dem EU Subventionfleischtopf abgeben.
Antwort auf "400 Milliarden, die der EU von Stefan S
Diese Einwände kann ich nicht
Diese Einwände kann ich nicht verstehen!
Erstens weiß ich zu wenig über die konkrete Arbeit Dorfmanns in Brüssel, um sie bewerten zu können. Ich glaube die Bauernorganisationen sind mit seiner Tätigkeit aber zufrieden.
Zweitens: Wer der von Ihnen genannten, sollten die EU daran hindern, ihre Gelder nach den eigenen Kriterien zu verteilen?
Antwort auf Diese Einwände kann ich nicht von Sepp.Bacher
Um diese Zusammenhänge alle
Um diese Zusammenhänge alle zu erläutern/erklären zu können sind mindestens 3-4 Dossier erforferlich
1. Rohstoffhandel Agrarprodukte wird von 4 Konzernen beherrscht.
2. Saatgutherrsteller Bayer/Monsanto & Co
3. Lebensmittelhersteller Nestlé & Co
4. Handel
Nach Analyse der Lieferketten zu den 4 gen. bekommen Sie ungefähr eine Ahnung was global gespielt wird.
Welche Rolle soll da ein Dorfmann spielen?
Keine!